InterviewEin Miteinander der Technologien
Herr Diaz, noch immer gilt Deutschland beim Breitbandausbau im Vergleich zu anderen Ländern als Nachzügler. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Deutschland ist relativ dicht besiedelt, es ist deshalb eine Herausforderung, alle Regionen mit schnellen Internet-Anschlüssen zu versorgen. Hinzu kommt der große Bedarf an hohen Bandbreiten. Über den zentralen Internet-Knoten in Frankfurt am Main laufen punktuell mehr als zehn Terabyte Daten pro Sekunde. Das sind Raten, die andere Länder nicht verzeichnen. Eine weitere Herausforderung ist, dass derzeit alle gleichzeitig ausbauen wollen. Denn der politische Rahmen stimmt, die Förderprogramme sind da und der Breitbandausbau wird von allen politischen Entscheidungsträgern auch in den Kommunen gefördert und forciert. Dennoch gibt es immer noch graue beziehungsweise weiße Flecken, weil die Planungs- und Tiefbaukapazitäten für den Ausbau knapp sind. Wir sehen hier auch aufgrund des Fachkräftemangels einen echten Engpass. Frühere Ausbildungswege etwa zum Fernmeldemonteur gibt es nicht mehr. Personal im Bereich Festnetz und Mobilfunk mit Spezialqualifikation wie Spleißen, Steiger- und Sicherheitsausbildung ist beispielsweise nicht mehr so leicht zu finden.
Nun soll alles besser werden. Mitte Juli 2022 hat das Bundeskabinett eine neue Gigabitstrategie verabschiedet. Wie bewerten Sie die Pläne, sind die Ziele zu erreichen?
Die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen für jedermann bis 2030 ist aus unserer Sicht realistisch, wenn man von einer Abdeckung von nahezu 100 Prozent ausgeht. Die Förderprogramme wirken. Das sehen wir bei unseren Kunden, etwa Energieversorgern oder Netzbetreibern. Auch die Kopplung von Glasfaser- und Mobilfunkstrategie ist richtig. Die Arbeit des Gigabitbüros des Bundes bewerten wir positiv. Im Rahmen der Qualifizierungsstrategie werden Bauämter und Genehmigungsbehörden geschult. Dabei gilt, dass die Planungsverfahren so behandelt werden wie Energie-, Gas- und Wassernetze. So kann der Ausbau der digitalen Infrastruktur beschleunigt werden, weil Kommunen die Baufreigaben schneller erteilen können.
In den Breitbandausbau fließt derzeit viel Kapital. Sorgt der Wettbewerb für mehr Schub?
Wir sehen keine substanzielle Beschleunigung des Breitbandausbaus, wenn Finanzinvestoren ganze Firmengruppen übernehmen. Das führt eher zu einer Konzentration am Anbietermarkt, sodass immer weniger Dienstleister übrig bleiben. Wir selbst haben als strategischer Investor reagiert und Mitte des Jahres mit der Rhön-Montage Gruppe eine große, etablierte Unternehmensgruppe mit rund 400 Mitarbeitenden und jahrelanger Erfahrung im Breitbandausbau übernommen. Gleichzeitig investieren wir gezielt in Aus- und Weiterbildung sowie schnellere und umweltschonendere Ausbauverfahren wie Trenching oder Spülbohrungen. Aus unserer Sicht wird der Wettbewerb dann beschleunigt, wenn es mehr Akteure wie uns gibt, welche Dienstleistungen wie Planung, Bau, Wartung und Services aus einer Hand anbieten können.
„Was die Technik betrifft, ist die Smart City keine Zukunftsvision mehr.“
Der Geschäftsbereich Broadband & Carrier Solutions von Axians spielt dabei eine Rolle. Welche Produkte und Dienstleistungen bieten Sie hier an?
Dieser Geschäftsbereich betreut seit Jahren auf allen Ebenen so genannte Carrier, also nationale und regionale Kommunikations- und Datennetzbetreiber, sowohl bei der Infrastrukturplanung als auch beim Netzwerk-Management. Wir bieten spezielle Managed Services etwa für kommunale Unternehmen oder Energieversorger an, die zum Carrier werden wollen. Bei unserem Angebot Broadband as a Services kommen so Rechenzentrumstechnik, ICT-Architektur und Infrastruktur-Betrieb aus einer Hand. Die laufenden Kosten werden über den Managed-Service-Vertrag vergütet. Unsere Kunden können dadurch als Netzbetreiber wachsen und Dienste anbieten, ohne die hohen Anfangsinvestitionen tätigen zu müssen.
