StudieGeothermie-Potenzial in NRW
Die Potenzialstudie Geothermie ist der vierte Teil einer Potenzialstudie zu Erneuerbaren Energien, die das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) durchgeführt hat. Sie beschränkt sich auf die Ermittlung der Potenziale der oberflächennahen Geothermie bei einer maximalen Bohrtiefe von 100 Metern und der Nutzung von Erdwärmesonden. Durch fundierte Analysen wurden der aktuelle Bestand an erneuerbaren Energien sowie umweltverträgliche technische Potenziale auf regionaler Ebene ermittelt.
Anlagenbestand in NRW
Da es keine landesweiten Daten zu den gebauten Geothermieanlagen gibt, wurde der derzeitige Anlagenbestand mittels einer Umfrage bei den unteren Wasserbehörden ermittelt. Abgefragt wurde dabei die Gesamtanzahl erdgebundener Wärmepumpen pro Gemeinde oder Stadt, die installierte Leistung und welche Technologie verwendet wird: Erdwärmesonde, Erdwärmekollektor oder Wasser-Wasser-Anlage.
Mit einer Rücklaufquote von über 90 Prozent konnte eine sehr hohe Beteiligung erzielt werden. Der Anlagenbestand der verbliebenen Gemeinden wurde statistisch hochgerechnet. Insgesamt gibt es demnach in Nordrhein-Westfalen (Stand 2015) mehr als 49.000 erdgebundene Wärmepumpen, wovon fast 90 Prozent mit Erdwärmesonden betrieben werden. Die installierte Leistung beträgt insgesamt rund 550 Megawatt (MW), woraus ein geschätzter Wärmeertrag von über 1.150 Gigawattstunden pro Jahr (GWh/a) resultiert. Bei einem Raum- und Warmwasserwärmebedarf von 271 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a) für ganz Nordrhein-Westfalen wird derzeit also weniger als ein Prozent des Wärmebedarfs durch die oberflächennahe Geothermie gedeckt.
Bohrtiefe lag bei 100 Metern
Die Nutzbarmachung des oberflächennahen geothermischen Potenzials ist mit unterschiedlichen technischen Systemen möglich, beispielsweise Erdwärmesonden. In der Regel werden die Bohrungen für Erdwärmesonden auf dem Grundstück des jeweiligen Gebäudes abgeteuft. Die Bohrtiefe wurde für diese Studie auf maximal 100 Meter festgesetzt. In einem ersten Schritt wurden aus allen Flurstücken in Nordrhein-Westfalen Besitzeinheiten gebildet. Dabei handelt es sich um die Flurstücke, die eine direkte Gebäudebebauung aufweisen, zuzüglich der umgebenden unbebauten Flurstücke, welche die gleichen Besitzverhältnisse aufweisen. Im Anschluss an diese Operation wurden die Gebäudegrundrisse geometrisch herausgeschnitten, sodass die geothermisch nutzbare Fläche jedes bebauten Grundstücks in Nordrhein-Westfalen berechnet werden konnte. Durch die anschließende Kategorisierung der Gebäude anhand von 238 Objektschlüsseln konnten die Gebäude auf den Besitzeinheiten in beheizte Gebäude – Wohngebäude, Nicht-Wohngebäude mit normalem, hohem und niedrigem Wärmebedarf – und unbeheizte Gebäude – wie Garagen oder Scheunen – unterteilt werden.
Nutzung zum Teil eingeschränkt
Auf den ermittelten Besitzeinheiten kann aufgrund vorhandener Restriktionen, zum Beispiel aufgrund von ausgewiesenen Wasser- oder Heilquellenschutzgebieten, eine geothermische Nutzung des Untergrunds ausgeschlossen oder eingeschränkt sein. Daher wurden die ermittelten Besitzeinheiten in einem Geografischen Informationssystem (GIS) mit ausgewiesenen Restriktionsflächen verschnitten. Hierzu zählen anderweitig genutzte Flächen (wie Verkehrsflächen, Gewässer), unrentable Gebiete (etwa solche mit stark abgesenktem Grundwasserspiegel im rheinischen Braunkohlerevier) sowie Flächen, auf denen genehmigungsrechtliche Belange (Wasser- und Heilquellenschutzgebiete, geologische Restriktionen) einer geothermischen Nutzung entgegenstehen. Bezüglich der Wasserschutzgebiete wurde in der Studie zudem in zwei Szenarien gerechnet, da sich die Genehmigungspraxis bei den Wasserschutzgebieten der Zone 3 zum Zeitpunkt der Erhebung in Nordrhein-Westfalen uneinheitlich darstellte. Mithilfe unterschiedlicher Berechnungen und angenommener Parameter konnte anschließend für jedes einzelne Besitzstück die jeweilige geothermische Ergiebigkeit unter Einbehaltung der gültigen Normen und Richtlinien bestimmt werden.
