InterviewEnergiewende als Chance begreifen
Herr Dr. Maxelon, Sie sind seit April dieses Jahres Vorstandsvorsitzender der Mainova AG. Wie haben Sie den Start erlebt?
Ich habe mich sehr über den freundlichen und offenen Empfang bei Mainova gefreut. Zugleich fand ich ein kraftvolles Unternehmen mit kompetenten und motivierten Kolleginnen und Kollegen vor. Die neue Aufgabe setzt bei mir Energie frei und macht mir Spaß.
Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit bei Mainova gesetzt?
Mir ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass wir in eine Vorwärtsbewegung kommen. Dazu braucht es klare Ziele. Auf diese Weise geben wir unseren rund 3.300 Energiewendemachern einen Rahmen, damit sie sich entfalten können – und so zugleich die Kräfte der Organisation freisetzen. Das sehe ich als meine zentrale Aufgabe als derjenige, der die Letztverantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg dieses Unternehmens trägt.
Wie möchten Sie die Unternehmenskultur bei Mainova gestalten und weiterentwickeln?
Ich schätze das menschliche Miteinander bei Mainova über alle hierarchischen Ebenen hinweg. Diesen Teamcharakter möchte ich stärken. Und ich nehme eine Begeisterung für Leistung und Innovation wahr. Der Wunsch, neue Wege zu gehen, zeigt sich in jeder Wertschöpfungsstufe. Ich bin zuversichtlich, dass wir den Wandel gemeinsam bewältigen und die Energiewende als Chance begreifen können.
Gibt es bestimmte Projekte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Als übergeordnetes Ziel steht für mich das Gelingen der Energiewende an erster Stelle. Mainova ist dafür sehr gut aufgestellt. Wichtig ist neben dem wirksamen Klimaschutz, dass Energie bezahlbar und die Versorgung sicher bleibt.
Mainova hat im abgelaufenen Geschäftsjahr ein gutes Ergebnis erzielt. Wie wollen Sie diesen Erfolg fortsetzen?
Unser Halbjahresergebnis 2024 auf Vorjahresniveau bestätigt unseren Kurs. Mainova ist gut aufgestellt, um die Energiewende aktiv mitzugestalten: Mit dem erklärten Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein, investieren wir bis 2028 rund 2,6 Milliarden Euro in den Umbau der Erzeugung, den Ausbau der Wärmeversorgung, die Stärkung des Stromnetzes und die Erweiterung unseres Beteiligungsportfolios. Unsere Beteiligungen liefern einen signifikanten Ergebnis-Beitrag. Die strategische Diversifizierung unserer Wertschöpfung setzen wir fort. Daher werden wir beispielsweise auch gemeinsam mit dem Partner BlackRock die Präsenz unserer Tochtergesellschaft Mainova WebHouse im wirtschaftlich hochinteressanten Rechenzentrumsmarkt noch stärker ausbauen.
Wie treiben Sie die Dekarbonisierung der Erzeugungsanlagen weiter voran?
Wir haben dafür einen sehr konkreten Plan mit vielen Bausteinen. Unter anderem haben wir gerade unseren Transformationsplan für den Ausbau und die Vergrünung der Fernwärme in Frankfurt vorgestellt. Bereits bis 2026 rüsten wir unser Heizkraftwerk West von einem Kohle- zu einem wasserstofffähigen Gaskraftwerk um. Das künftige Wasserstoff-Kraftwerk wird neben dem Müllheizkraftwerk mit seiner CO₂-neutralen Wärme weiterhin einen bedeutenden Anteil an der Wärmeerzeugung in Frankfurt haben. Gleichzeitig werden künftig zunehmend regenerative Erzeugungsquellen in die Fernwärme integriert. Dazu gehören verstärkt Umwelt- und Abwärme in Kombination mit Großwärmepumpen, Geothermie, Biomasse sowie auch Power-to-Heat-Anlagen.
Wie sieht es beim Ausbau der erneuerbaren Energien aus?
