Donnerstag, 21. November 2024

InterviewGas-Flatrate statt Nachzahlung

[20.03.2018] Die Flatrate Gas von Uniper rechnet bezogene Gasmenge, Netzentgelte, Steuern und Abgaben als verbrauchsunabhängigen Pauschalbetrag ab. Über die Vorteile des Angebots spricht Vertriebschef Gundolf Schweppe im stadt+werk-Interview.
Gundolf Schweppe ist seit Juli 2017 Vertriebschef bei Uniper.

Gundolf Schweppe ist seit Juli 2017 Vertriebschef bei Uniper.

(Bildquelle: Uniper)

Herr Schweppe, Uniper geht neue Wege bei der Tarifgestaltung für Gaslieferungen. Welche Gründe sprachen für das Angebot einer Flatrate für Gas?

Mit der Flatrate Gas bieten wir Stadtwerken ein innovatives Produkt, mit dem sie ein klares Kundenbedürfnis befriedigen können. Denn Flatrates erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Nehmen wir etwa die Telekommunikation: Hier sind die schrittweise eingeführten Flatrate-Tarife mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Diesen Markttrend haben wir aufgenommen und ein entsprechendes Produkt für den Bereich Energie entwickelt. Mit dem All-inclusive-Tarif gehen wir neue Wege und bieten Energieversorgern und ihren Endkunden maximale Planungssicherheit. Auch Nachberechnungen entfallen, was eine Vereinfachung der Prozesse für alle Beteiligten bedeutet.

Wie ist der Tarif konkret konzipiert und was unterscheidet Ihr Modell von anderen?

Das Angebot richtet sich an weiterverteilende Energiepartner, die ihren Privatkunden mit bestimmten Vorjahresverbräuchen eine der ersten wirklichen Gas-Flatrates für den deutschen Privatkundenmarkt anbieten können. Denn sie rechnet nicht nur die bezogene Gasmenge, sondern auch Netzentgelte, Steuern und Abgaben als verbrauchsunabhängigen Pauschalbetrag ab – und das, ohne sich eine Kündigung bei etwaigen Überschreitungen vorzubehalten. Das ist der entscheidende Unterschied zu vielen anderen Tarifmodellen. Wir planen den Start der Flatrate Gas derzeit in einer Pilotphase mit fünf Partner-Stadtwerken. Denn wir betreten damit ein neues Gebiet, zu dem es deutschlandweit noch kaum Erfahrungswerte gibt. Deshalb haben wir vor, das Projekt zunächst im Lieferzeitraum des Gaswirtschaftsjahres 2018/2019 mit einer Laufzeit von einem Jahr umzusetzen. Interessierte Energieversorger sind herzlich eingeladen, sich bei Uniper Energy Sales zu informieren und teilzunehmen.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Sie ein solches Angebot machen können?

Stadtwerke können die Flatrate Gas ihren Kunden mit Standardlastprofil mit einem Vorjahresverbrauch von 3.500 bis 100.000 Kilowattstunden anbieten. Damit deckt die Flat Privatkunden, aber auch Vermieter und ausgewählte Gewerbekunden ab. Es ist nicht notwendig, dass Stadtwerke über Uniper als einzigen Vorlieferanten verfügen. Sie müssen lediglich die Ausspeisestellen, die sie mit der Flatrate Gas beliefern möchten, als Sub-Bilanzkreis in den Uniper-Bilanzkreis hängen. Das restliche Portfolio kann das Stadtwerk steuern, wie immer es möchte. Für bereits von Uniper belieferte Stadtwerke bieten wir zudem an, Endkunden und ihre zugehörigen Plan-Verbrauchsmengen nach Bedarf in die Flatrate zu verschieben.

„Wir planen den Start der Flatrate Gas derzeit in einer Pilotphase mit fünf Partner-Stadtwerken.”
Welche Vorteile bietet die Flatrate für Stadtwerke und deren Kunden?

