Power Purchase AgreementEine Win-win-win-Situation
Immer mehr Erneuerbare-Energien-Anlagen entstehen auf Basis einer Stromkaufvereinbarung, dem so genannten Power Purchase Agreement (PPA). Mittels PPA hat etwa das Unternehmen Air Liquide mit Vattenfall seinen bislang größten, 15 Jahre laufenden Stromabnahmevertrag geschlossen. Geliefert werden aus den Niederlanden jährlich rund 500 Gigawattstunden (GWh) erneuerbarer Strom aus dem Offshore-Windpark Hollandse Kust Zuid. Zahlreiche Direktlieferverträge mit Betreibern von Windenergieanlagen hat außerdem der Versorger Naturstrom für das Jahr 2022 abgeschlossen. Insgesamt 324 Anlagen mit einer Leistung von 200 Megawatt (MW), bei denen die EEG-Vergütung ausgelaufen war, wurden unter Vertrag genommen. Der Grünstrom wird nun direkt vermarktet. Auch RWE Supply & Trading vertreibt künftig per PPA Strom aus einem neuen Solarpark der Firma Enerparc im oberhessischen Lauterbach. Die Anlage leistet rund 57 MW.
Das Unternehmen Schoenergie hat in der Gemeinde Nalbach im Landkreis Saarlouis die größte Photovoltaik-Freiflächenanlage des Saarlands errichtet. Die dort erzeugten 7,4 MW werden über die Stadtwerke Trier vertrieben. Und auch Uniper und Entega werden ab dem Jahr 2024 300 GW auf diese Art erzeugen und vertreiben. Als grüne Stromquelle dient hier die Wasserkraft am Lech.
Bei Green PPA handelt es sich in der Regel um mittel- bis langfristige Verträge, die zwischen einem Abnehmer und einem Erzeuger geschlossen werden. Im Vordergrund stehen die Herkunftsnachweise von grünem Strom. Es sind Versorgungsverträge im Sinne des § 3 Nr.18a EnWG (Energiewirtschaftsgesetz). Die Laufzeiten von bis zu 20 Jahren sind vor allem durch die Investitionen in die Anlagen begründet. Das Modell ähnelt dem des Contracting, bei dem der Contractor eine bestimmte Energiemenge liefern muss und ihm überlassen bleibt, wie er das tut. Gleichzeitig garantieren die langen Laufzeiten einen stabilen Strompreis über den gesamten Zeitraum hinweg.
Verschiedene Modelle
PPA-Modelle gibt es mehrere. Beim so genannten On-site-PPA erfolgt eine direkte physische und nicht nur eine bilanzielle Stromlieferung. Das bedingt räumliche Nähe zwischen Erzeuger und Verbraucher. Netzentgelte könnten so ent- oder geringer ausfallen. Eine rein bilanzielle Abnahme zwischen Erzeuger und Verbraucher erfolgt hingegen beim Off-site PPA. Die zu liefernde Strommenge wird festgelegt, das Netz entsprechend beansprucht. Vorteil ist die räumliche Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch. Beim Sleeved PPA handelt es sich um eine Variante des Off-site PPA. Ein Energiedienstleister übernimmt hier die Prozesssteuerung voll oder teilweise. Dazu können auch der Verkauf von Überschussmengen oder die Vermarktung der entstehenden Grünstrom-Zertifikate gehören. Finanzielle PPA schließlich entkoppeln physische und finanzielle Stromflüsse. Das ermöglicht flexiblere Verträge. Grundlage ist ein Preis je Kilowattstunde (kWh) Strom, der dann aus unterschiedlichen Quellen stammen kann. Ein Contract for Difference sorgt für Ausgleichszahlungen bei Abweichungen von diesem Festpreis. Einen Leitfaden für das Green-PPA-Vertragswesen bietet die Deutsche Energie-Agentur (dena) zum Download an.
Der monetär bedeutsamste Aspekt des PPA ist die Anlagenfinanzierung jenseits des EEG. Aufgrund ihrer Größe nehmen die Anlagen nicht an den Ausschreibungen teil. Ihre Finanzierung erfolgt zwischen dem Auftraggeber, also dem Stromgroßkunden, den Anlagenbetreibern (die im engeren Sinne die Vertragspartner sind) und dem Netzbetreiber. Allen dreien winkt eine Win-win-win-Situation, da sie einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien für sich verbuchen können.
Green PPA erforderlich
„Die Monetarisierung von CO2-Emissionen sowie Reputationsrisiken zwingen die Unternehmen dazu, solche Geschäftsmodelle anzupassen, in denen Emissionen einen Wert bekommen“, erklärt Folker Trepte, Partner und Leiter Energiewirtschaft bei PricewaterhouseCoopers (PwC) Deutschland. „Langfristige grüne Lieferverträge – so genannte Corporate Green PPA – können wesentlich dazu beitragen, einen signifikanten Teil der Emissionen im Unternehmen zu marktfähigen Bezugskosten glaubhaft zu senken.“ Technologieentwicklungen verbessern nach Angaben von Trepte die nivellierten Stromgestehungskosten und machen grünen Strom zur rentablen Wahl. Unternehmen, die geförderten Grünstrom beziehen, können dies aufgrund des Doppelvermarktungsverbots im EEG für ihre Klimabilanz aber zum Teil nicht nachweisen. Gegenüber dem Abnehmer glaubhaft wird die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks mit aus der Erzeugungsanlage gekoppelten Herkunftsnachweisen. Dafür brauche die Industrie die Green PPA, so Trepte. Für größere Energieverbraucher könne darüber hinaus eine Direktinvestition in Erneuerbare sinnvoll sein. Die Strombezugsseite sei dadurch dauerhaft gesichert, freies Kapital werde angemessen verzinst.
Green PPA sind trotzdem keine Selbstläufer. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mahnte erst kürzlich bessere Rahmenbedingungen an. Denn es sind auch einige Nachteile zu beachten. Die dena nennt hier die Risikoverteilung sowie Finanzierungsrisiken. Zudem fehlen Standards im Green-PPA-Markt. Abnehmende Unternehmen, die nicht über genug Know-how im Markt verfügen, brauchen Unterstützung beim Abschluss eines Green PPA. „Unterhalb von zehn Gigawattstunden im Jahr stehen die Erlöse eventuell nicht im Verhältnis zu den Kosten der Vertragsverhandlung und der Bewirtschaftung. Die langen Laufzeiten übersteigen den originären Planungszeitraum von Abnehmern“, sagt Folker Trepte.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September/Oktober 2022 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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