Donnerstag, 26. Dezember 2024

E-BusflotteDas Osnabrücker E-Gefühl

[25.01.2021] Leise, sauber und nahezu störungsfrei rollen immer mehr E-Gelenkbusse über die Straßen von Osnabrück. Bis zum Jahr 2022 wollen die Stadtwerke hier die in Deutschland größte Flotte dieser Art in Betrieb nehmen.
Osnabrück setzt im Nahverkehr voll auf Elektrobusse.

Osnabrück setzt im Nahverkehr voll auf Elektrobusse.

(Bildquelle: Stadtwerke Osnabrück/Uwe Lewandowski)

Das Osnabrücker E-Gefühl: So nennt man bei den Stadtwerken der niedersächsischen Kommune die Systemumstellung des Nahverkehrs von dieselbetriebenen Bussen auf batterieelektrische. Ende März 2019 haben die Stadtwerke die erste rein elektrische MetroBus-Linie M1 in Betrieb genommen. Ein Meilenstein für das Versorgungsunternehmen und eine „Zeitenwende für Osnabrück“, wie es Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU) ausdrückte. 13 batterieelektrische Gelenkbusse sind seitdem auf der gut 13 Kilometer langen Strecke zwischen den Osnabrücker Stadtteilen Haste und Düstrup unterwegs – leise, sauber und nahezu störungsfrei.

System läuft zuverlässig

In einem zweiten Schritt haben die Stadtwerke im Herbst 2020 die nächsten beiden MetroBus-Linien auf E-Betrieb umgestellt. 22 weitere E-Gelenkbusse fahren seitdem auf der Linie M2 zwischen Hauptbahnhof und Landwehrviertel, dem derzeit größten Osnabrücker Neubaugebiet sowie auf der Linie M3, die über die Stadtgrenze hinaus bis in die Gemeinde Hagen am Teutoburger Wald führt. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Das System läuft äußerst zuverlässig, aus anfänglicher Skepsis bei einigen Osnabrückern wurde schnell Begeisterung. Wesentliche Erfolgsfaktoren hierfür waren und sind der Mut zur Veränderung sowie der intensive Dialog mit den eigenen Mitarbeitern und den Fahrgästen.

Ein Rückblick

Mit zentralen Fragen rund um die Mobilität der Zukunft haben sich die Stadtwerke schon vor mehr als zehn Jahren befasst. Wie wird der Nahverkehr einmal aussehen? Welches technisch verfügbare alternative Antriebssystem ist für die Stadt richtig und passend? Und was braucht es für die Umstellung? Die Osnabrücker haben sich daraufhin schlau gemacht, wurden zu Experten, haben geprüft und abgewogen. Einige Kollegen waren damals skeptisch, andere entpuppten sich als regelrechte Mitreißer und formten ein schlagkräftiges Projekt-Team. Im Jahr 2015 fiel dann die Entscheidung für die Anschaffung und den Einsatz batterieelektrischer Busse – mit Gelegenheitsnachladung per Pantografen auf dem Betriebshof der Stadtwerke und an den jeweiligen Endhaltestellen, opportunity charging genannt. Die Stadtwerke waren zu diesem Zeitpunkt einer der ersten ÖPNV-Betreiber, der die Bus-Ampel auf ein grünes E gestellt hat. Und davon profitieren sie bis heute.

Vertrauensvolle Zusammenarbeit

#bild2Zu den zentralen Herausforderungen bei der Umsetzung zählte die Auswahl des erforderlichen Systempartners. Nach einer europaweiten Ausschreibung fiel die Wahl auf das niederländische Unternehmen VDL Bus & Coach bv als Bushersteller gemeinsam mit der Firma Schaltbau Refurbishment als Hersteller der Lade-Infrastruktur. Diese Partnerschaft hat sich in puncto Qualität und vertrauensvolle Zusammenarbeit ausgezahlt. Eine weitere zentrale Herausforderung war die Finanzierung. Die Stadtwerke mussten dafür den nahezu undurchschaubaren Förderdschungel durchkämmen – mit Erfolg. Rund 70 Millionen Euro wird das Unternehmen in die komplette Systemumstellung investieren. Mehr als die Hälfte dieser Summe kann aus verschiedenen Fördertöpfen finanziert werden.
Als dann im Oktober 2018 der erste E-Gelenkbus auf dem Betriebshof der Stadtwerke ankam, war die Begeisterung unter den Kollegen förmlich zu greifen. Parallel galt es, die teils noch vorhandene Skepsis bei den Fahrgästen auszuräumen. Vor dem E-Start der Linie M1 fand im Februar 2019 deshalb ein erster E-Bus-Schnuppertag für die Bürger statt. Diese kamen zahlreich, standen Schlange, fuhren mit und waren begeistert.

