Belectric DriveElektrisierend einfach
Auf den ersten Blick erinnert nichts an die Vergangenheit des Innovations- und Gewerbeparks Kitzingen (Innopark in Kitzingen). Dort, wo früher US-Soldaten ihre Truppenübungen durchführten, reihen sich heute Gewerbebetriebe aneinander. Dienstleistungen, Handel, Industrie – vieles ist hier vertreten. Nur vereinzelt ragen die Relikte früherer Tage in die Höhe: graue Gebilde aus Beton. „Das ist eine Panzerwaschanlage. Da haben die Amerikaner ihre Panzer geputzt“, erklärt Yusuf Akdeniz. Mit schwerfälligen Kettenfahrzeugen hat der 31-jährige Großkundenbetreuer beim Unternehmen Belectric Drive ansonsten aber wenig zu tun. Viel lieber sitzt er hinter dem Steuer eines schnittigen Sportwagens; in diesem Fall hinter dem eines Tesla Model S. „Dieses Fahrzeug ist ein Traum“, schwärmt er. „Wer einmal in solch einem Auto gesessen hat, will nicht mehr auf einen Benziner umsteigen.“ Etwas enttäuscht gibt Akdeniz dann zu bedenken, dass der Wagen nicht ihm, sondern seinem Chef gehört. Er selbst muss sich mit einem Renault ZOE als Firmenwagen begnügen – ebenfalls elektrisch versteht sich. Doch auch das sei schon etwas besonderes.
Klasse statt Masse
Akdeniz deutet damit etwas an, was derzeit auch die Politik in Berlin beschäftigt: Elektrofahrzeuge sind nach wie vor kein Produkt für die breite Masse, sondern eher die Ausnahme im Straßenverkehr. Laut Kraftfahrt-Bundesamt entfielen im Jahr 2014 nur rund 0,3 Prozent aller Neuzulassungen auf Elektrofahrzeuge. Rund 24.000 der elektrisch betriebenen Autos rollen derzeit über Deutschlands Straßen. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, soll dieser Wert bis zum Jahr 2020 auf eine Million Fahrzeuge ansteigen. Impulse erhofft man sich durch das neue Elektromobilitätsgesetz (EmoG), das Sonderregelungen vorsieht. Wenn es im Februar 2015 in Kraft tritt, soll es Kommunen unter anderem ermöglichen, Parkplätze für Elektrofahrzeuge zu reservieren oder die Mitnutzung der Busspur zu erlauben. Zudem will die Bundesregierung steuerliche Anreize schaffen: Wer bis zum Jahr 2015 ein E-Auto kauft, soll zehn Jahre lang von der Kraftfahrzeug-Steuer befreit werden. All das soll dazu führen, den Umstieg auf die Elektromobilität für Bürger und Unternehmen so schmackhaft wie möglich zu machen.
Testfeld Innopark
Doch was nützen all die Privilegien, wenn es nach wie vor an einer flächendeckenden Infrastruktur für Elektrofahrzeuge fehlt, denkt sich Hansgeorg Molnar, Software-Entwicklungsingenieur bei der Firma Padcon, die im Innopark in Kitzingen Systemlösungen für Solarkraftwerke anbietet. Auch er fährt mit einem Renault ZOE zur Arbeit und ist ein bekennender Anhänger der Elektromobilität. „Meine Familie war anfangs recht kritisch eingestellt“, sagt er. „Mittlerweile sind sie aber hellauf von dem Fahrzeug begeistert. Unser Audi A6, den wir sonst benutzen, steht nur noch rum.“ Dass dies möglich ist, verdankt er auch dem ganzheitlichen Ladesystem von Belectric Drive. Insgesamt zehn Ladestationen hat das Unternehmen auf dem 55 Hektar großen Gelände des Gewerbeparks installiert und zur freien Verfügung gestellt. Das Angebot wird mittlerweile sowohl von den Mitarbeitern von Belectric Drive als auch von weiteren ansässigen Unternehmen im Innopark in Kitzingen ausgiebig genutzt.
