JenaDie Stadt als Kraftwerk
JenErgieReal ist eines von 20 Gewinnerprojekten des Ideenwettbewerbs Reallabore der Energiewende des Bundeswirtschaftsministeriums. Nach umfangreichen Vorüberlegungen konnte die Projektarbeit im November 2022 offiziell beginnen (wir berichteten). Bis zum Jahr 2027 beläuft sich das Projektvolumen für Forschung und Investitionen aller acht Verbundpartner auf über 40 Millionen Euro.
Das Projektkonsortium von JenErgieReal vereint Versorger und Netzbetreiber, Kommunen, Industrie, Wohnungswirtschaft, Wissenschaft und einen Sozialverband. Konkret sind die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck, die Stadtwerke Jena Netze und Thüringens größter Vermieter jenawohnen als Verbundpartner beteiligt, außerdem die Stadt Jena, die Westsächsische Hochschule Zwickau, die Ernst-Abbe-Hochschule Jena, der AWO Regionalverband Mitte-West-Thüringen und der Messgerätehersteller Brunata Metrona.
Erprobung im Stadtmaßstab
Gemeinsam wollen sie in Jena die nachhaltige Versorgung mit thermischer und elektrischer Energie im Stadtmaßstab erproben. Dabei betrachten die Forschenden die Haupttreiber des Energieverbrauchs in Städten übergreifend und vereinen die verschiedenen Systeme der Erzeugung, der Speicherung und des Verbrauchs von Energie auf einer digitalen Infrastruktur. Erstmals wird auch die Elektromobilität als Bindeglied zwischen den Sektoren integriert.
Konkret sollen bis zum Jahr 2027 verschieden dimensionierte elektrische und thermische Großspeicher mit einer Gesamtleistung von 3,75 Megawatt (MW) errichtet werden. Die Anlagen sollen strategisch über das gesamte Gebiet der 110.000 Einwohner zählenden Großstadt verteilt werden. Dabei bilden die ausgewählten Speicherstandorte verschiedene Sektoren des städtischen Energiesystems ab. So soll es Wohnquartiersspeicher in Verbindung mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung geben, aber auch netzdienliche Speicher im Umfeld von Ladesäulen für Elektroautos sowie Pufferspeicher. Erstmals werden Batterien von Elektrofahrzeugen aller Art als Kurzzeit-Energiespeicher in das System integriert. Darüber hinaus sind zusätzliche Photovoltaikanlagen geplant. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich der thermischen Energie. So sollen dezentrale Wärmeerzeugungsanlagen mit einer Gesamtleistung von 2,94 MW gebaut werden, darunter Solarthermieanlagen, Photovoltaikanlagen mit Power-to-Heat-Kopplung und Power-to-Heat-Speicher. Wichtig ist den Projektpartnern, auch Verlustwärme zu nutzen.
Reaktion in Echtzeit
Eine intelligente IKT-Struktur soll alle Anlagen zusammenführen. In der so genannten Energiezentrale laufen die gesammelten Daten aus den integrierten Erzeugungs-, Verbrauchs- und Speicheranlagen zusammen und bilden gemeinsam das virtuelle Kraftwerk. Auf diese Weise entsteht ein Energiesystem aus fluktuierenden regenerativen Erzeugungsanlagen (Sonne, Wind), grundlastfähigen regenerativen Einspeisern (Biogas, Wasser) und passenden Speicherlösungen (Batterien, Pumpspeicherkraftwerke). Durch intelligente Steuerung agieren sie gemeinsam wie ein konventionelles Kraftwerk.
Im Projekt JenErgieReal wollen die Forschenden dieses virtuelle Kraftwerk dafür nutzen, die Lastverteilung im Energienetz positiv zu beeinflussen. Abhängig von der jeweiligen Netzsituation werden Erzeuger, elektrische Großspeicher, Elektromobilität und Verbraucher flexibel eingesetzt, um durch gezieltes Speichern, Entnehmen, Erzeugen oder Freigeben von Energie Lastspitzen zu glätten, Lasten im eigenen und vorgelagerten Netz besser zu verteilen und Rückeinspeisungen zu verhindern. Ein kostenintensiver Netzausbau zur Netzstabilisierung soll so vermieden werden.
Um diesen virtuellen Kraftwerksverbund zu steuern, entwickeln die Forschenden eine passende Hardware- und Software-Architektur. Dafür verwenden sie Smart-City-Ansätze und Methodiken künstlicher Intelligenz. Die Datenerhebung, Auswertung und Ableitung von Steuerbefehlen soll in Echtzeit erfolgen, da nur dann eine positive Auswirkung auf die Netzsituation auftritt.
Innerhalb des Projekts wird zudem die für eine flexible Steuerung und Abrechnung von Lade- und Speichervorgängen nötige eichgerechte Gleichstrom-Messtechnik entwickelt. Dabei wird der in der Energiewirtschaft übliche 15-Minuten-Messstandard zugunsten einer Echtzeitmessung aufgebrochen. Auf dieser Basis wird der automatisierte und individuelle Abschluss von Mikrokontrakten zwischen den verschiedenen Akteuren des virtuellen Kraftwerks möglich, sodass beispielsweise auch Batterien von Elektrofahrzeugen als temporäre Zwischenspeicher genutzt werden können.
Umsetzung im städtischen Umfeld
Auch soziale Aspekte der Energiewende und der Digitalisierung werden berücksichtigt. So wollen die Forschenden im Rahmen des Projekts die Akzeptanz und das Nutzerverhalten als Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen die Skalierung auf den Stadtmaßstab nicht nur technisch, sondern auch in Bezug auf die Einwohner ermöglichen. Ausdrückliches Projektziel ist es, die Energiezentrale zu einem begehbaren Anschauungsort zu machen. Dort sollen verschiedene Veranstaltungen im Projektkontext und darüber hinaus mit Bürgern und Multiplikatoren aus verschiedenen Bereichen der Zivilgesellschaft stattfinden.
Noch stehen die Forschenden am Anfang ihrer auf fünf Jahre angelegten Arbeit. Auf eine etwa zweijährige Phase theoretischer Betrachtungen folgt eine Praxisphase, während der die entwickelten Konzepte vor Ort erprobt werden. Langfristiges Ziel ist es, mit den Erkenntnissen aus JenErgieReal die technische Infrastruktur und das virtuelle Kraftwerk auf die gesamte Stadt Jena zu skalieren sowie Wirtschaftlichkeit und Klimaneutralität zu verbinden. Mit seinem ganzheitlichen und interdisziplinären Ansatz versteht sich das Projekt JenErgieReal als Blaupause für eine wirtschaftliche und sozial akzeptierte klimaneutrale Energieversorgung in Städten.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2023 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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