Donnerstag, 21. November 2024

BioenergieForschen an smarten Konzepten

[10.08.2018] Mit der Energiewende steigen auch die Anforderungen an die Nutzung von Bioenergie. Diese muss in Zukunft effizienter, flexibler, integriert und intelligenter werden. Szenarien für smarte Bioenergiekonzepte werden derzeit in verschiedenen Forschungsprojekten entwickelt.
Smarte Bioenergie setzt voraus

Smarte Bioenergie setzt voraus, dass sich Konsummuster und Zielgrößen verändern, Energie eingespart wird und der Anspruch an Nachhaltigkeit steigt.

(Bildquelle: Wolfgang Jargstorff/Fotolia.com)

Das Integrationspotenzial der Bioenergie ins Gesamtsystem und der Systembeitrag spielen eine zentrale Rolle in der aktuellen Energiewende-Diskussion. Als älteste Energieressource wurde Bioenergie traditionell meist ineffizient im Wärmemarkt genutzt, zum Beispiel durch offene Herdfeuer, später kamen die Strom- und Kraftstoffnutzung hinzu. Trotz bereits umgesetzter Optimierungen rund um Rohstoffverfügbarkeit, technische Effizienz oder Emissionsminderung muss die zukünftige Energieversorgung mit Biomasse noch viel effizienter, flexibler auf die Anforderungen des Energiesystems abgestimmt und damit intelligenter – kurz: smart – werden. Insbesondere da die Bioenergie der Zukunft nicht nur in Form einzelner Technologien, sondern in Kombination mit anderen erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen wird.

Zusammenspiel optimieren

Der Begriff smarte Bioenergie beschreibt die Weiterentwicklung von modernen Biomassenutzungssystemen hin zu integrierten Systemen, die im optimierten Zusammenspiel mit verschiedenen erneuerbaren Energiequellen und der gekoppelten stofflichenergetischen Nutzung im Rahmen der Bioökonomie bestehen. Das Konzept Smart Bioenergy wurde vom DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum entwickelt und beschrieben.
Der Beitrag der Bioenergie zum gesamten Energiesystem und zur Systemstabilität spielt in dem Konzept und der aktuellen Energiewende-Diskussion eine zentrale Rolle. Smarte Bioenergie setzt voraus, dass sich Konsummuster und Zielgrößen verändern, Energie eingespart wird und der Anspruch an Nachhaltigkeit steigt. Eine Methode zur systematischen Bewertung von Technologien entlang des Smart-Bioenergy-Konzepts im Hinblick auf die Relevanz im zukünftigen Markt- und Energiesystem fehlt jedoch bisher.

Das Projekt SmarKt

An dieser Stelle setzt das Forschungsprojekt „SmarKt – Bewertung des Marktpotenzials und Systembeitrags von integrierten Bioenergiekonzepten“ an. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Ziel ist die Entwicklung einer Bewertungsmatrix für das Marktpotenzial und den Systembeitrag von zukunftsfähigen, integrierten, smarten Bioenergiekonzepten. Die Erarbeitung von geeigneten Indikatoren ist dabei ein entscheidender Arbeitsschritt. Zentrale Bestandteile einer smarten Bioenergie innerhalb dieser Bewertungsmatrix sind die smarte Biomasse (etwa durch eine nachhaltige Rohstoffbasis), die smarte Konversion (zum Beispiel durch effiziente, emissionsarme Technologien, eine flexible, nachfrageorientierte Energiebereitstellung oder lernende Systeme) sowie die smarte Integration in das Energiesystem (dies betrifft etwa das Zusammenspiel mit anderen erneuerbaren Energien sowie die stoffliche Nutzung weiterer Systembeiträge).
Seit Ende 2017 erarbeiten die Wissenschaftler des DBFZ in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos einen umfangreichen Zielkatalog, um das Konzept Smart Bioenergy systematisch zu beschreiben. Die entwickelte Methodik wird auf Basis von ausgewählten Forschungsergebnissen, Best-Practice-Ansätzen sowie Technologiekonzepten des Forschungsnetzwerks Bioenergie des BMWi angewendet und geprüft. Die Projekte zeichnen sich vor allem durch die praxistaugliche Erprobung von zukunftsweisenden, effizienten Technologien zur (gekoppelten) Strom- und Wärmeerzeugung aus. Im Fokus steht der Einsatz von Rest- und Abfallstoffen. Im Hinblick auf eine mögliche Markteinführung werden insbesondere Verfahrens- und Prozessoptimierungen mit Demonstrations- und Pilotcharakter betrachtet. Bei der Bewertung geht es nicht darum, zu entscheiden, ob ein Konzept smart ist oder nicht, sondern um den Grad der Smartheit und unter welchen Rahmenbedingungen die Kriterien für Smart Bioenergy noch erfüllt werden können. Kriterien zur Wirtschaftlichkeit werden berücksichtigt, spielen bei der Bewertung jedoch nicht die ausschlaggebende Rolle.