Plug and Play
Belectric Drive möchte Nutzern von E-Autos einen möglichst reibungslosen Ladevorgang ermöglichen und den Unternehmen gleichzeitig eine flexible Lösung zum Einsatz der Elektromobilität in die Hand geben. Das beginnt bereits beim Design der Ladeboxen. „Die Ladeboxen funktionieren nach dem Prinzip Plug and Play“, erklärt Akdeniz. Durch ihre kompakte Form seien sie nicht nur sehr platzsparend, sondern könnten auch innerhalb weniger Minuten ausgetauscht werden; sollte einmal etwas defekt sein oder die Anlage nicht mehr den aktuellen technischen Anforderungen entsprechen. Zudem sei es möglich, die Ladestation nach der Installation über ein Ferndiagnosesystem zu warten. „Dadurch reduzieren sich die Wartungs- und Servicekosten der Anlage um bis zu 70 Prozent“, versichert Akdeniz. Beim täglichen Einsatz kann der Betreiber über ein Online-Management-System die Ladeboxen nach Belieben per Mausklick überwachen und steuern und so beispielsweise zeitlich festgesetzte Tarife für jede Ladestation bestimmen. Von dem System profitiert laut Belectric Drive aber auch der Fahrzeugnutzer: Über ein Online-Portal wird in Echtzeit angezeigt, ob eine Ladebox gerade belegt ist – ein Dienst, der ebenso über Apps und Navigationssysteme in Anspruch genommen werden kann. Die Fahrzeugnutzer können dann bequem die nächstgelegene freie Ladebox ansteuern. #bild2
Die Ladestationen werden optional mit Strom aus Photovoltaikanlagen gespeist. Hierfür bietet Belectric Drive als Teil der Belectric-Unternehmensgruppe mehrere Lösungen an: Beim Solar-Carport-Ladebox-System wird der Strom aus einzelnen Modulen gewonnen, die auf der Überdachung der Ladestation angebracht sind. Ein stationärer Batteriespeicher nimmt den überschüssigen Solarstrom auf und gibt ihn bei Bedarf wieder ab. Alternativ bietet es sich an, den Strom von einer Freiflächenanlage zu beziehen. Beim Lade-Management setzt Belectric Drive auf die Optimierung des Eigenverbrauchs und Entlastung des Stromnetzes. Über einen eingebauten Ladebox-Controller kommunizieren die Ladesysteme zwischen Elektrofahrzeugen, regenerativen Erzeugungsanlagen und weiteren Verbrauchern und Erzeugern.
Flexible Abrechnung
Für Molnar sind solche Aspekte eher nebensächlich. Als Elektrofahrzeugnutzer ist er in erster Linie am eigentlichen Ladevorgang interessiert. Unkompliziert und schnell muss es sein. Und hier kann das Konzept von Belectric Drive durchaus punkten: „Es ist ein einfaches System. Da geht die Klappe auf und man steckt das Kabel rein – fertig. Auch die Kommunikation funktioniert“, sagt Molnar. Geladen werden kann wahlweise mit einem Schuko-Stecker oder dem europaweit genormten Ladestecker vom Typ 2, der kurze Ladezeiten ermöglicht. Die Abrechnung erfolgt bequem mittels SMS oder App über das Smartphone. Der Endnutzer bezahlt entweder über die Mobilfunkrechnung oder per Prepaid-Guthaben. Das System unterstützt zudem alle gängigen RFID-Karten. ChargeNow Ladekarten des Autoherstellers BMW oder die Intercharge App werden ebenfalls unterstützt. „Man braucht verschiedene Bezahlmöglichkeiten, weil es noch so viele Standards gibt“, begründet Akdeniz das breite Angebot. Früher sei es noch geläufig gewesen, dass Ladestationen nur in Verbindung mit einem Anbieter verwendet werden konnten. „Um Strom tanken zu können musste man beispielsweise zugleich Kunde des Energieversorgers sein, der die Ladestation betreibt“, erklärt Akdeniz. Das Bezahlen sei nun wesentlich flexibler und kundenfreundlicher. Einzig die Verwendung von Bargeld bleibt dem Nutzer verwehrt. Doch auch hier hat der Großkundenbetreuer die passende Lösung parat: Wer nicht weiß, wohin mit dem ganzen Kleingeld, der kann die Ladestation bei Bedarf auch als Werttresor verwenden. Ganz nebenbei wird das Smartphone geladen.
Ladekonzept kommt an
Belectric Drive bietet das Ladekonzept mit integriertem Online-Portal, individueller Abrechnungsmöglichkeit und Schließfachfunktion auch für Elektro-Fahrräder an – als einziger Anbieter in Deutschland überhaupt, versichert Akdeniz. Dass das Konzept aufgeht, zeigen die Statistiken: 300 Ladepunkte hat das Unternehmen mittlerweile europaweit installiert. Mehr als 10.000 Ladevorgänge wurden bislang registriert. „Wir stellen fest, dass die Elektromobilität bereits im Alltag angekommen ist. Es läuft – und das sieht man“, sagt Akdeniz. „Wichtig ist nur, dass die Leute auch weiterhin in diese Richtung denken.“
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