Kraftwerk HöllensteinseeFischen wandern helfen
Die Kraftwerk am Höllenstein AG erzeugt im Kraftwerk Höllensteinsee seit dem Jahr 1926 und im Ausgleichswerk Pulling seit dem Jahr 1963 Strom. Nach einem langjährigen Genehmigungsverfahren wurde 2009 der Betrieb der Kraftwerke an dem bayerischen Fluss Schwarzer Regen für weitere 30 Jahre bewilligt. Eine Auflage dabei lautete, die Durchgängigkeit bei den beiden Anlagen wiederherzustellen. Diese Auflage leitet sich aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ab. Demnach sollen bis zum Jahr 2015, jedoch spätestens bis 2027, alle europäischen Binnengewässer einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen. Die Durchgängigkeit der Gewässer wird dabei als wichtiger Baustein angesehen. Allerdings fällt in Deutschland rund die Hälfte aller Gewässer unter eine Ausnahmeregelung, weil für sie die Erreichung eines naturnahen Zustands als unmöglich gilt.
Fischtreppe nicht möglich
Am Kraftwerk Pulling konnte bereits im Oktober 2011 eine Fischwanderhilfe in Betrieb genommen werden. Diese wurde als 195 Meter langer Schlitzpass am linken Ufer des Regens ausgeführt. Bei dieser weltweit erprobten technischen Variante für eine Fischtreppe wird der gesamte Höhenunterschied vom Ober- zum Unterwasser von etwa 6,5 Metern über 46 einzelne Becken abgetragen.
Für das Kraftwerk am Höllenstein konnte man auf dieses Konzept nicht zurückgreifen. Hier handelt es sich zwar auch um eine so genannte große Talsperre, allerdings mit einer gut 19 Meter hohen Staumauer, einem Speichervolumen von 1,4 Millionen Kubikmetern und einem Höhenunterschied von zwölf Metern zwischen Ober- und Unterlauf. Eine konventionelle Fischtreppe wie in Pulling wäre damit rund 300 Meter lang geworden und hätte in einen extrem felsigen Uferbereich eingebracht werden müssen.
Ein seit 1925 vorhandener, aber nicht benötigter zweiter Grundablasskanal unter dem Kraftwerksgebäude brachte die Lösung: Eine Fischwanderhilfe in Form einer Druckkammerschleuse. In den Grundablasskanal wurde eine geschlossene Druckkammerfischschleuse mit Oberwasser- und Unterwasserschott für den Fischein- und -ausstieg sowie einer Einlauf- und einer Entnahmeöffnung für das Betriebswasser eingebaut. Für Druckaufbau und -entlastung wurden separate Zu- und Ablassschieber installiert. Unterwasserseitig entstand durch den Einbau einer Strömungsleitwand zwischen den Auslauftrennpfeilern ein Einstiegsbecken.
Lockströmung zur Schleusenkammer
Wanderwillige Fische werden durch eine Lockströmung in die Schleusenkammer gelotst. In variabel einstellbaren Zeitintervallen wird das unterwasserseitige Einstiegsschott geschlossen und in der Schleusenkammer mittels Schieber der Oberwasserdruck aufgebaut. Herrscht in der Schleusenkammer der gleiche Druck wie im Oberwasser, wird das oberwasserseitige Schott geöffnet. Durch einen einstellbaren Abfluss aus der Schleusenkammer entsteht erneut eine Lockströmung, welche die Fische zum Ausschwimmen ins Oberwasser animiert. Anschließend wird der Fischausstieg – das Oberwasserschott – geschlossen und der Unterwasserdruck wiederhergestellt. Bei Druckgleichheit wird das Unterwasserschott geöffnet und die Einschwimmphase kann von Neuem beginnen.
Die Idee, eine Druckkammerschleuse als Wanderhilfe für Fische zu nutzen, ist nicht neu. Der Clou an der eigenentwickelten Lösung für das Kraftwerk Höllenstein ist jedoch die energetische Nutzung der Fischschleuse. Für den Betrieb der Schleuse werden etwa 500 Liter Wasser in der Sekunde benötigt, das nicht mehr für die Stromerzeugung zur Verfügung steht. Durch ein ausgeklügeltes Rohrsystem und den Einbau eines Turbinenaggregats kann auch dieses Wasser für die Stromerzeugung genutzt werden und verbindet damit Ökologie und Wirtschaftlichkeit in idealer Weise. Das neue Verfahren, dessen Entwicklung vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie gefördert wurde, wurde mittlerweile patentiert. Der Antrag für das europäische Patent läuft.Seit dem Frühjahr 2014 wird zudem die fischereiökologische Wirksamkeit der Lösung untersucht. Das Monitoring-Programm wird vom bayerischen Umweltministerium begleitet und gefördert. Die ersten Ergebnisse sind positiv. In der Schleuse wurden Fische verschiedenster Art und Größe gesichtet. Nun kann die Feinabstimmung in Angriff genommen werden – ein weiterer Vorteil der neuartigen Lösung. Denn im Gegensatz zu einem festen Bauwerk wie einer Fischtreppe, kann hier auch nach der Fertigstellung noch variiert werden, können etwa Zeitintervalle, Lockströmung oder Druckausgleich den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Mit der Fertigstellung der Fischwanderhilfen sind alle Auflagen des Genehmigungbescheids erfüllt und der Weiterbetrieb der Kraftwerk am Höllenstein AG gesichert.
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