Die Nutzung der oberflächennahen Geothermie benötigt in der Regel einen Wärmeabnehmer vor Ort. Daher beruht das technisch nutzbare Potenzial auf dem Verschneiden des theoretischen Potenzials mit dem Wärmebedarf des Gebäudes, das auf der gleichen Besitzeinheit steht. Der Wärmebedarf ist dabei abhängig vom Dämmstandard, dem Standort und der Nutzung. In der Studie wurde daher neben den geothermischen Potenzialen für jedes Gebäude in NRW auch der Wärmebedarf berechnet. Ein Abgleich des technisch nutzbaren Potenzials mit dem Wärmebedarf gibt dann den prozentualen Deckungsanteil der Wärmeversorgung über die oberflächennahe Geothermie wieder. Dabei haben kleinere Besitzeinheiten in stark bebauten Gebieten einen eher niedrigen Deckungsanteil. Dieser fällt aufgrund des größeren Platzangebots und des niedrigeren Wärmebedarfs in ländlichen Gebieten höher aus.
Großstädte mit hohem Bedarf
Unter den getroffenen Annahmen ergibt sich ein Wärmebedarf von rund 271 TWh/a für alle Gebäude in Nordrhein-Westfalen. Aufgrund neuer Erkenntnisse zu den Baualtersklassen im Land und der eher konservativen Betrachtung des Wärmebedarfs wird dieser derzeit zwar neu ausgewiesen. Für die vorliegende Studie ist der genannte Wert jedoch maßgebend.
Da der Wärmebedarf maßgeblich für das ermittelte Potenzial ist, ist das technische Potenzial in den Großstädten durch die hohe Bevölkerungsanzahl am höchsten. Besitzstücke in ländlicheren Gemeinden bieten zwar mehr Fläche um Erdwärmesonden abzuteufen, jedoch ist der Wärmebedarf durch die geringere Bevölkerungsanzahl deutlich geringer als in Großstädten.
Betrachtet man nun für jede Gemeinde den Deckungsanteil des geothermischen Potenzials im Vergleich zum Wärmebedarf, so ergibt sich ein leicht anderes Bild, da dabei die unterschiedliche Bebauungs- und Bevölkerungsdichte erkennbar wird. So weisen die Großstädte Nordrhein-Westfalens wie Köln oder Düsseldorf durch die hohe Bevölkerungszahl einen hohen Wärmebedarf auf. Gleichzeitig ist durch die große Bebauungsdichte weniger Platz zum Abteufen der Erdwärmesonden vorhanden. Dadurch kommt ein eher geringer Deckungsanteil zustande, obwohl das technisch nutzbare Potenzial sehr hoch sein kann.
Das ermittelte, technisch nutzbare geothermische Potenzial spiegelt die Wechselwirkungen der wesentlichen Einflussgrößen wie Bebauungsdichte, Flächenanteil der Restriktionsflächen und Wasserschutzgebiete sowie die geothermischen Parameter wie Wärmeleitfähigkeit und Untergrundtemperatur wider.
In dieser Studie wurde ein technisch nutzbares geothermisches Potenzial von rund 154 TWh/a ausgewiesen. Insgesamt könnte in Nordrhein-Westfalen rund die Hälfte der benötigten Wärme aus Erdwärme gewonnen werden.
Dieser Beitrag ist in der November/Dezember-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
badenova: Zielgebiet für Geothermie eingegrenzt
[20.12.2024] Für die im Oberrheingraben geplante Geothermie-Nutzung hat badenovaWÄRMEPLUS jetzt Hartheim und angrenzende Gemeinden in den Fokus gerückt. Ab 2028 könnte das heiße Thermalwasser zur Versorgung von bis zu 20.000 Menschen mit grüner Fernwärme genutzt werden. mehr...
München: Allianz für den Klimaschutz
[18.11.2024] Die Landeshauptstadt München, acht Kommunen der NordAllianz und die Stadtwerke München wollen enger zusammenarbeiten, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Versorgungssicherheit zu verbessern. mehr...
Münster: Stadt wird durchgerüttelt
[24.10.2024] Die Stadtwerke Münster starten Anfang November eine groß angelegte geologische Erkundung, um das Potenzial der Tiefengeothermie auszuloten. Diese könnte in Zukunft einen großen Teil des Wärmebedarfs in Münster klimaneutral decken. mehr...
