Dienstag, 15. April 2025

InterviewGemeinsam innovative Ansätze finden

[18.09.2020] Der Walldorfer Software-Konzern SAP hat das Geschäft mit der öffentlichen Hand und den Versorgungsunternehmen zusammengelegt. Über die Gründe und mögliche Synergieeffekte sprach stadt+werk mit Nikolaus Hagl, Leiter Public & Energy.
Nikolaus Hagl

Nikolaus Hagl

(Bildquelle: K21 Media)

Herr Hagl, SAP hat kürzlich die Geschäftsbereiche Öffentlicher Dienst und Energie zusammengeführt. Was sprach für diesen Schritt?

Wir haben in den vergangenen Jahren starke Trends gesehen, die sich in unserer Gesellschaft niederschlagen. Stichworte wie Digitalisierung oder Klimawandel sind uns aus unserem Alltagsleben bekannt. Taucht man tiefer ein, wird klar, dass es gerade auf kommunaler Ebene immer mehr Schnittmengen geben wird. Soll der Kampf gegen den Klimawandel gelingen, wird die Sektorkonvergenz unausweichlich. Neue Mobilitätskonzepte funktionieren beispielsweise nur im Zusammenspiel von Kommune, Verkehrsbetrieben und Energieversorgern sowie weiteren Playern, etwa aus dem Bereich Telekommunikation oder der Automobilindustrie. Themen wie Smart Lighting, Smart Charging und Smart Waste basieren auf den Infrastrukturen der Ver- und Entsorgungsunternehmen. Wenn man also nachhaltig Energie sparen möchte, braucht es die Zusammenarbeit vieler, insbesondere auch auf kommunaler Ebene. Durch die Zusammenlegung der Bereiche Public Services und Energy bündeln wir das nötige Know-how und versuchen, gemeinsam mit unseren Kunden innovative Ansätze zu finden.

Welche Synergien erwarten Sie beispielsweise beim Thema Smart City?

Mit Smart City werden Entwicklungskonzepte beschrieben, die Kommunen fortschrittlicher, effizienter und auch grüner machen sollen. Um das zu erreichen, bedarf es eines technologischen Unterbaus. Exemplarisch zu nennen ist hierbei der Wunsch der Kommunen, mittels intelligenter Sensorik im Stadtgebiet Verkehrsflüsse zu steuern und die Parkraumbewirtschaftung zu optimieren. Allerdings haben sie in der Regel nicht das Wissen oder die Organisationsstruktur, um derartige Netze selbst aufzubauen. Kommunale Unternehmen, wie die Stadtwerke, bieten sich als Infrastrukturbetreiber förmlich an und können technologische Plattformen bereitstellen.

Derzeit wird die Lösung SAP Cloud for Utilities entwickelt. Wie ist der Stand?

Das gesamte Programm baut auf Erweiterungen bereits existierender und erprobter Lösungen auf, erfordert aber in Teilen auch Neuentwicklungen. Die hohe Modularität der Lösung erlaubt es unseren Kunden, schrittweise und entlang ihrer Digitalisierungsstrategie von der neuen Lösung zu profitieren. Im Dezember 2019 konnten wir erste Kunden produktiv setzen, die mit der Marktkommunikation in die Cloud gegangen sind. Andere Kunden hatten den Fokus auf Marketing-, Vertriebs- und Serviceprozessen und arbeiten hier schon produktiv in der Cloud. Nun haben wir Verteilnetzbetreiber als Partner gewinnen können, mit denen wir cloudbasiert neue und automatisierte Lösungen für die energiewirtschaftlichen Prozesse umsetzen.

Welche Vorteile wird die neue SAP-Standard-Software bieten?

Die internationale Akzeptanz bei den Versorgern soll die Skalierung bringen, sodass wir immer weiter optimieren können. Zudem können wir durch die Nutzung standardisierter Cloud-Lösungen auf die Erfahrungen von über 25 Industriebereichen zurückgreifen. Wir glauben, dass dies durch das Zusammenwachsen der Industrien immer wichtiger wird, um Energie- und Nicht-Energieprodukte zu verkaufen. Derartige Commerce-Lösungen sind in anderen Branchen bereits etabliert. Beim Einsatz von Cloud-Lösungen sehen wir bei den Versorgern eine Entlastung im operativen Betrieb. Auch unsere Stadtwerke kämpfen um die besten Köpfe in der IT. Sie sollten sich aber zunehmend um innovative Themenstellungen kümmern anstatt um Routineaufgaben wie den Betrieb.

