Breitband-InternetDigitale Kluft aus dem Orbit schließen
Breitband-Internet ist zu einem der wichtigsten Standortfaktoren für Kommunen geworden. Nicht nur die Wirtschaft ist auf schnelle Datenkommunikation angewiesen, auch die Bürger verlangen einen Anschluss an das World Wide Web mit akzeptablen Bandbreiten – und die liegen nicht mehr bei Datenübertragungsraten von einem oder zwei Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Gerade ländliche Regionen sind in Gefahr, von der Datenautobahn abgeschnitten zu werden. Oftmals findet sich hier kein Telekommunikationsunternehmen bereit, in den Ausbau des Breitband-Netzes zu investieren.
Experten raten deshalb, bei der Schaffung schneller Internet-Anschlüsse alle technologischen Optionen in Betracht zu ziehen. Denn während in anderen Ländern – staatlich gefördert – flächendeckend Glasfaserkabel verlegt werden, hat sich Deutschland für den Wettbewerb nicht nur der Anbieter, sondern auch der Technologien entschieden. Aber nicht jede Technologie eignet sich für jede Region. Und der Ausbau von Glasfasernetzen, die als zukunftssicher gelten, weil sie die höchsten Bandbreiten ermöglichen, kommt nur schleppend voran. Ein Grund: Die Verlegung der Kabel ist sehr teuer. Schätzungen gehen davon aus, dass für eine flächendeckende Glasfaser-Infrastruktur bundesweit rund 70 Milliarden Euro investiert werden müssten.
Eine Alternative bietet die Aufrüstung bestehender Telefonanschlüsse durch die Vectoring-Technologie. Mit dem Verfahren sind im heute bestehenden kupferbasierten Teilnehmeranschlussnetz höhere Übertragungsraten möglich, als dies bisher bei der schon fortgeschrittenen VDSL-Technik der Fall ist. Durch das Vectoring wird die gegenseitige Störung aus benachbarten Kupferdoppeladern eines Kabels reduziert. Nach dem derzeitigen Stand der Technik ist allerdings nur der Zugriff eines einzigen Unternehmens auf alle Kupfer-Doppeladern am Kabelverzweiger möglich, ein entbündelter Zugriff – sofern es um den Einsatz von VDSL-Technik geht – aber nicht mehr.
Die Einführung des Verfahrens ist umstritten. Der Deutschen Telekom wird vorgeworfen, sie wolle mithilfe von Vectoring die Kontrolle über die Kabelverzweiger zurückgewinnen. Die Bundesnetzagentur hat grundsätzlich bereits entschieden, dass Vectoring erlaubt ist. Mitte Juli hat die Regulierungsbehörde ihren Entscheidungsvorschlag für die Einführung der Vectoring-Technologie im Netz der Telekom der EU-Kommission zur Stellungnahme zugesandt. Ende August gab die EU-Kommission grünes Licht. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, erklärte, jetzt könnten investitionswillige Unternehmen den Breitband-Ausbau zügig vorantreiben.
Allerdings gilt Vectoring als Übergangstechnologie. Mit dem Verfahren werden vorhandene Kupferkabel besser ausgenutzt und damit die Breitband-Versorgung beschleunigt. In Zukunft werden jedoch die damit möglichen Datenübertragungsraten von 50 oder 100 Mbit/s nicht mehr ausreichen.
Internet by Satellite
Eine weitere Alternative zur teuren Glasfaser bietet eine Technologie, die im vorigen Jahrhundert bereits in einem Zukunftsroman beschrieben wurde: Internet by Satellite. Die Datenkommunikation läuft dabei über geostationäre Satelliten, die der Eigenrotation der Erde in über 35.000 Kilometern Höhe folgen. Die Idee zu einem solchen Himmelskörper hatte Arthur C. Clarke. Der britische Science-Fiction-Autor wurde durch den Film 2001: Odyssee im Weltraum bekannt, dessen Drehbuch er gemeinsam mit Regisseur Stanley Kubrick schrieb.
