Montag, 23. Dezember 2024

Hydropower 4.0Das digitale Kraftwerk

[02.09.2019] Mit dem Innovationsprogramm Hydropower 4.0 will das Unternehmen Verbund Erzeugungsanlagen in Zukunft noch sicherer und effizienter machen. Das erste digitale Wasserkraftwerk steht in der Steiermark.
Murkraftwerk Rabenstein: Erstes digitalisiertes Wasserkraftwerk von Verbund.

Murkraftwerk Rabenstein: Erstes digitalisiertes Wasserkraftwerk von Verbund.

(Bildquelle: VERBUND)

Seit über 100 Jahren hat sich die Wasserkraft als bedeutendste erneuerbare Energiequelle bewährt. Rund 20 Prozent des Strombedarfs weltweit werden aus Wasser gewonnen – Tendenz steigend. Das österreichische Unternehmen Verbund – einer der größten Wasserkraftstromerzeuger Europas – läutet jetzt die digitale Revolution der Branche ein: mit dem ersten digitalisierten Wasserkraftwerk 4.0, dem Murkraftwerk Rabenstein.
Tag und Nacht produziert das in der Gemeinde Frohnleiten in der Steiermark gelegene Verbund-Kraftwerk witterungsunabhängig CO2- und kernenergiefreien Strom. Es ist das erste Pilotkraftwerk im Innovationsprogramm „Hydropower 4.0 – Digitales Wasserkraftwerk“ von Verbund, dessen Ziel es ist, Kraftwerke in Zukunft noch sicherer und effizienter zu machen. Und zwar mit intelligenten Sensorik-Konzepten, Anomaliedetektions- und Prognosemodellen, digitalen Zwillingen, mobilen Assistenzsystemen, virtuellen Kraftwerksmodellen sowie mithilfe vernetzter Plattformlösungen.

Intelligente Störfall-Überwachung

Im Wasserkraftwerk der Zukunft stellen intelligente Sensorik-Konzepte wie akustische Überwachungssysteme, verknüpft mit künstlicher Intelligenz, die Datenbasis für Anomaliedetektions- und Prognosemodelle bereit. Das ist deshalb entscheidend, weil mit derartigen Modellen Störfälle oder Maschinenversagen rechtzeitig vorhergesagt werden können. Zusätzlich errechnen so genannte digitale Zwillinge – speziell entwickelte Prognosemodelle – anhand von Sensordaten die Restlebensdauer von wichtigen Maschinenteilen.
Lässt sich trotz der digitalen Überwachungssysteme ein Störfall nicht vermeiden, helfen mobile Assistenzsysteme: Sie stellen in Sekundenschnelle und an jedem Winkel des Kraftwerks alle für die rasche Störungsbehebung erforderlichen Informationen über mobile Endgeräte wie Tablet, Handy oder Datenbrille bereit. Ein virtuell begehbares Kraftwerksmodell bietet außerdem neue, vielversprechende Möglichkeiten für Schulungszwecke, Vorbereitungen auf Krisenfälle, Umbauprojekte sowie in bestimmten Fällen auch für den Betrieb und die Instandhaltung von Wasserkraftwerken.
Auch im Bereich Inspektion und Vermessung der Anlagen oder des Gewässeruntergrunds können dank moderner, vorwiegend aus dem Offshore-Bereich stammender Technologien neue Konzepte entwickelt werden. So genannte Remotely Operated Vehicles (ROV) und Autonomous Surface Vehicles (ASV) kommen bereits im realen Betrieb in einzelnen Kraftwerken zum Einsatz, sodass die autonome Vermessung und Inspektion bald in allen Anlagen Realität werden könnte.
Nicht zuletzt sollen vernetzte Plattformlösungen im Wasserkraftwerk bisher isolierte Daten- und Informationssysteme verbinden. Daten sollen bereichsübergreifend und auf Knopfdruck dezentral und zentral zur Verfügung stehen und schnelle Analysen ermöglichen.

Game Changer Digitalisierung

Insgesamt betreibt Verbund 127 Wasserkraftwerke in Deutschland und Österreich. Für den Vertrieb des Stroms auf dem deutschen Markt ist Verbund Trading & Sales Deutschland mit Sitz in München und Düsseldorf zuständig. Seit über 20 Jahren vermarktet die Handelstochter Strom aus Wasserkraft hauptsächlich an Geschäftskunden, Weiterverteiler und Energieversorger in ganz Deutschland. Neben Bahnstromkunden sind das aktuell rund 160 Stadtwerke.
Ruth Alt-Jansky und Thomas Bächle, die Geschäftsführer von Verbund Trading & Sales Deutschland, sagen: „Um dem Game Changer Digitalisierung gerecht zu werden und sich im Markt durchzusetzen, werden zwei Faktoren für die Energieversorger von heute erfolgsentscheidend sein: Effizienzsteigerung und Prozessverbesserung. Gerade hier sehen wir vielfältige Einsatzmöglichkeiten bei der Wasserkraft.“ Was vor wenigen Jahrzehnten noch bahnbrechend war – etwa die zentrale Fernsteuerung ganzer Wasserkraftwerksgruppen – sei heute technisch bewährter Standard in der Wasserkraftbranche. Das digitale Kraftwerk Rabenstein sei ein entscheidender Schritt, um die Wertigkeit der Wasserkraft zu stärken, für die Anforderungen der Energiewende zu rüsten und ihre bereits hohe Effizienz und Verlässlichkeit weiter zu erhöhen.