„SAP-Philosophie war es immer, offene Systeme anzubieten.”

Wird es auch eine On-Premises-Version für den Betrieb auf eigenen Servern geben?

Die Entwicklung, die im Cloud-for-Utilities-Programm angestoßen wurde, zielt auf den nativen Betrieb in der Cloud ab. Dennoch sind uns Transformationsschwerpunkte unserer Kunden wichtig. Mit SAP S/4HANA Utilities haben wir die Möglichkeit, umfassende energiewirtschaftliche Prozesse basierend auf moderner Technologie auch im On-Premises-Bereich anzubieten. Das ist vielen Stadtwerken und insbesondere Netzbetreibern immer noch wichtig.

Derzeit drängen neue Wettbewerber offensiv auf den Markt. Kommt SAP dadurch unter Druck?

Wir haben uns seit jeher in Deutschland im starken Wettbewerb gesehen. Daran ändert sich auch in Zukunft nichts. Dennoch war es immer SAP-Philosophie, offene Systeme anzubieten, die einen Datenaustausch auch mit Non-SAP-Systemen sicherstellen. Die Kunden müssen ganz einfach ihre Geschäftsprozesse effektiv in den IT-Systemen umsetzen und die Software-Auswahl an ihren Geschäftsbedürfnissen ausrichten. Die Modularisierung wird aber weiter zunehmen – zumindest bei einigen Marktrollen. Eine Antwort darauf ist die SAP-Business-Technology-Plattform. Mit ihr werden das Datenbank- und Daten-Management, die Anwendungsentwicklung und Integration sowie die Nutzung von Analyselösungen und intelligenten Technologien stark vereinfacht, weil bereits vorgefertigte Services und Integrationen genutzt werden können.

Wie wird die IT-Architektur gerade der kommunalen Unternehmen aus Ihrer Sicht künftig aussehen?

Die IT-Architekturen der Energiewirtschaft haben sich in den vergangenen 20 Jahren extrem verändert. Durch die Liberalisierung, die Energiewende und jetzt die Digitalisierung ist die Komplexität stark gestiegen. Nun gilt es, komplexe Systeme zu vereinfachen und die IT-Landschaften zu modernisieren. Die Anpassungen in den Geschäftsmodellen sowie die fortschreitende Technologie erfordern einen viel breiteren Einsatz von spezifischen IT-Systemen und Anwendungen. Diese gilt es intelligent zu verknüpfen, damit sie leichtgewichtig im Betrieb sind. Dabei muss man jedoch von Anfang an daran denken, wie ein Gesamtsystem aussehen könnte und nicht im Silodenken verharren. SAP bietet hier die Breite an Technologie und Geschäftsprozessen, um flexibel zu reagieren. Die Einbindung von Drittlösungen wird dann entscheidend für den Erfolg. Hier unterstützt SAP ebenfalls.

Interview: Alexander Schaeff


Stichwörter: Unternehmen, SAP,


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Unternehmen

Gütersloh: Rückkauf der Anteile an Stadtwerk

[14.04.2025] Die Stadt Gütersloh und die Stadtwerke Bielefeld haben sich auf zentrale Punkte für den Rückkauf der Anteile an den Stadtwerken Gütersloh verständigt. Ziel ist es, die 2002 veräußerten Gesellschaftsanteile noch in diesem Jahr zurückzuführen – vorbehaltlich der Zustimmung der politischen Gremien. mehr...

Stadtwerk am See: Vertrag mit Bürkle verlängert

[09.04.2025] Der Aufsichtsrat des Stadtwerks am See hat den Vertrag mit Geschäftsführer Alexander-Florian Bürkle ein Jahr vor Ablauf um fünf Jahre verlängert. Bürkle soll den erfolgreichen Kurs des Energieversorgers der Bodenseeregion fortsetzen. mehr...

Trianel: Fortschritte bei Nachhaltigkeitsberichterstattung

[08.04.2025] Eine aktuelle Trianel-Studie zeigt: Stadtwerke kommen bei der Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD zunehmend voran. mehr...

