Smart MeteringFrühzeitig aktiv werden
Ursprünglich sollte 2012 ein Jahr werden, in dem die Einführung von Smart Metern bereits richtig Fahrt aufnimmt. Nun verzögert sich der Roll-out, weil zunächst Sicherheitsprofile für die Gateways von Smart Metern entwickelt und standardisierte Geschäftsprozesse definiert werden müssen. Anforderungen und Ziele des Gesetzgebers gelten allerdings ungeachtet der aufgetretenen Verzögerungen: Bis 2018, also in nur sechs Jahren, sollen 80 Prozent aller installierten Energiezähler in Deutschland smart sein. In Neubauten und grundrenovierten Gebäuden sind elektronische Zähler schon seit dem Jahr 2010 Pflicht.
Enorme Datenmengen
Auch Kunden, die jährlich mehr als 6.000 Kilowattstunden Strom verbrauchen, müssen laut novelliertem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) mit Smart Metern ausgerüstet werden. Gleiches gilt für neue Stromeinspeisungsanlagen ab sieben Kilowatt Leistung. Darüber hinaus steht die Einführung einer Zählerstandsgangmessung als drittes Bilanzierungssystem – neben Registrierender Leistungsmessung (RLM) und Standardlastprofil (SLP) – vor der Tür, um die Messwertzeitreihen der Smart Meter in die Bilanzierung einfließen zu lassen. Kurzzyklische Verbrauchsabrechnungen, zeit- und lastvariable Tarife, Verbrauchs- und Preisinformationen sind weitere Anforderungen, deren Umsetzung den Einsatz von Smart Metern bedingt.
2013, spätestens 2014 wird der Roll-out endgültig starten und schnell enorme Dynamik entfalten. Das gilt insbesondere für das Meter Data Management (MDM). Durch den Einsatz von Smart Metern wird die Anzahl der zu verarbeitenden Messdaten geradezu explodieren. Wird heute bei SLP-Kunden mit einem Messwert pro Jahr gearbeitet, werden mit Smart Metern künftig für jeden einzelnen Kunden jährlich mehr als 35.000 Viertelstundenwerte anfallen. Schon mit Beginn des Roll-out intelligenter Zähler werden die Unternehmen in der Lage sein müssen, mit den enormen Datenmengen umzugehen. Und das Datenvolumen wird weiter wachsen.
Angst vor Stranded Investments
Dass viele Unternehmen beim Smart Metering bislang dennoch wenig unternehmen – Pilotprojekte sind die Ausnahme und finden meist nur in kleinem Maßstab statt – ist nachvollziehbar. Zum einen fühlen sie sich überfordert mit der Umsetzung immer wieder neuer Marktregeln. Zum anderen fehlen häufig die Zeit und die Kapazitäten, um sich mit dem Thema Smart Metering zu befassen. Regelungslücken sind ein willkommenes Alibi, zunächst auf Zeit zu spielen. Auch das Fehlen belastbarer Refinanzierungsstrategien und erfolgversprechender Geschäftsmodelle sowie die Angst vor Stranded Investments wirken bremsend.
Zumindest beim Meter Data Management gibt es einen Weg, frühzeitig aktiv zu werden, ohne Fehlinvestitionen befürchten zu müssen. Der Schlüssel, schon heute sinnvoll in das MDM zu investieren, liegt in der Skalierbarkeit der Lösung. Das System sollte so strukturiert sein, dass es für anfänglich wenige Zählpunkte ausgelegt ist und mit zunehmender Marktdurchdringung der Smart Meter anforderungsgerecht mitwachsen kann. Konkret könnte das heißen, mit einer schlanken Lösung zu starten, die zunächst nur aus einem Server für die Gateway-Kommunikation und einem Server für die zentrale Messdatenverarbeitung und -speicherung besteht. Wächst die Zahl der Zählpunkte, wird das System schrittweise um parallele Einheiten erweitert und weitere Rechner für das Entgegennehmen der Messdaten, die Marktkommunikation, das Zeitreihen-Management und die EDI-Bereitstellung zugeschaltet. Beim MDM von Anbieter Soptim kann eine Zeitreihenmaschine beispielsweise die Messdaten für bis zu 250.000 Zeitreihen verarbeiten. Durch den Parallelbetrieb mehrerer Rechner lässt sich dieses Modell auf bis zu fünf Millionen Zeitreihen vergrößern.
Automatisierung ist Pflicht
Damit sind aber noch längst nicht alle Anforderungen erfüllt. Eine entscheidende Voraussetzung beim Betrieb eines MDM-Systems ist die Automatisierung der Prozesse. Schon ab 10.000 bis 20.000 Zeitreihen muss das System hochautomatisiert arbeiten, damit die Abläufe überhaupt beherrschbar bleiben. Automatismen und Entscheidungslogiken müssen es ermöglichen, den Aufwand durch manuelle Eingriffe auf ein Minimum zu reduzieren. Treten Lücken in den Zeitreihen auf, sollte das MDM-System selbsttätig Messdaten vom Gateway nachfordern. Stellt eine Messstelle über einen langen Zeitraum keine Daten mehr bereit, muss eine Meldung erzeugt und im Idealfall an ein angebundenes Workforce-Management-System gesendet werden. Dann weiß der Messstellenbetreiber, dass er das Messgerät vor Ort prüfen und gegebenenfalls austauschen muss. Das heißt, es werden möglichst nur noch Fehlerfälle zur manuellen Bearbeitung ausgesteuert, die tatsächlich ein Eingreifen erfordern.
Auch Plausibilisierung und Ersatzwertbildung muss das System automatisiert durchführen können. Die Messgerätestammdaten, welche in anderen Systemen liegen, werden per Web-Service importiert. Intelligente Systemintegration stellt auch hier ein Höchstmaß an Prozessautomatisierung sicher. Zu den wesentlichen Aufgaben eines MDM-Systems gehört ferner, Messdaten in aufbereiteter Form an angebundene Systeme weiterzugeben, in denen dann Folgeprozesse durchgeführt werden, etwa Abrechnung oder Bilanzierung. Das Unternehmen Soptim geht davon aus, dass künftig in jedem Energieversorgungsunternehmen ein solches System zum Einsatz kommen wird. Von grundlegender Bedeutung wird es sein, mit den Messdaten der Kunden performant umzugehen und aus den Daten mehrwertbringende Informationen zu gewinnen.
In-House- oder ASP-Lösung?
Wie lässt sich das MDM organisatorisch und wirtschaftlich sinnvoll gestalten? Große Energieversorgungsunternehmen, die über entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen verfügen, werden tendenziell eine In-House-Lösung bevorzugen, die Server also in Eigenregie hosten und betreiben. Für kleine Unternehmen wird dies wirtschaftlich nicht realisierbar sein. Soptim bietet seine MDM-Lösung daher alternativ im Application Service Providing (ASP) an: Das System wird Nutzern im Online-Betrieb zur Verfügung gestellt. Dazu muss pro Unternehmen nur jeweils ein Mandant eingerichtet werden. Dieses Konzept macht die Lösung auch für Stadtwerkekonsortien interessant, da jeder Gesellschafter darin separat abgebildet werden kann.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2012 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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