Sonntag, 22. Dezember 2024

TK-DiensteDie neue Rolle der Versorger

[16.01.2019] Gas, Wasser, Strom und jetzt auch Breitband – die Rolle der Versorger ändert sich. Doch wie können sie digitale Dienste anbieten und abrechnen? Die Lösung liegt in der Zusammenarbeit mit den richtigen Servicepartnern.
Die Breitband-Infrastruktur von Stadtwerken errichten zu lassen

Die Breitband-Infrastruktur von Stadtwerken errichten zu lassen, ist ein logischer Schritt: Denn sie sind Experten für ihre Region.

(Bildquelle: Gerhard Seybert/Fotolia.com)

Es ist keine neue Erkenntnis: Abseits der großen Städte ist die Breitband-Infrastruktur in Deutschland unterentwickelt. Der Grund ist der enorme Investitionsaufwand, der bundesweit wohl etwa 80 bis 100 Milliarden Euro betragen würde. Doch Breitband gehört zur Alltagsinfrastruktur, ebenso wie Gas, Wasser und Strom. Ohne Gigabit-Netze werden zukünftig digitale Geschäftsmodelle nicht mehr möglich sein.
Entsprechend verändert sich auch die Rolle der Versorger. Es ist ein logischer Schritt, die Breitband-Infrastruktur von ihnen errichten zu lassen. Sie sind Experten für ihre Regionen und können schneller eine lückenlose Versorgung aufbauen als bundesweit agierende Konzerne. Zudem besitzen die Stadtwerke bereits eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Ausbau – die Versorgungsschächte. So beispielsweise die Stadtwerke Kassel: „Wir bauen gerade für unsere Datenkommunikation ein eigenes Breitband-Netz zu verschiedenen wichtigen Punkten in den Versorgungsnetzen auf“, berichtet Andreas Kreher, Geschäftsführer des kommunalen Versorgers Städtische Werke Netz + Service (NSG) in Kassel. „400 Kilometer sind bereits verlegt. Da war es naheliegend, direkt einen vollständigen Ausbau des ganzen Innenstadtbereichs anzustreben.“

Hilfe bei der Vermarktung der Dienstleistungen

Doch das Verlegen von Glasfaserkabeln reicht nicht aus. Das Netz benötigt sowohl aktive Technik als auch Dienste wie Telefonie und Internet. Nun sind allerdings Versorger in der Regel keine Experten für Telekommunikationsdienste (TK-Dienste). Sie sollten sich deshalb Partner suchen, die den Netzbetrieb und einige zusätzliche Services übernehmen, zum Beispiel B2B-Telekommunikationsanbieter. Konkret bedeutet das, dass Services wie Internet- und Sprachdienste oder auch Internet Protocol Television (IPTV) in die Netze eingespeist werden. Informations- und Kommunikationstechnik-Anbieter (ITK-Anbieter) überwachen die Netze in ihren Network Operation Centers (NOC) und bieten technischen Support. Darüber hinaus können die Partner auch bei der Vermarktung der Dienstleistungen helfen. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder treten die kommunalen Versorger selbst als Dienstleister auf oder sie öffnen ihre Netze für andere Anbieter. Am Rande bemerkt: Beides lässt sich auch kombinieren, dann stehen die Versorger allerdings in direkter Konkurrenz zu den TK-Unternehmen.

NSG Kassel öffnet Netz

Die Stadtwerke Kassel haben sich für das Open-Access-Modell entschieden. Das heißt, sie ermöglichen Anbietern den Zugang zu ihren Netzen und damit ihren Kunden. Aus Sicht der Kunden ändert sich wenig. Sie können bei ihrem gewohnten Anbieter bleiben und erhalten von ihm wie bisher die Rechnung. Andererseits stehen ihnen neue Optionen zur Verfügung, und sie können bei Bedarf einen für sie besser geeigneten Tarif wählen. Diese Öffnung sorgt in der Regel dafür, dass die Breitband-Infrastruktur in der Region schnell angenommen wird, und das Netz tatsächlich ausgelastet ist. Dabei verdienen die Stadtwerke mit, sie vermarkten den Zugang zu ihren Netzen gegen eine Gebühr. Für die regionalen Versorger bedeutet dieses Modell vergleichsweise wenig Aufwand, denn die Partnerunternehmen kümmern sich um die technischen Themen, auch um den Zugang zum Netz.