Stadtwerke Amberg: Übernahme von Tiefbauunternehmen

[08.04.2025] Die Stadtwerke Amberg haben zum April 2025 das traditionsreiche Tiefbauunternehmen Arbogast übernommen. Damit sichern sie 28 Arbeitsplätze, erweitern ihr Leistungsspektrum und stärken ihre Rolle in der regionalen Energiewende. mehr...

enercity: Solides Ergebnis

[04.04.2025] Das Energieunternehmen enercity ist mit dem Verlauf des Geschäftsjahres 2024 zufrieden. Der Umsatz lag bei 7,35 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (EBIT) bei 389 Millionen Euro. Trotz eines Rückgangs gegenüber 2023 liegen die Zahlen über den Vorjahreswerten. mehr...

Stadtwerke Münster: Nachhaltigkeit im Fokus

[04.04.2025] Obwohl die EU die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung erst ab 2026 vorsieht, wollen die Stadtwerke Münster bereits in diesem Jahr einen Report über ihre ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Leistungen vorlegen. mehr...

BET Consulting: Hölscher als Partner gewonnen

[04.04.2025] Der Energieexperte Heinz-Werner Hölscher verstärkt als assoziierter Partner das Beratungshaus BET Consulting. Mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Branche soll er insbesondere die Bereiche Netze, Wärme und erneuerbare Energien voranbringen. mehr...

MVV: Clemens übernimmt

[02.04.2025] Gabriël Clemens übernimmt ab den 1. April 2025 den Vorstandsvorsitz der MVV Energie AG. mehr...

Stadtwerke Hürth: KI-gestützte Kundenkommunikation

[02.04.2025] Die Stadtwerke Hürth setzen als erster kommunaler Versorger in Deutschland auf eine vollständig KI-gestützte Kundenkommunikation per WhatsApp. Das System beantwortet Anfragen eigenständig und automatisiert, ohne dass Mitarbeiter eingreifen müssen. mehr...

MVV/Ostrom: Kooperation für dynamische Stromtarife

[01.04.2025] Das Mannheimer Energieunternehmen MVV und der Berliner Stromanbieter Ostrom arbeiten künftig zusammen, um Haushalte bei der Nutzung dynamischer Stromtarife zu unterstützen. mehr...

Langmatz Symposium: Netzausbau verzahnen

[28.03.2025] Der gemeinsame Ausbau von Daten- und Stromnetzen stand im Mittelpunkt des diesjährigen Langmatz Symposiums. Ein Beispiel aus Österreich zeigte, wie dies funktionieren kann. mehr...

Robotron: Kooperation mit Cosmo Consult

[20.03.2025] Robotron Datenbank-Software und Cosmo Consult haben jetzt eine strategische Partnerschaft geschlossen, um die Abwicklung energiewirtschaftlicher Abrechnungsprozesse zu optimieren. Durch die Integration einer neuen Finanzbuchhaltungssoftware in die Robotron-Energiemarkt-Plattform soll der Meter-to-Cash-Prozess effizienter und nahtloser gestaltet werden. mehr...

EWP: Teil der Leipziger Energiebörse

[10.03.2025] EWP ist seit dem 27. Februar 2025 Mitglied an der Leipziger Energiebörse EEX. Damit sichert sich der Potsdamer Versorger die Möglichkeit, Strom und Gas direkt an der Börse zu handeln und so unabhängiger von Krisen am Energiemarkt zu werden. mehr...

Trianel Energieprojekte: Ganzheitlicher Ansatz

[04.03.2025] Trianel Energieprojekte hat im vergangenen Jahr das Geschäft mit erneuerbaren Energien weiter ausgebaut. Der kommunale Projektentwickler errichtete bundesweit neue Solarparks und erhielt wichtige Genehmigungen für Windkraftanlagen. mehr...

Stadtwerk am See: Ausbildung in der virtuellen Realität

[26.02.2025] Das Stadtwerk am See nutzt seit Jahresbeginn virtuelle Realität in der Ausbildung seiner Elektrotechnik-Azubis. Die Technologie ermöglicht es den Nachwuchskräften, Arbeiten im Mittelspannungsnetz realitätsnah und gefahrlos in einer virtuellen Umgebung zu trainieren. mehr...