InterviewDie Kosten im Griff halten
Herr Mann, die Gaskrise bringt möglicherweise noch viele Unternehmen in Bedrängnis. Dafür haben Sie das Zusatzmodul Insolvenz-Manager im Angebot. Ist Wilken besonders weitsichtig bei der Produktentwicklung?
Es gab ja in der Vergangenheit einige große Insolvenzen etwa auf Seite der Lieferanten. Insbesondere die Netzbetreiber haben sich damit immer schwer getan, weil kurzfristig ein sehr hoher Mehraufwand entstanden ist. Im Juli vergangenen Jahres haben wir das Tool ausgeliefert, das alle Prozesse, die mit der Insolvenz zusammenhängen, hochautomatisiert managt. Und das war natürlich im Rückblick genau zum richtigen Zeitpunkt. Es wird aber auch zukünftig nützlich sein, denn das Insolvenz-Management-Tool wickelt auch Privatkunden-Insolvenzen ab.
Sie haben Anfang dieses Jahres die Leitung des Geschäftsbereichs Versorgungswirtschaft ENER:GY bei Wilken übernommen. Welche Erfahrungen bringen Sie in die neue Funktion ein?
Ich bin seit über zehn Jahren bei Wilken tätig. Angefangen habe ich direkt nach dem Studium im Consulting. Die Erfahrungen aus diesem Bereich nützen mir heute enorm, weil ich viel bei den Kunden war, mich um IT-Einführungsprojekte gekümmert und auch viele Seminare über unsere Lösungen gegeben habe. Später, in der Beratungsleitung konnte ich mein Wissen, meine Skills und Methodiken weitergeben und somit auch Kolleginnen und Kollegen fördern. Und das hat mich letztlich dahin gebracht, wo ich heute bin. Als Leiter des Bereichs Versorgungswirtschaft, einer unserer Fokusbranchen.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt und wie sieht die Strategie aus, mit der Wilken einen Energiemarkt im Umbruch angeht?
Ähnlich wie der Energiemarkt ist auch Wilken im Wandel. Wir haben in der Geschäftsführung einen Generationswechsel vollzogen. Und es gab intern zwei große Strategieprojekte, wie wir uns in der Wilken Software Group künftig aufstellen. Wir haben uns klare Ziele gesetzt: Branchen-, Produkt- und Innovationsführerschaft.
Wie ist die Ausgangsposition dafür?
Beim Thema Branchenführerschaft sind wir schon sehr weit. Laut einer aktuellen Marktanalyse sind wir mit unseren beiden Produktlinien NTS.Suite und ENER:GY mit einem Marktanteil von 18 Prozent schon ganz vorne mit dabei. Da fehlt nicht mehr viel, es ist also ein Ziel, das wir bis 2025 erreichen können. Produktführerschaft ist auch ein ganz wichtiges Element. Wir haben bei den energiewirtschaftlichen Kernprozessen, also Billing, Marktkommunikation, Rechnungswesen und Energiedienstleistung, schon heute das breiteste Produktportfolio von allen Mitbewerbern. Das verschafft uns einen ganz klaren Vorteil, weil Wilken-Lösungen Ende-zu-Ende-Prozesse ermöglichen. Auch als Innovationsführer sind wir auf einem guten Weg, denn wir sind der Zeit häufig einen Schritt voraus. So haben wir sehr früh eine Lösung zum Thema Mieterstrom oder für die Heiz- und Nebenkostenabrechnung angeboten. Wir haben auch viele Kunden, die innovative Wege gehen und beispielsweise mit uns in Testlaboren ein komplett neues Energiesystem ausprobieren.
Mit der Branchenlösung ENER:GY war Wilken in erster Linie im Segment der mittelgroßen Energieversorger vertreten. Das soll sich nun ändern?
Ja. Große Versorgungsunternehmen setzen oft SAP IS-U ein. Das System ist abgekündigt und wir haben bereits zwei Kunden auf Wilken ENER:GY umgestellt. Eine Testierung, die wir in Auftrag gegeben haben, ergab, dass unser System die Performance hat, mindestens eine Million Zählpunkte innerhalb von 24 Stunden abzurechnen. Das zeigt, dass wir gerüstet sind, mit unserer Lösung Versorger jeder Größenordnung zu bedienen. Wir sind also bereit und greifen den Markt an der Stelle an.