Die Betreiber solcher Satelliten werben damit, dass es durch ihr Angebot keine weißen Flecken mehr gibt. Das französische Unternehmen Eutelsat beispielsweise hat Ende Mai 2011 den Satellit KA-SAT in Betrieb genommen. KA-SAT ermöglicht derzeit Bandbreiten von bis zu 30 Mbit/s im Download. Da auch der Rückkanal über den Satelliten funktioniert, sind im Upload 10 Mbit/s erreichbar. In späteren Ausbaustufen sollen bis zu 50 Mbit/s im Download und 20 Mbit/s im Upload bereitstehen. KA-SAT nutzt die so genannte Spotbeam-Technologie, die es ermöglicht, die Sendebereiche auf bestimmte Gebiete zu fokussieren. Der Satellit sendet gebündelt über 82 solcher Spotbeams und deckt damit ganz Europa ab. Nach Angaben von Eutelsat erlaubt dies eine 20-fache Mehrfachnutzung der Frequenzen, die Gesamtleistung des Satelliten liege dadurch bei über 70 Gbit/s. Eutelsat-Chef Michel de Rosen kommentierte den Einstieg in die neuen Dienste so: „Mit der Inbetriebnahme von KA-SAT, des leistungsfähigsten Satelliten der Welt, schlagen wir ein neues Kapitel für erschwingliche und schnell verfügbare IP-Lösungen auf. Europa schiebt sich damit an die Spitze leistungsstarker Satelliten-Technologie, die einen raschen Beitrag zur Überbrückung der digitalen Kluft leisten kann.“ Allerdings ist Eutelsat vom Ziel, eine Million Nutzer mit Internet-by-Sat-Diensten zu versorgen, noch weit entfernt.
Keine Nischentechnologie
Fachleute räumen der Satelliten-Technologie jedoch gute Chancen ein. Klaus G. Meng, Geschäftsführer der Firma SCISYS, sagt: „KA-SAT ist der erste brauchbare Satellit für Breitband-Internet.“ Der geostationäre Erdtrabant könne in vielen Regionen helfen, schnelle Internet-Zugänge zu schaffen. Allerdings, so der Experte für Satelliten-Software, löse Internet-by-Sat das Problem der letzten Meile nicht, könne aber als Brückentechnologie für einige Jahrzehnte funktionieren. Victor Kühne vom Unternehmen Sat Internet Services meint: „Internet-by-Sat ist keineswegs eine Nischentechnologie. In den USA sind solche Anschlüsse ans Netz weit verbreitet.“ Es sei die schnellste Möglichkeit, viele Kunden zu vertretbaren Kosten ans schnelle Internet anzubinden. Auch Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), glaubt, dass die Bedeutung von Internet-by-Sat gestiegen ist und weiter steigen wird, weil bis 2018 Bandbreiten von bis zu 50 Mbit/s möglich würden.
Das Unternehmen Eusanet hat bereits kleinere Kommunen wie Niederstetten in Baden-Württemberg via Satellit ans schnelle Internet angeschlossen. Geschäftsführer Stephan Schott erläutert: „Bei der kommunalen Ortsnetzversorgung via Satellit wird die vorhandene Infrastruktur aufgerüstet. KA-SAT-Signale werden zentral erfasst und über vorhandene Kabel zum Kunden gebracht.“ Platziert neben die Kabelverzweiger der Telekom könnten die Satelliten-Antennen bis zu 700 Haushalte zu einem Bruchteil bisheriger Kosten versorgen. Die Technologie sei förderfähig und zukunftssicher, weil später auch Glasfaserkabel angeschlossen werden könnten. Schott sagt jedoch: „Hört auf zu träumen, Glasfaser kommt nicht in kleine Kommunen, das ist für die Betreiber einfach nicht wirtschaftlich.“ Und wenn man schon auf Glasfaser warten wolle, so Schott, dann doch mit Highspeed Internet via Satellit.
http://www.eutelsat.de
http://www.satspeed.de
http://www.vatm.de
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