Ihr Unternehmen verspricht leicht zu betreibende Infrastrukturen mit hohem Automatisierungsgrad. Was heißt das konkret für die Betreiber von Breitbandnetzen?
Dabei geht es im Wesentlichen um die Automatisierung von Wartungs- und Betriebsprozessen der Netzwerkkomponenten. Wir übernehmen die Automatisierung im Netz, bei den Ports und Netzgeräten sowie System-Patches und das Last-Management. So entlasten wir die Netzbetreiber, denn auch bei ihnen sind die Fachkräfte knapp.
Der Breitbandausbau kann mit verschiedenen Technologien vorangebracht werden. Welche eignen sich für welche Einsatzzwecke?
Grundsätzlich gilt, dass es kein Gegeneinander der Technologien geben sollte, sondern ein Miteinander. Für die Backbone-Netze ist häufig eine Glasfaseranbindung unabdingbar. Bei Campusnetzen ist es wichtig, dass zwei Technologien parallel eingesetzt werden. Die große Fläche wird über den 5G-Standard abgedeckt. Als Back-up bei der Indoor-Versorgung dient ein WLAN. Diese Kopplung ist insbesondere dann ratsam, wenn daran Betriebsprozesse von Unternehmen hängen. Wir haben bereits solche 5G-Campusnetze als fertige Ende-zu-Ende-Lösung für Produktionsanlagen gebaut. Auch bei der Vernetzung von Arenen empfehlen wir für ein stabiles Besuchernetz eine Kopplung von 5G und WLAN.
Wofür eignet sich ein Long Range Wide Area Network (LoRaWAN)?
Die reichweitenstarken Niedrigenergienetze eignen sich sehr gut für die Ver- und Entsorgungswirtschaft etwa zur Vernetzung von Energieanlagen. Ein Beispiel ist der Zweckverband Ostholstein, für den wir eine LoRaWAN-Infrastruktur aufgebaut haben. Die Anwendungsbereiche reichen über die gesamte Vielfalt des Internet of Things (IoT): von der digitalen Füllstandsüberwachung von Abfall-Containern über intelligente Wasser- und Stromzähler bis hin zur Wartezeitüberwachung am Recyclinghof. Ein LoRa-Netz kann mit wenig Infrastruktur betrieben werden, bietet allerdings geringere Bandbreiten und stößt bei hohen Datenmengen an seine Grenzen. Hier kommt dann beispielsweise 5G ins Spiel.
Breitbandnetze sind auch die Basisinfrastruktur für die Smart City. Was können die verschiedenen Technologien in diesem Zusammenhang leisten?
Bei der Smart City geht es um die Vernetzung von vielen unterschiedlichen Bereichen und dabei kommen sämtliche Technologien zum Einsatz. LoRa- oder 5G-Netze können für Dienste im Bereich Daseinsvorsorge in der Fläche, aber auch beim Thema Elektromobilität genutzt werden. Wallboxen und öffentliche Ladestationen können drahtlos oder kabelgebunden vernetzt werden, was zur Betriebsstabilität beiträgt. Zudem können Wartungsfälle frühzeitig erkannt werden. 5G-Netze spielen künftig bei der Mobilität in Städten eine Rolle. Busse, Bahnen und auch Taxis werden in Zukunft autonom fahren, über eine eigene SIM-Karte mit dem Mobilfunknetz verbunden sein oder über eigene 5G Telematic Units verfügen. Außerdem kann die Navigation in der Smart City über Sensoren und Kameras an die jeweilige Verkehrssituation angepasst werden. Unternehmen wiederum haben die Möglichkeit, mit 5G-Campusnetzen ganze Betriebsabläufe über einen digitalen Arbeitsplatz von zu Hause aus zu steuern. Manuelle Aufgaben vor Ort übernimmt ein Roboter. So können mehr Menschen im Homeoffice arbeiten, ohne dass die Betriebe ihre Werke aufgeben. Das ermöglicht attraktivere Arbeitsplätze und neue Lebensmodelle. Was die Technik betrifft, ist die Smart City jedenfalls keine Zukunftsvision mehr.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2023 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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