„Wir sind als Innovationsführer auf einem guten Weg.“
Mit welchen Argumenten überzeugen Sie die Versorger von den Wilken-Lösungen?
Wir bieten automatisierte Standardprozesse, die vom Kunden selbst individuell angepasst werden können. Es handelt sich also um eine Standard-Lösung für die Branche, mit der Möglichkeit zur Veredelung. Ganz wichtig ist, dass mit unseren Lösungen energiewirtschaftliche Kernprozesse Ende-zu-Ende abgebildet werden. So können unsere Kunden die so genannten Cost to Serve reduzieren, also Kosten, die anfallen, um die Servicequalität zu steigern oder neue Produkte einzuführen. Auch die Kosten, um Neukunden zu gewinnen, können durch hochautomatisierte Prozesse gesenkt werden. Nicht zuletzt haben wir bewiesen, dass regulatorische Anforderungen immer fristgerecht umgesetzt werden. Kurz gesagt: Wir haben ein breites Produktportfolio und durch den tiefen prozessualen Aufbau der Software können unsere Kunden ihre Kosten im Griff behalten.
Welche Kundenprojekte würden Sie aktuell hervorheben?
Als Beispiel würde ich EWE Vertrieb nennen. Das Unternehmen setzt bei der Abrechnung aller Geschäftskunden im Bereich Energie auf Wilken ENER:GY – inklusive des P/5 Nebenbuchs, des P/5 Marktdatenaustauschs und des P/5 MDM Messdatenmanagements. Alle Abrechnungsprozesse für Strom, Gas, Wärme und des virtuellen Kraftwerks werden automatisiert. Ein weiteres interessantes Projekt führen wir mit E.ON Energy Solutions durch. Für die Abrechnung von Nah- und Fernwärme sowie der Heiz- und Nebenkosten wird Wilken ENER:GY eingeführt. Im Rahmen des Projekts werden die Abrechnungsprozesse neu definiert und durchgängig digitalisiert. Die neue Lösung soll zum 1. Januar 2023 produktiv gehen.
Es gibt einen Trend in der Energiewirtschaft, nicht alles aus einer Hand zu nehmen, weil Start-ups und Cloud-Anbieter verschiedene Lösungen zur Verfügung stellen. Wie sehen Sie sich in diesem Konzert?
Der Drang nach Plattformlösungen und einer hohen Integrationsfähigkeit ist sehr groß. Am Ende ist das eine Frage der Unternehmensphilosophie. Unsere Strategie ist ganz klar: Wir haben ein breites Produktportfolio über alle Kernthemen hinweg: CRM, Billing, Rechnungswesen, Marktkommunikation, Energiedaten-Management, Smart-Meter-Gateway-Administration, Workforce Management oder Zusatzmodule wie eine Heiz- und Nebenkostenabrechnung. Wir sind zudem offen für die Integration anderer Software. Ich persönlich halte es allerdings für einen großen Vorteil, dass unsere Lösungen Prozesse ohne Schnittstellenproblematik ermöglichen.
Welche Themen treiben die Stadtwerke aus Sicht eines Software-Anbieters derzeit um?
Gerade in der jetzigen Situation, in der auch die Versorgungsunternehmen extrem mit den volatilen Preisen zu kämpfen haben, ist es umso wichtiger, IT- und Prozesskosten gering zu halten. Viele Versorger nehmen dafür auch Abstriche bei Funktionalitäten in Kauf und sagen, wir wollen wieder zurück zu einem Standard und müssen nicht alles individuell machen. Aber auch IT-Architekturthemen gewinnen an Bedeutung. Die Fragen lauten: Wo liegen meine Daten? Wie schützt man sich vor Cyber-Angriffen? Für die Energieversorger wird es immer wichtiger, dass die Daten in Deutschland liegen. Hier können wir die Kunden mit unserem zertifizierten Rechenzentrum unterstützen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September/Oktober 2022 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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