GeraDie Mischung stimmt
Seit dem Jahr 2019 ist die 93.000 Einwohner starke Stadt Gera in Thüringen eine von aktuell 73 Smart Cities in Deutschland. Dank der Förderung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat in Höhe von 7,5 Millionen Euro hat Gera in enger Kooperation mit der lokalen und regionalen Wirtschaft sowie der Bürgergesellschaft die Möglichkeit, zukunftsorientiert zu denken und sich auszuprobieren.
Im Rahmen einer ersten Strategiephase werden klimaneutrale und ressourceneffiziente Maßnahmen der digitalen Transformation entwickelt, die dann ab 2022 in der Umsetzungsphase sukzessive realisiert werden. Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts SMARTCity Gera ist die Teilhabe interessierter Bürgerinnen und Bürger. Unterschiedliche Formate der Partizipation – von Ideenwettbewerben über digitale Brainstorming-Runden bis hin zu SMARTCity-Wochen – ermöglichen und befördern die aktive Mitgestaltung der Stadtentwicklung. „Es muss uns gelingen, den digitalen Wandel gesellschaftlich nach geltenden Werten voranzutreiben sowie einen barrierefreien Zugang zu unseren smarten Angeboten zu schaffen. Unabhängig vom Alter, Technikverständnis, Bildungsstand, sozialem Milieu, Einkommen, Sprache, Kultur sowie körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen“, so Julian Vonarb, Oberbürgermeister der Stadt Gera. „Nachhaltige Stadtentwicklung gelingt nur als Gemeinschaftsaufgabe, um eine Stadtgesellschaft inklusiv zu gestalten.“
Vier Handlungsfelder
Gera hat vier strategische Handlungsfelder formuliert, die, verknüpft mit den Leitlinien der Stadtentwicklung, für die smarte Entwicklung stehen: Attraktive Arbeits-, Wohn- und Lebenskonzepte sind an die individuellen Lebensphasen angepasst und eng mit den einzelnen Stadtteilen verzahnt. Um einen bedarfsgerechten Einsatz von Verkehrsmitteln und die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs geht es beim Thema Multimodale Mobilität. Im Feld Nachhaltigkeit werden die Stärkung regionaler Wertschöpfung, die Verbesserung des CO2-Abdrucks und ein fairer Umgang mit Ressourcen angestrebt und dabei der gesamte Lebenszyklus sowie die damit verbundenen Kosten betrachtet. Als wichtig erachtet wird darüber hinaus eine offene Wissens- und Teilhabegesellschaft, die sich durch innovative Arbeitsformen und transparente Datenplattformen, inkludiert im Themenfeld Lebenslanges Lernen und Innovation, ausdrückt.
„Wir haben uns dazu entschieden, unsere Ansätze und die konkreten Ideen unserer Bürgerinnen und Bürger in Pilotprojekten zu erproben und auf ihre Eignung zu testen, um damit den dynamischen Strategie- und Umsetzungsprozess zu stützen“, erläutert Oberbürgermeister Vonarb. „Wir verstehen uns im gesamten Smart-City-Netzwerk eindeutig als Anwenderregion und schaffen Lernbeispiele für alle Modellkommunen. Das heißt: Stellen wir bei einem Pilotprojekt fest, dass es für uns nicht geeignet ist, bieten wir unsere Erfahrungen gern in der Community an. Denn vielleicht passt es ja in Bamberg, Rostock oder Wolfsburg.“ Die vom Geraer Stadtrat verabschiedeten 14 Pilotprojekte zielen auf die Verbesserung der Lebensqualität im privaten und öffentlichen Raum durch Nutzung technischer Utensilien, steuern datengestützt die Infrastruktur und digitalisieren Dienstleistungen jeglicher Art. „Die Mischung der Projekte ist richtig gut – Gera kann nur gewinnen“, zeigt sich Vonarb optimistisch in Bezug auf die Umsetzung.