Mainova betreibt aktuell an 19 Standorten Photovoltaik- und Windkraftanlagen mit zusammen rund 240 Megawatt Leistung und erzeugt damit rund 450 Gigawattstunden Ökostrom im Jahr. In den kommenden Jahren wollen wir die Leistung an Solar- und Windkraftanlagen um 500 Megawatt fast verdreifachen. Darüber hinaus unterstützen wir unsere Kundinnen und Kunden mit innovativen Energielösungen bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele. Zum Beispiel bei der Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren zu Heizzwecken oder dem großflächigen Einsatz von Geothermie wie für das Klimaschutzquartier Hilgenfeld in Frankfurt mit rund 160 Erdwärmesonden für die künftige Versorgung von rund 860 Wohnungen.
„Wir haben einen konkreten Plan mit vielen Bausteinen.“
Der Ausbau des Fernwärme- und Stromnetzes ist ein zentrales Thema. Was sind die nächsten Schritte?
Gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern erweitern wir die Leistung des Frankfurter Stromnetzes in den kommenden Jahren um mehr als die Hälfte. Hinzu kommt der massive Ausbau der Fernwärme. Bis 2040 erweitern wir das Fernwärmenetz in Frankfurt um bis zu 450 Kilometer. Dafür schließen wir zunächst bis zu 60 städtische Liegenschaften, die noch mit Erdgas versorgt werden, als Ankerkunden an die Fernwärme an. Entlang der dafür vorgesehenen Trassen steht dann auch den Anliegern die Fernwärme zur Verfügung. Erste Baumaßnahmen starten voraussichtlich ab Mitte 2025. Neben der Fernwärme werden dort, wo sie nicht hinkommt, künftig elektrische Wärmepumpen und besonders auch Hybridsysteme in Kombination mit Gas-Brennwertkesseln zur Spitzenlastabdeckung eine tragende Säule in der Wärmeversorgung bilden.
Wie wollen Sie die finanziellen Herausforderungen der Energiewende meistern?
Mainova plant für den klimafreundlichen Umbau der Energie- und Wärmeversorgung eine Eigenkapitalerhöhung in Höhe von einer Milliarde Euro, die uns in die Lage versetzen wird, weiteres Fremdkapital zu aktivieren. Für diese Eigenkapitalstärkung hat die Hauptversammlung im vergangenen Jahr genehmigtes Kapital geschaffen. Im August 2024 hat der Aufsichtsrat der Ausgabe einer ersten Tranche von neuen Aktien im Gegenwert von rund 400 Millionen Euro zugestimmt. Klar ist aber: Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Die erforderlichen Investitionen können nur gestemmt werden, wenn Energieversorger, Finanzwirtschaft und privates Kapital sowie der Staat an einem Strang ziehen und alle Möglichkeiten der Finanzierung ausschöpfen. Auch Energiekundinnen und -kunden werden dazu einen Teil beitragen müssen. Aber sinnvolle Energiewende heißt für uns auch: für den Endkunden bezahlbar.
Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um Ihre Pläne erfolgreich umzusetzen?
Zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende gehören neben der Finanzierung unter anderem die Verfügbarkeit von Baufirmen, Fachkräften und Material. Wir benötigen einfachere und schnellere Genehmigungen auch auf kommunaler Ebene, eine effektive und an den Zielen orientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für Um- und Ausbaumaßnahmen. Vor allem aber muss es gelingen, Wohlstand und sozialen Zusammenhalt in Deutschland zu sichern.
Können Sie uns einen Ausblick auf zukünftige Projekte und Visionen der Mainova geben?
Die eigene Zukunft selbst in die Hand zu nehmen, ist eine Fähigkeit, die ein künftig erfolgreiches Unternehmen von denjenigen unterscheidet, die nur heute erfolgreich sind. Damit meine ich, sein Geschäftsmodell selbst so weiterzuentwickeln, dass man auch an zukünftigen Märkten partizipiert und die im Bestandsgeschäft unweigerlich rückläufigen Margen kompensieren kann. Mainova ist ein kraftvolles Unternehmen, das den Anspruch hat, auch in Zukunft eine führende Rolle einzunehmen. Und ich freue mich, Teil dieses Unternehmens zu sein und seine Zukunft mitzugestalten.
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