Montag, 4. November 2024

StromvermarktungErneuerbare mit Chancen am Markt

[30.07.2013] Die Einführung des Marktprämienmodells übt einen positiven Effekt auf die Vermarktung von grünem Strom aus. Allerdings haben noch nicht alle Erzeuger und Investoren den Mut, die neuen Möglichkeiten auch zu nutzen.

Der Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen wächst stetig, vor allem im Bereich Wind- und Sonnenenergie. Der Strom aus diesen Anlagen wurde bis vor einigen Jahren ausschließlich auf der Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vergütet. Der Preis pro Kilowattstunde steht dabei fest, und die Netzbetreiber müssen den Strom in ihr Netz einspeisen.
Das EEG selbst hat aber von Anfang an auch einen anderen Weg für die direkte Vermarktung des Stroms aus erneuerbaren Quellen ermöglicht. Diese Direktvermarktung wurde allerdings erst ab 2009 wirtschaftlich interessant und mit dem neu gefassten EEG 2012 noch einmal gestärkt. Das Gesetz hat das erklärte Ziel, grünen Strom mithilfe eines Prämienmodells in den Markt zu integrieren, sodass sich ein einheitlicher Markt mit Strom aus verschiedenen Erzeugungsarten bilden kann. Beim Marktprämienmodell wird der Strom am Markt verkauft. Aus der EEG-Umlage wird die Differenz zwischen dem Erlös und dem durchschnittlichen Marktpreis bezahlt, dazu eine Management-Prämie. Kann der Verkäufer einen höheren Preis als den durchschnittlichen Marktpreis erzielen, ist der Erlös höher als bei der normalen EEG-Vergütung.
Dieses Modell hat aus Sicht von Matthias Heldmann, Leiter des Großkundenvertriebs beim Mannheimer Energieversorger MVV Energie, sehr rasch positive Folgen gezeigt. Das Unternehmen vermarktet den Ökostrom aus Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 2.000 Megawatt (MW), davon allein rund 1.000 MW aus Photovoltaik. Damit ist MVV Energie in diesem Segment einer der Marktführer in Deutschland. „Die Erzeuger erneuerbarer Energien befassen sich inzwischen aktiv mit dem Strom-Markt“, meint Heldmann. „Damit ist schon viel erreicht, denn die Einbindung von inzwischen weit über 60 Gigawatt Leistung aus Wind und Sonne in Deutschland braucht das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit von Erzeugung, Verteilung und Versorgung.“ In dem Maße, in dem die Preiskurven für die Erzeuger wichtiger werden, entstehen auch neue Ideen. So etwa die Ost-West-Ausrichtung von Photovoltaikanlagen, um gezielt morgens und abends bei hoher Nachfrage – und damit hohem Preis – Strom erzeugen zu können, oder das Einbinden von Wind und Sonne in virtuelle Kraftwerke, die sich am Markt optimal aufstellen können.

Marktkonformität wird belohnt

Gleichzeitig bietet das Marktprämienmodell einen Anreiz für die bessere Prognose der erzeugten Strommengen, sowie für die Steuerbarkeit der Erzeugungsanlagen, um genau zum richtigen Zeitpunkt Strom einspeisen zu können oder das Kraftwerk vom Netz zu nehmen. In jedem Fall wird derjenige Erzeuger belohnt, der sich nach dem Markt richtet. Dieses marktgetriebene Verhalten wiederum hat direkte Vorteile für den Markt wie auch für die Netze: Je marktkonformer sich Erzeuger und Vermarkter von Strom aus Wind und Sonne verhalten und je genauer die Vorhersagen zur Erzeugung sind, umso stabiler wird das Gesamtsystem.
Doch die Akzeptanz der neuen Vermarktungsmöglichkeiten bei Erzeugern und Investoren ist noch gering. „Windkraft-, Sonnen- oder Biomasseanlagen werden heute, von Ausnahmen einmal abgesehen, genauso entwickelt und gebaut wie vor der Einführung des Marktprämienmodells“, sagt Matthias Heldmann. „Die Branche ist noch von den festen EEG-Einspeisevergütungen geprägt und generell sehr darauf bedacht, Risiken zu vermeiden. Dass Risiko und Chance sich immer die Waage halten, wird hier noch nicht wahrgenommen, die Betonung liegt nach wie vor auf dem Sicherheitsgedanken einer festen Vergütung.“
Aus diesem Grund plädiert Heldmann für die Weiterentwicklung der Förderung der erneuerbaren Erzeugung, damit die Erzeuger noch besser auf die Preissignale am Spot-Markt reagieren. Kurzfristig könnten mit einer zielgerichteten Ökostromförderung mehr Marktintegration und höhere Kosteneffizienz erreicht werden. Mittelfristig sollte nach Ansicht von MVV Energie geprüft werden, bei der Vermarktung auch Auktionsmodelle anzuwenden. Diese können erneuerbare Erzeugung effizienter fördern, ohne die notwendige Investitionssicherheit aufzugeben, die ein wesentlicher Vorteil des EEG ist.
MVV Energie hat sich in diesem Marktumfeld als Vermarkter von Strom aus erneuerbaren Anlagen einen Namen gemacht. „Unser Vorteil ist, dass wir nicht nur Vermarkter sind, sondern die gesamte Versorgerpalette im Hintergrund haben“, erklärt Heldmann den Erfolg. Ein Beispiel für die breite Leistungspalette des Unternehmens ist die Idee, Eigenerzeugung aus Photovoltaik mit einem umfassenden Beschaffungsmanagement zu kombinieren. „Viele der über 30.000 Standorte unserer Kunden wollen künftig mehr auf Eigenerzeugung setzen, und genau dafür haben wir ein Produkt entwickelt, das den Anforderungen Rechnung trägt“, so Heldmann. „Der Kunde erzeugt einen Teil seines Strombedarfs mit seiner Photovoltaikanlage, und wir übernehmen das gesamte Portfolio-Management, gleichen die Bedarfs- mit der Erzeugungskurve ab und kaufen die benötigte Restmenge über unsere strukturierte Beschaffung ein.“ Speziell für Unternehmen, die keinen großen Wärmebedarf haben und deswegen kein Blockheizkraftwerk bauen können, ist dies eine Möglichkeit, in eine sinnvolle Eigenerzeugung einzusteigen.
Eine weitere Variante, um erneuerbare Energien marktfähig zu machen, ist die Steuerung mehrerer Anlagen, die technisch zusammengefasst sind und deren Erzeugung gemeinsam vermarktet wird. Sind diese virtuellen Kraftwerke in ihrer Leistung steuerbar, hat das Vorteile für die Vermarktung, da die Erzeugung auf die Marktsituation reagieren kann. MVV Energie integriert derzeit alle größeren Sonnenenergie-Anlagen im Vermarktungsportfolio in ein solches virtuelles Kraftwerk. Zum Start wurde gemeinsam mit Kooperationspartnern der Photovoltaikpark im baden-württembergischen Rauenberg eingebunden. „Dieser steuerbare Photovoltaikpark ist technisches Neuland, das wir zusammen mit unseren Partnern betreten haben“, erklärt Matthias Heldmann. „Damit setzen wir ein weiteres Signal dafür, dass wir den Strom aus erneuerbaren Energien in unser Energiesystem integrieren. Mit der Nutzung des virtuellen Kraftwerks können wir nun auch unseren Kunden mit Solaranlagen neue, attraktive Vermarktungsmöglichkeiten anbieten.“

(bs)


Stichwörter: Finanzierung, MVV Energie, EEG


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