Umwandlung in Daten
Laut der Smart-City-Charta des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit fördern Smart Cities umweltfreundliche Konzepte und tragen zu einer CO2-neutralen Kommune bei. „Das Projekt SMARTCity Gera ist ein wichtiger Impulsgeber, um weitere Schritte hin zu mehr Klimaschutz zu gehen“, meint Thomas Krauße, Klimaschutzbeauftragter der Stadt. „Über dieses Projekt können wir eine intelligente Stadtbeleuchtung installieren, emissionslose Mobilität – auch den Radverkehr – in Gera fördern und die Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden voranbringen.“
Für das Erreichen dieses Vorhabens werden in einer ersten Pilotmaßnahme in einem Geraer Stadtpark Leuchten installiert, die mit (Schall-)Sensorik ausgestattet sind. Diese sind mit langlebigen LEDs und einer Anschlussleistung von 23 Watt bestückt. Mittels eines komplexen Licht-Management-Systems wird das Licht ab einem bestimmten Geräuschpegel eingeschaltet, die Helligkeit entsprechend reguliert oder im Verlauf der Nacht zunehmend gedimmt. All das ist über eine bedarfsgerechte Programmierung möglich. Mit der Inbetriebnahme dieser modernen Beleuchtungselemente soll eine Energieeinsparung von bis zu 70 Prozent möglich sein. Der Akustiksensor kann über eine ausgefeilte Geräuscherkennung genau unterscheiden, ob es sich um ein Hundebellen, einen Hilferuf oder um zerbrechendes Glas handelt, sowie zwischen dem konkreten Geräusch und Hintergrundgeräuschen differenzieren. Bei besonders auffälligen Geräuschen erfolgt eine direkte Weiterleitung des akustischen Signals an die zuständige lokale Meldestelle. Im Bedarfsfall kann zusätzlich eine Kamera aktiviert werden, um sich einen Eindruck von dem Geschehen vor Ort zu verschaffen. Damit wirkt sich diese Maßnahme der SMARTCity Gera unmittelbar positiv auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung aus.
Smart wird auch eine öffentliche urbane Plattform, die dem Bedarf an unterschiedlichsten Geodaten der Stadt Gera gerecht wird. Bei dem zentral zugänglichen Open-Data-Portal für Bürger, Wirtschaft, Bildung und Verwaltung werden über Echtzeit-Sensoren Daten gesammelt, strukturiert und anwenderfreundlich visualisiert. In der Pilotierung werden neben der Darstellung der einzelnen Projekte der SMARTCity Gera bereits bestehende Informationen – so etwa Pegeldaten kommunaler Flüsse wie der Weißen Elster oder Angaben zu Feinstaub, Temperatur und Luftfeuchtigkeit – gebündelt und für alle Interessierten transparent aufbereitet.
Schlüsselbaustein Mobilität
Im Bereich der Fahrzeugautomatisierung ist Gera ebenfalls mit einem innovativen Projekt dabei. Der Kleinbus EMMA – Elektrisch, Mobil, Markant, Automatisiert – steht für nachhaltige öffentliche Mobilität in Geras Stadtraum. Seit August 2021 ergänzt der emissionsfreie und selbstfahrende Kleinbus für drei Monate den Nahverkehr auf einer festgelegten Route in der autofreien Altstadt. Zuvor wurde der automatisierte Kleinbus zur Überbrückung der letzten Meile in den Stadtverkehr erfolgreich in einem Forschungsprojekt getestet. EMMA beweise die Innovationsfreudigkeit, Wandlungsbereitschaft und Flexibilität der Stadt, so Oberbürgermeister Vonarb. Er unterstreicht die Vorreiterrolle, die Gera innerhalb der Metropolregion Mitteldeutschland beim Thema nachhaltige Mobilität einnimmt: „Gera ist ein idealer Testraum für die Mobilitätsforschung. Was hier funktioniert, funktioniert überall. Mein ambitioniertes Ziel ist es, dass Gera die Mobilität der Zukunft für Deutschland aktiv mitgestaltet: Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen? Welche Bedeutung wird das Auto für uns dabei spielen, im Alltag und auf Reisen? Wie werden Städte ihre Verkehrsprobleme lösen und wie kann Mobilität auch im ländlichen Bereich gesichert werden?“
Unterstützt und vollumfänglich finanziert wird das Leuchtturmprojekt mit 160.000 Euro aus dem Fördertopf für Elektromobilität des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz. Gemeinsam mit der GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft Gera sowie Nuts One, die das selbstfahrende Elektro-Shuttle stellen, trägt Gera damit wesentlich zur Verbesserung des CO2-Fußabdrucks bei. Klimaschutz-Manager Krauße schätzt, dass im Falle einer vollständigen Umstellung des Geraer ÖPNV auf emissionsfreie Energieträger und Antriebe etwa 7.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden können.
https://unser.gera.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe November/Dezember 2021 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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