Für die kooperierenden Stadtwerke bietet die Flatrate die Möglichkeit, ihren Kunden ein Angebot zu machen, bei dem sie garantiert nichts nachzahlen müssen – egal, wie kalt der Winter wird. Der Endkunde erhält damit höchsten Energiekomfort durch weitreichende Planungssicherheit, da Nachzahlungen durch unser Produkt völlig wegfallen. Der bekannte Bill-Schock bleibt auf jeden Fall aus. Es gibt schlicht keine Nachverrechnung, die Monate später eintrifft. Genau das macht die Kooperation auch für unsere Energiepartner doppelt interessant. Das attraktive Tarifmodell erlaubt es, neue Kunden zu gewinnen und bestehende zu binden. Zudem bedeutet der Flatrate-Tarif eine prozessuale und inhaltliche Vereinfachung für die Energieversorger, da etwa der Aufwand für Nachberechnungen entfällt. So können die Stadtwerke Ressourcen einsparen, da weniger Kommunikation zu Abrechnungen anfällt. Durch den Tarifrechner bieten wir den Stadtwerken darüber hinaus die Möglichkeit, maßgeschneiderte Lieferkonzepte bereitzustellen.

Wie sichern Sie das Risiko eines besonders harten Winters ab?

Das Temperaturrisiko besteht natürlich. Dieses wird allein von Uniper getragen – und damit genau da, wo es am besten gemanagt werden kann. Denn wir können dieses als internationales Energieunternehmen mit unserem großen Bezugsportfolio, unserem Handelssystem und der langjährigen Erfahrung unserer Analysten im Risiko-Management und -Handling besonders gut bewirtschaften. Damit haben wir die nötige Expertise, um uns an ein solches Projekt zu wagen.

Für welche Zielgruppe lohnt sich eine Gas-Flatrate besonders?

Das Angebot lohnt sich für alle, die sich Planungssicherheit wünschen und im Voraus wissen möchten, was sie für Energie bezahlen. Denn sie können sicher sein, dass zum Jahresende auch wirklich alles bezahlt ist und keine böse Überraschung in Form einer Nachzahlung wartet. Damit steht die Vereinfachung für den Endkunden im Vordergrund. Denn viele haben keine Lust und vor allem keine Zeit, um sich mit komplizierten Vertragskonstrukten und Mechanismen für die Nachverrechnung zu beschäftigen und diese nachzuvollziehen. Die Flatrate Gas bietet ihnen eine einfache, verständliche und reibungslose Abwicklung ohne versteckte Zahlungen.

Ist Ihr Angebot der Beginn für Flatrates im gesamten Energiemarkt?

Vereinfachung ist eines der zentralen Grundbedürfnisse in unserer schnelllebigen Zeit. Mit der Flatrate Gas bieten wir diese für die Energiewirtschaft und die Endkunden. Es zeichnet sich der Trend ab, dass Leistungen zunehmend aus einer Hand in Anspruch genommen werden. Vielleicht werden wir alle irgendwann einen Mietvertrag abschließen, in dem ganz unterschiedliche Leistungen inkludiert sind – etwa für Internet, Telefon, Multimedia, Wasser und Energie. Wir stellen uns mit der Flatrate Gas genau auf solche Zukunftstrends ein und gehen nun einen ersten Schritt. Denkt man für die Zukunft etwa über eine Strom-Flatrate nach, wären jedoch einige zusätzliche Punkte zu beachten. Denn bei der Stromlieferung an Endkunden sind die zusätzlich anfallenden Kosten für Steuern und Abgaben noch wesentlich höher. Insofern gestaltet sich die Lieferung als echte Flatrate schwieriger. In Abhängigkeit der Erfahrungen, die wir mit dem Gas-Pilotprojekt sammeln, werden wir auf dieser Basis über weitere Schritte in Richtung Flatrates entscheiden.

Interview: Alexander Schaeff

Schweppe, GundolfGundolf Schweppe ist seit Juli 2017 Vertriebschef bei Uniper. Er ist bereits seit dem Jahr 2006 für den E.ON Konzern, aus dem Uniper 2016 hervorging, tätig und verfügt über umfassende energiewirtschaftliche Erfahrung, unter anderem im Bereich des Privatkunden- und Großhandelsvertriebs.

Stichwörter: Erdgas, Uniper, Flatrate


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