TK-DiensteDie neue Rolle der Versorger

Die Breitband-Infrastruktur von Stadtwerken errichten zu lassen, ist ein logischer Schritt: Denn sie sind Experten für ihre Region.
(Bildquelle: Gerhard Seybert/Fotolia.com)
Es ist keine neue Erkenntnis: Abseits der großen Städte ist die Breitband-Infrastruktur in Deutschland unterentwickelt. Der Grund ist der enorme Investitionsaufwand, der bundesweit wohl etwa 80 bis 100 Milliarden Euro betragen würde. Doch Breitband gehört zur Alltagsinfrastruktur, ebenso wie Gas, Wasser und Strom. Ohne Gigabit-Netze werden zukünftig digitale Geschäftsmodelle nicht mehr möglich sein.
Entsprechend verändert sich auch die Rolle der Versorger. Es ist ein logischer Schritt, die Breitband-Infrastruktur von ihnen errichten zu lassen. Sie sind Experten für ihre Regionen und können schneller eine lückenlose Versorgung aufbauen als bundesweit agierende Konzerne. Zudem besitzen die Stadtwerke bereits eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Ausbau – die Versorgungsschächte. So beispielsweise die Stadtwerke Kassel: „Wir bauen gerade für unsere Datenkommunikation ein eigenes Breitband-Netz zu verschiedenen wichtigen Punkten in den Versorgungsnetzen auf“, berichtet Andreas Kreher, Geschäftsführer des kommunalen Versorgers Städtische Werke Netz + Service (NSG) in Kassel. „400 Kilometer sind bereits verlegt. Da war es naheliegend, direkt einen vollständigen Ausbau des ganzen Innenstadtbereichs anzustreben.“
Hilfe bei der Vermarktung der Dienstleistungen
Doch das Verlegen von Glasfaserkabeln reicht nicht aus. Das Netz benötigt sowohl aktive Technik als auch Dienste wie Telefonie und Internet. Nun sind allerdings Versorger in der Regel keine Experten für Telekommunikationsdienste (TK-Dienste). Sie sollten sich deshalb Partner suchen, die den Netzbetrieb und einige zusätzliche Services übernehmen, zum Beispiel B2B-Telekommunikationsanbieter. Konkret bedeutet das, dass Services wie Internet- und Sprachdienste oder auch Internet Protocol Television (IPTV) in die Netze eingespeist werden. Informations- und Kommunikationstechnik-Anbieter (ITK-Anbieter) überwachen die Netze in ihren Network Operation Centers (NOC) und bieten technischen Support. Darüber hinaus können die Partner auch bei der Vermarktung der Dienstleistungen helfen. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder treten die kommunalen Versorger selbst als Dienstleister auf oder sie öffnen ihre Netze für andere Anbieter. Am Rande bemerkt: Beides lässt sich auch kombinieren, dann stehen die Versorger allerdings in direkter Konkurrenz zu den TK-Unternehmen.
NSG Kassel öffnet Netz
Die Stadtwerke Kassel haben sich für das Open-Access-Modell entschieden. Das heißt, sie ermöglichen Anbietern den Zugang zu ihren Netzen und damit ihren Kunden. Aus Sicht der Kunden ändert sich wenig. Sie können bei ihrem gewohnten Anbieter bleiben und erhalten von ihm wie bisher die Rechnung. Andererseits stehen ihnen neue Optionen zur Verfügung, und sie können bei Bedarf einen für sie besser geeigneten Tarif wählen. Diese Öffnung sorgt in der Regel dafür, dass die Breitband-Infrastruktur in der Region schnell angenommen wird, und das Netz tatsächlich ausgelastet ist. Dabei verdienen die Stadtwerke mit, sie vermarkten den Zugang zu ihren Netzen gegen eine Gebühr. Für die regionalen Versorger bedeutet dieses Modell vergleichsweise wenig Aufwand, denn die Partnerunternehmen kümmern sich um die technischen Themen, auch um den Zugang zum Netz.
Unterbrechungsfreier Anbieterwechsel
Im Falle von Kassel agiert die QSC-Tochterfirma Plusnet als externer Anbieter im Open-Access-Modell. Standardisierte Prozesse, der unterbrechungsfreie Anbieterwechsel und die Vorabstimmung über WBCI sowie die Leitungsbestellung und Entstörung über S/PRI bieten Sicherheit und Effizienz vor allem auch für kleinere regionale Unternehmen und die Verbraucher. Dazu trägt auch die Entwicklung einer leistungsfähigen Clearing-Ticketing-Plattform zur schnelleren Kommunikation zwischen TK-Anbietern bei. Darüber hinaus erbringt Plusnet die Bitstream-Vorleistungen für den Aufbau des Netzes inklusive der S/PRI-Schnittstelle.
Erst dadurch wird die NSG in Kassel in die Lage versetzt, über Standardschnittstellen Dritten Leistungen anzubieten. Zur Verbesserung der Netzauslastung betreibt Plusnet eine eigene bundesweite Open-Access-Integratorplattform. Sie umfasst nicht nur die technischen Vorrichtungen zur Netzzusammenschaltung, sondern auch die operativen Schnittstellen zum Beispiel für die Beauftragung zur automatisierten Abwicklung der Geschäftsprozesse sowie entsprechende Vertragswerke. Je größer das Netz wird, desto leichter lässt es sich vermarkten und desto mehr Umsätze entstehen – sogar direkt bei den regionalen Versorgern, wenn sie selbst als Anbieter auftreten. In diesem Fall haben sie als Konkurrent der normalen TK-Unternehmen durchaus einen guten Stand, ist doch häufig die Mehrheit der Haushalte in der Region Kunde bei ihnen.
Triple Play möglich
Für die Vermarktung von Breitband-Dienstleistungen betreibt Plusnet daher eine White-Label-Plattform. Auf Wunsch erhalten die Versorger die entsprechenden Prozesse für Triple Play, also Telefonie, Internet und TV. Zum Leistungsumfang zählen Module wie Webshop, Selfservice-Portal, Kundenverwaltung und Abrechnung als komplett webbasiertes Kunden-Management-System. Damit können die kommunalen Versorger ihre Glasfaserprodukte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung anbieten. Die Versorgung von Gewerbegebieten mit Breitband-Anschlüssen und B2B-TK-Lösungen ist ebenfalls möglich.
Ob öffentliche WLAN-Dienste, Telefonie, Cloud-PBX oder IPTV-Angebote – nicht nur die Services von Plusnet, sondern auch von externen Kooperationspartnern lassen sich über die White-Label-Plattform integrieren und vermarkten. Kommunale Betreiber können individuelle Produktpakete schnüren, sich so vom Wettbewerb vor Ort abgrenzen, neue Geschäftsmodelle entwickeln und von Cross-Selling-Einnahmen profitieren. Für dieses Modell haben sich die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim entschieden. Bis zum Jahr 2025 soll das gesamte Stadtgebiet mit rund 50.000 Glasfaseranschlüssen ausgerüstet werden. Den Anstoß für den Aufbau einer eigenen Breitband-Infrastruktur gab das kommunale Smart-City-Konzept. „Mit einem Flickenteppich an Netzen sind smarte Dienste jedoch nicht zu realisieren“, sagt Dirk Fieml, Gesamtprojektleiter bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim.
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Dieser Beitrag ist in der Ausgabe November/Dezember 2018 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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