Austausch schafft Impulse

Neugierig waren und sind aber nicht nur die Osnabrücker. Noch immer haben die Stadtwerke regelmäßig unterschiedlichste Besuchergruppen zu Gast, die sich über das Osnabrücker E-Gefühl und die Vorgehensweise des Unternehmens informieren. Die Stadtwerke wiederum haben proaktiv, frühzeitig und ganz gezielt für das Unternehmen wertvolle Interessenvertreter eingeladen – mit dem Ziel, voneinander zu lernen und zu profitieren. Ob Vertreter von Behinderten- und Seniorenverbänden, des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) oder der Feuerwehren: Durch den Austausch erhielten die Stadtwerke wichtige Impulse etwa zur Barrierefreiheit oder zur Ausstattung der Fahrzeuge.
Besonders viel Wert wurde darauf gelegt, die Stadtwerke-Mitarbeiter auf dem neuen Weg mitzunehmen – sowohl die Fahrer als auch die Kollegen in der Werkstatt. Denn die sind von der Systemumstellung in besonderem Maße betroffen. So wurde in der Werkstatt ein neuer Dacharbeitsstand eingebaut, alle Werkstattmitarbeiter nahmen an einer Hochvolt-Qualifizierung teil. Zudem wurde ein umfangreiches Schulungskonzept für die Verkehrsmeister, Fahrschullehrer, Fahrer, Servicemitarbeiter und Reinigungskräfte entwickelt. Mit Erfolg: Jeder fühlte sich wertgeschätzt und mitgenommen. Darüber hinaus wurden die Mitarbeiter zu wertvollen Multiplikatoren des Osnabrücker E-Gefühls.

Chic und modern

Im Fokus stehen aber natürlich die Busse. Die Fahrzeuge vom Typ VDL Citea SLFA-181 Electric sind mittlerweile wahre Hingucker im Osnabrücker Straßenbild: chic, edel und modern im „Wir fahren Strom“-MetroBus-Design. Zudem ausgestattet mit vier Türen, einem spannenden Lichtkonzept und – insbesondere für jüngere Fahrgäste attraktiv – mit USB-Steckdosen. Die Fahrzeuge der zweiten Charge sind mit größeren Batterien bestückt und haben daher keine fossile Zusatzheizung mehr. Neu ist zudem, dass die Fahrzeuge ab Werk über ein Abbiegeassistenzsystem verfügen, das andere Verkehrsteilnehmer im toten Winkel besser erkennt.

Größte Flotte in Deutschland

Die größten E-Fans sind übrigens nicht unbedingt die Fahrgäste – sondern vielmehr die nicht selten hinter dem Bus wartenden Radfahrer und die Anlieger der bereits auf E-Betrieb umgestellten M-Linien. Die Radfahrer können besser durchatmen, die Anlieger genießen die Ruhe.
Mit dem erfolgreichen Betrieb der Linien M1, M2 und M3 feiern die Osnabrücker sozusagen Bergfest – die Arbeit geht weiter. Im Jahr 2021 werden die beiden Linien M4 und M5 auf E-Betrieb umgestellt. Dafür wird VDL weitere 27 batterieelektrische Gelenkbusse liefern, vier weitere Endwenden werden für das Stromtanken umgebaut. Ende 2021 werden dann alle fünf MetroBus-Achsen als Rückgrat des neuen Osnabrücker Liniennetzes elektrisch bedient. Mit dann 62 E-Gelenkbussen werden die Stadtwerke ab dem Jahr 2022 über die größte Flotte dieser Art in ganz Deutschland verfügen – und so das Osnabrücker E-Gefühl als zentralen Baustein für mehr Lebensqualität weiter ausbauen.

Dr. Stephan Rolfes

Rolfes, StephanDr. Stephan Rolfes ist Vorstand für Mobilität bei der Stadtwerke Osnabrück AG, VLO- und PlaNOS-Geschäftsführer, Vorsitzender der VOS-Gesellschafterversammlung und Honorarprofessor an der FH Osnabrück. Zuvor war er als Beamter des Landes Niedersachsen und als Dezernent beim Landkreis Osnabrück tätig.



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