Marktrelevanz analysieren

Ein weiteres wesentliches Projektziel ist die Analyse der marktrelevanten Potenziale der ausgewählten Bioenergiekonzepte. „Spannend ist dabei, auf welchen Wertschöpfungsstufen die ausgewählten Bioenergiekonzepte ansetzen und welchen Anteil das jeweilige Zielsegment am Gesamtmarkt einnimmt“, erklärt Friedrich Seefeldt, Projektkoordinator bei Prognos. Zur Bewertung des Marktpotenzials erfolgt eine Einordnung der Bioenergiekonzepte in die energiewirtschaftlichen Branchen und Märkte, so zum Beispiel in Endnutzer/Energieproduktion, Hersteller/ Anlagenbau/Ausrüstungen.
Dazu erstellen die Projektpartner von Prognos eine Analyse der marktrelevanten Anwendungspotenziale, welche auf den Projektergebnissen basiert. Ferner wird die Nachfrageseite anhand aktueller Entwicklungsszenarien analysiert. Die identifizierten Anwendungspotenziale (Angebot) werden mit der Entwicklung der Energiemärkte (Nachfrage) abgeglichen und in Beziehung gesetzt. So soll abgeschätzt werden, welchen Anteil bestimmte Technologien im Bereich Bioenergie an einem Teilmarkt sowie am Gesamtmarkt in Zukunft einnehmen können.
Anfang 2020 wollen die Wissenschaftler mit den Projektergebnissen zur Smartheit (Einordnung in das Gesamtsystem) und zum Marktpotenzial bestehende Hemmnisse, aber auch Lösungsansätze und weiteren Forschungsbedarf aufzeigen. Fundierte Empfehlungen sollen dann skizzieren, wie der Beitrag aussichtsreicher Bioenergiekonzepte zur systemverträglichen Integration, Markteinführung und -durchdringung neuer Technologien unterstützt werden kann. Das Projekt will damit die Energiewende in Deutschland und speziell die Umsetzung von Bioenergiekonzepten in Energiestrategien unterstützen und Empfehlungen für Maßnahmen in Richtung Forschung, Politik und Märkte formulieren.

Weitblick und Vernetzung

Mit der Zukunft von Bioenergiekonzepten beschäftigen sich derzeit im BMWi-Forschungsnetzwerk Bioenergie noch weitere Projekte. So erarbeitet beispielsweise das Projekt BioPlanW Systemlösungen für Bioenergie im Wärmesektor der Zukunft. Die Forscher möchten dabei die Komplexität des Wärmesektors in einem Modell abbilden, das die Entwicklungsperspektiven der Wärmeerzeugung aus Biomasse quantitativ abschätzt. Dabei werden die Technologien in Teilmärkten miteinander konkurrieren. In verschiedenen Szenarien werden die Auswirkungen auf Kosten, Umwelt und Landnutzungseffekte bewertet. Ziel ist es, Handlungsempfehlungen für die politische Gestaltung und Förderung abzuleiten.
Im Projekt Bio-Strom-Wärme wird die Rolle der energetischen Nutzung von Biomasse im Strom- und Wärmemarkt in Deutschland in den Jahren 2020 bis 2050 modellgestützt analysiert. Berücksichtigt werden sowohl verschiedene Annahmen des zur Verfügung stehenden Bioenergieangebots als auch die Entwicklung von Heizungssystemen und von Dämmstandards im Gebäudebereich. Es werden Vor- und Nachteile verschiedener Einsatzpfade für die Bioenergie hinsichtlich Effizienz und Klimaschutzwirkung ausgearbeitet.

Vom Frosch zum Prinzen

Zum Thema Markteinführung und Innovationsförderung im Bereich Bioenergie und erneuerbare Energien richtet das BMWi-Forschungsnetzwerk Bioenergie den Workshop „Wie wird der Frosch zum Prinzen? Tools und Best-Practices zur Verwertung von Forschungsergebnissen“ aus (www.energetische-biomassenutzung.de). Die Veranstaltung findet im Rahmen der DBFZ-Jahrestagung „Energie & Stoffe aus Biomasse: Konkurrenten oder Partner“ am 20. September 2018 in Leipzig statt.

Dr. Nora Szarka

Dr. Szarka, NoraDr. Nora Szarka hat im Jahr 2011 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum begonnen und ist derzeit Arbeitsgruppenleiterin im Bereich Bioenergiesysteme. Davor hat sie unter anderem Projekte an der Montanuniversität im österreichischen Leoben sowie an der Universität Concepcion in Chile begleitet.



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