Unterbrechungsfreier Anbieterwechsel

Im Falle von Kassel agiert die QSC-Tochterfirma Plusnet als externer Anbieter im Open-Access-Modell. Standardisierte Prozesse, der unterbrechungsfreie Anbieterwechsel und die Vorabstimmung über WBCI sowie die Leitungsbestellung und Entstörung über S/PRI bieten Sicherheit und Effizienz vor allem auch für kleinere regionale Unternehmen und die Verbraucher. Dazu trägt auch die Entwicklung einer leistungsfähigen Clearing-Ticketing-Plattform zur schnelleren Kommunikation zwischen TK-Anbietern bei. Darüber hinaus erbringt Plusnet die Bitstream-Vorleistungen für den Aufbau des Netzes inklusive der S/PRI-Schnittstelle.
Erst dadurch wird die NSG in Kassel in die Lage versetzt, über Standardschnittstellen Dritten Leistungen anzubieten. Zur Verbesserung der Netzauslastung betreibt Plusnet eine eigene bundesweite Open-Access-Integratorplattform. Sie umfasst nicht nur die technischen Vorrichtungen zur Netzzusammenschaltung, sondern auch die operativen Schnittstellen zum Beispiel für die Beauftragung zur automatisierten Abwicklung der Geschäftsprozesse sowie entsprechende Vertragswerke. Je größer das Netz wird, desto leichter lässt es sich vermarkten und desto mehr Umsätze entstehen – sogar direkt bei den regionalen Versorgern, wenn sie selbst als Anbieter auftreten. In diesem Fall haben sie als Konkurrent der normalen TK-Unternehmen durchaus einen guten Stand, ist doch häufig die Mehrheit der Haushalte in der Region Kunde bei ihnen.

Triple Play möglich

Für die Vermarktung von Breitband-Dienstleistungen betreibt Plusnet daher eine White-Label-Plattform. Auf Wunsch erhalten die Versorger die entsprechenden Prozesse für Triple Play, also Telefonie, Internet und TV. Zum Leistungsumfang zählen Module wie Webshop, Selfservice-Portal, Kundenverwaltung und Abrechnung als komplett webbasiertes Kunden-Management-System. Damit können die kommunalen Versorger ihre Glasfaserprodukte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung anbieten. Die Versorgung von Gewerbegebieten mit Breitband-Anschlüssen und B2B-TK-Lösungen ist ebenfalls möglich.
Ob öffentliche WLAN-Dienste, Telefonie, Cloud-PBX oder IPTV-Angebote – nicht nur die Services von Plusnet, sondern auch von externen Kooperationspartnern lassen sich über die White-Label-Plattform integrieren und vermarkten. Kommunale Betreiber können individuelle Produktpakete schnüren, sich so vom Wettbewerb vor Ort abgrenzen, neue Geschäftsmodelle entwickeln und von Cross-Selling-Einnahmen profitieren. Für dieses Modell haben sich die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim entschieden. Bis zum Jahr 2025 soll das gesamte Stadtgebiet mit rund 50.000 Glasfaseranschlüssen ausgerüstet werden. Den Anstoß für den Aufbau einer eigenen Breitband-Infrastruktur gab das kommunale Smart-City-Konzept. „Mit einem Flickenteppich an Netzen sind smarte Dienste jedoch nicht zu realisieren“, sagt Dirk Fieml, Gesamtprojektleiter bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim.

Dietmar Becker ist bei der Plusnet GmbH, einem Unternehmen der QSC AG, als Leiter für die Geschäftsentwicklung zuständig.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Breitband

Steindorf: Glasfaserausbau beschlossen

[19.12.2024] Rund 440 Haushalte und Gewerbebetriebe sollen in Steindorf bis 2028 an ein leistungsstarkes FTTB/H-Glasfasernetz angebunden werden. Die Bauarbeiten beginnen Ende 2025, der Hausanschluss ist für förderfähige Gebäudeeigentümer kostenlos. mehr...

WEMACOM: Zentrale Netzknotenpunkte in Betrieb genommen

[22.11.2024] WEMACOM Breitband hat jetzt in Parkentin und im Landkreis Prignitz zwei zentrale Netzknotenpunkte für den Glasfaserausbau in Betrieb genommen. Rund 100 Haushalte wurden testweise angeschlossen, um technische Abläufe zu prüfen. mehr...

Das Bild zeigt Langmatz-Geschäftsführer Dieter Mitterer.
interview

Interview: Höchste Qualität Made in Germany

[18.11.2024] Die Firma Langmatz hat für ihr Schachtsystem aus Kunststoff für den Netzausbau die europäische Zulassung erhalten. Im Interview spricht Geschäftsführer Dieter Mitterer über die Vorteile der Lösung und die Hürden auf dem Weg zur europaweiten Zulassung. mehr...

Odenwaldkreis: PEB Breitband sichert sich Auftrag für Ausbau

[07.11.2024] Das Unternehmen PEB Breitband hat sich jetzt den Auftrag für den geförderten Glasfaserausbau im Odenwaldkreis gesichert. Bis Ende 2030 sollen knapp 15.000 Haushalte und Unternehmen in der Region an das Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen werden. mehr...

tktVivax Group: Tool für Glasfasernetzbetreiber

[02.10.2024] Die Prozessanalyse-Software Vivax Analytics ProCo wurde um ein Modell für Glasfasernetzbetreiber und Telekommunikationsunternehmen erweitert. Mit über 700 Geschäftsprozessen ermöglicht das Tool detaillierte und dynamische Analysen zur Prozessoptimierung und Berichterstattung an die Bundesnetzagentur. mehr...