Fraunhofer-Studie: Vorhandene Bohrlöcher nutzen
[23.10.2024] Eine neue Studie des Fraunhofer IEG zeigt, dass alte Erdgasbohrungen für die Gewinnung von Erdwärme genutzt werden können. Insbesondere für Kommunen im norddeutschen Becken könnten ungenutzte Bohrungen eine wertvolle Wärmequelle darstellen. mehr...
Praxisforum Geothermie.Bayern: Goldenes Heizwerk steht in München
[21.10.2024] Die bayerischen Geothermieanlagen haben im Jahr 2023 etwa 2,8 Terawattstunden Wärme erzeugt und einen bedeutenden Beitrag zur Wärmewende geleistet. Im Rahmen des Praxisforums Geothermie.Bayern wurden herausragende Anlagen für ihre Effizienz prämiert. mehr...
Tiefe Geothermie: Bochums Untergrund wird kartiert
[21.10.2024] Um das Aufsuchen untertägiger Wärmespeicher zu erleichtern, wird jetzt ein fünf Kilometer langes Stück des Bochumer Untergrunds kartiert. Die Messungen reichen bis in 2.000 Meter Tiefe und sollen bis einschließlich Februar 2025 stattfinden. mehr...
Hannover: Geothermieprojekt startet
[16.10.2024] Die Stadt Hannover geht einen weiteren Schritt in Richtung Wärmewende: Gemeinsam mit dem Energieversorger enercity und der Firma Eavor soll Erdwärme für das Fernwärmenetz gewonnen werden. Jetzt sind die ersten Vorbereitungen für das Geothermieprojekt gestartet. mehr...
München: Spatenstich für Geothermieanlage
[07.10.2024] In München haben jetzt die Bauarbeiten für die größte Geothermieanlage in Europa begonnen. Die Anlage am Michaelibad soll ab 2033 rund 75.000 Haushalte in der Region mit klimaneutraler Fernwärme versorgen und ist ein wichtiger Baustein für die Wärmewende der Stadt. mehr...
NRW-Geothermiekonferenz: Schatz aus der Tiefe heben
[07.10.2024] Nordrhein-Westfalen will 20 Prozent seines Wärmebedarfs klimaneutral aus Erdwärme decken. Auf der 19. NRW-Geothermiekonferenz werden aktuelle Projekte und technologische Entwicklungen für die kommunale Wärmeplanung vorgestellt. mehr...
NRW: Geld für Aachener Geothermie
[19.09.2024] NRW fördert eine wichtige Vorerkundung für ein Geothermieprojekt der Stadtwerke Aachen. mehr...
Drees & Sommer: Tiefengeothermie auf Expansionskurs
[16.09.2024] Die Tiefengeothermie in Bayern befindet sich auf Expansionskurs. Dank neuer Projekte soll die klimafreundliche Wärmequelle künftig einen noch größeren Beitrag zur Wärmewende in Bayern leisten. mehr...
Frankfurt am Main: Klimaschutzquartier im Bau
[10.09.2024] In Frankfurt entsteht ein neuer Vorzeigestadtteil: Im Hilgenfeld sollen rund 2.500 Menschen mit klimaschonender Energie versorgt werden. Das innovative Energiekonzept kombiniert Geothermie, Solarenergie und Blockheizkraftwerke. mehr...
Altenburg: Kaltes Nahwärmenetz in Betrieb
[09.09.2024] In Altenburg wurde jetzt ein innovatives kaltes Nahwärmenetz offiziell in Betrieb genommen. Das Projekt, das über 100 Gebäude mit nachhaltiger Geothermie versorgen soll, gilt als Vorbild für die klimafreundliche Wärmeversorgung im Ahrtal und Rheinland-Pfalz. mehr...
LBEG: Schicht im Schacht Steinförde
[23.07.2024] Eine geplante geothermische Nachnutzung des Kalischachts Steinförde in Wietze wird nicht umgesetzt. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) und der Verein Geoenergy Celle haben festgestellt, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. mehr...
Speyer/Schifferstadt: Geothermieprojekt AGENS gestartet
[12.07.2024] In den Städten Speyer und Schifferstadt soll Erdwärme für die Nah- und Fernwärmeversorgung genutzt werden. Das Projekt AGENS will durch innovative Bohrtechniken die Dekarbonisierung und Unabhängigkeit der Energieversorgung vorantreiben. mehr...