Erster Spatenstich für den Glasfaserausbau im Dresdner Norden.

Dresden: Glasfaserausbau im Norden gestartet

[01.10.2024] Bis zum Jahr 2027 sollen in Dresden 50.000 Haushalte und Gewerbeeinheiten von einem neuen Glasfasernetz profitieren. Den Startschuss für die erste Bauphase im Dresdner Norden gaben jetzt Oberbürgermeister Dirk Hilbert und SachsenEnergie-Chef Frank Brinkmann. mehr...

Baden-Württemberg: Schlusslicht beim Glasfaserausbau

[19.09.2024] Baden-Württemberg liegt beim Glasfaserausbau im deutschlandweiten Vergleich auf dem letzten Platz. Das geht aus der aktuellen BREKO-Marktanalyse hervor, die deutliche Unterschiede in der digitalen Infrastruktur aufzeigt. mehr...

Das Tool Vivax FiberValue bietet Netzbetreibern die Möglichkeit

Vivax Consulting: Glasfasernetze transparent kalkulieren

[11.09.2024] Betreiber von Glasfasernetzen können jetzt auf mehr Kostentransparenz setzen: Vivax Consulting, die Beratungstochter der tktVivax Group, hat ein neues Kalkulationstool entwickelt. Vivax FiberValue ermöglicht die exakte Berechnung von Netzentgelten. mehr...

OXG und Vodafone haben jetzt in Hamburg eine groß angelegte Glasfaseroffensive gestartet.

Hamburg: Groß angelegte Glasfaseroffensive

[05.09.2024] OXG und Vodafone starten in Hamburg jetzt eine groß angelegte Glasfaseroffensive, die bis zu 300.000 Haushalte mit schnellen Internetanschlüssen versorgen soll. Der Ausbau erfolgt eigenwirtschaftlich und ohne öffentliche Gelder, wobei der Fokus auf einer breiten Anbieterwahl für die Bürgerinnen und Bürger liegt. mehr...

Glasfaser für den Landkreis Heidekreis in Niedersachsen: Lünecom startet Glasfaserausbau für die Region

Kreis Heidekreis: Start des Glasfaserausbaus

[22.08.2024] Das Unternehmen Lünecom Kommunikationslösungen beginnt jetzt mit dem Glasfaserausbau im Landkreis Heidekreis in Niedersachsen. Bis zu 14.000 Haushalte sollen in der Region von der neuen FTTH-Infrastruktur profitieren. mehr...

Der Freistaat Bayern setzt seinen Einsatz für den Glasfaserausbau fort und investiert bislang über 2

Bayern: Investitionen in den Glasfaserausbau

[14.08.2024] Der Freistaat Bayern setzt seinen Einsatz für den Glasfaserausbau fort und investiert bislang über 2,5 Milliarden Euro in die digitale Infrastruktur. Damit wurden bereits über 100.000 Kilometer Glasfaser verlegt, wodurch über 70 Prozent der Haushalte gigabitfähig sind. Nun profitieren auch 1.726 Adressen in der Verwaltungsgemeinschaft Mainburg von weiteren Fördergeldern. mehr...

Highspeed-Infrastrukturen sind die Lebensadern für die Digitalisierung.
bericht

Breitbandausbau: Lebensadern für die Digitalisierung

[12.08.2024] Der Glasfaserausbau ist in vollem Gange. Dennoch ist der Rückenwind aus der Politik wichtiger denn je. Laut dem ANGA Breitbandverband hat Deutschland kein Ausbau-, sondern ein Bürokratieproblem. Deutlich schnellere Genehmigungsverfahren sind dringend geboten. mehr...

Stadtwerke Velbert/1&1: Kooperation für Glasfaserausbau

[05.08.2024] Die Stadtwerke Velbert und 1&1 haben eine Kooperation gestartet, um den Ausbau der Glasfaseranschlüsse in Velbert voranzutreiben. Durch diese Partnerschaft sollen tausende Haushalte in Velbert in den kommenden Monaten Zugang zu schnellerem Internet erhalten. mehr...

In Bochum schreitet der Glasfaserausbau schneller voran als geplant.

Bochum: Glasfaserausbau schneller als geplant

[24.07.2024] Bochum kommt beim Ausbau mit schnellem Internet gut voran. Das Ziel einer flächendeckenden Glasfaserversorgung des Stadtgebiets wird voraussichtlich deutlich vor dem anvisierten Termin erreicht. mehr...

VSHEW: Forderung nach fairem Wettbewerb

[12.07.2024] Der VSHEW hat jetzt auf eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes gedrängt, um den wettbewerbsverzerrenden Überbau bestehender Glasfasernetze zu stoppen. mehr...