Nachhaltigkeit und Transparenz

In Deutschland ist Verbund zweitgrößter Produzent von Wasserkraftstrom, in Bayern sogar die Nummer eins. „Deutschland ist ein absoluter Kernmarkt für uns. Wir setzen an Stadtwerke und Weiterverteiler rund acht Milliarden Kilowattstunden Grünstrom im Jahr ab, betreiben hier 22 Kraftwerke am Inn, die allesamt TÜV-SÜD-zertifiziert sind und höchsten ökologischen Ansprüchen genügen“, so Bächle. Großkunden erhalten Strom verschiedener Qualitäten aus ihrem Wunschkraftwerk und können ihren Verbrauchern sogar Führungen durch „ihr“ Kraftwerk in Deutschland und Österreich anbieten. „Wir arbeiten gezielt mit Branchen zusammen, die den besonderen Wert von Strom aus Wasserkraft kennen und an ihre Endkunden weitergeben möchten“, schildert Geschäftsführerin Ruth Alt-Jansky. Gerade für deutsche Industrieunternehmen gewinnen demnach Themen wie Nachhaltigkeit, Transparenz, eine saubere Stromherkunft und ein glaubwürdiges Image immer mehr an Bedeutung.
Alt-Jansky: „Wir bieten ausschließlich Wasserkraftstrom aus CO2-neutraler Produktion an, sind damit in einem hohen Maße glaubwürdig. Das schätzen unsere Kunden.“ Als einer der umweltfreundlichsten Energiekonzerne in puncto emittierte CO2-Menge pro produzierter Megawattstunde sei Verbund ein sehr glaubwürdiger Partner mit starkem Image. So gehören heute bereits mehrere namhafte Automobilhersteller zum Kundenstamm von Verbund in Deutschland: „Diese Hersteller beziehen unseren H2Ö-Premiumstrom aus zertifizierten Wasserkraftwerken, um den CO2-Ausschuss bei der Produktion ihrer Flotten kosteneffizient zu senken und ihre Stromkennzeichnung zu verbessern“, erläutert Geschäftsführer Thomas Bächle.

CO2-Vermeidung belohnen

„Was den Stellenwert der Wasserkraft bei der Industrie angeht, muss Verbund hierzulande noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten“, erklärt Bächle. In der Industrie fließe schon der kleinste Preisaufschlag direkt in die Kostenkette. Und viele Unternehmen seien nicht bereit, mehr für sauberen Strom zu bezahlen. „Das wird sich erst dann ändern, wenn CO2-Vermeidung belohnt wird, wie dies aktuell wieder in Deutschland diskutiert wird“, ist sich Alt-Jansky sicher.
Bei der Dekarbonisierung unterstützt Verbund Industriekunden bereits jetzt mit umfassenden Grünstromlösungen auf Basis der Wasserkraftwerke. „Wir verkaufen nicht einfach nur Strom aus Wasserkraft, sondern wir helfen unseren Kunden, sich ökologisch umfassend gut aufzustellen. Und wir können hier wesentlich mehr anbieten als andere: Weil wir Zugang zur Börse haben und dort alle Produkte über die Wasserkraft abbilden können“, so Alt-Jansky.
„Wer Strom aus Wasserkraft beziehen will und Wert auf einen ökologisch zweifelsfreien Stromlieferanten legt, ist mit Verbund gut beraten“, sagen Ruth Alt-Jansky und Thomas Bächle. Zumal der Konzern einen Großteil seiner Einnahmen in Umweltschutz und Effizienzsteigerungsmaßnahmen rund um die Kraftwerksregionen investiere – insgesamt 280 Millionen Euro bis 2025. Davon können auch deutsche Stadtwerke profitieren, indem sie exklusive Vermarktungsrechte an diesen Maßnahmen erwerben und es den Kunden so ermöglichen, aktiv zu noch nachhaltigerem Strom beizutragen.

Katja Locker ist verantwortlich für Marketing & PR bei der Verbund Trading & Sales Deutschland GmbH, München.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Wasserkraft
BDW: Wasserkraft ist eine zuverlässige und regelbare Energiequelle.

Strommarktdesign: BDW fordert Wasserkraftstrategie

[27.09.2024] Der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) appelliert an die Bundesregierung, die Potenziale der Wasserkraft stärker zu nutzen und fordert eine umfassende Wasserkraftstrategie, um ungenutzte Kapazitäten zu erschließen. mehr...

Die zweite Power-to-Gas-Anlage von naturenergie in Grenzach-Wyhlen entsteht neben der ersten Anlage aus dem Jahr 2018.

Grenzach-Wyhlen: Spatenstich für Power-to-Gas-Anlage

[17.06.2024] Der Bau einer zweiten Power-to-Gas-Anlage am Wasserkraftwerk Wyhlen hat begonnen, um die Produktion von grünem Wasserstoff bis Ende 2025 um fünf Megawatt zu erweitern. Dieses Projekt ist Teil des staatlich geförderten Reallabors H2-Wyhlen und wird mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. mehr...

Das Thesenpapier zeigt

Niedersachsen: Thesenpapier zur kleinen Wasserkraft

[11.06.2024] In einem Thesenpapier hat das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz jetzt die kleine Wasserkraft kritisiert. Angesichts der ökologischen Schäden ist sie oft nicht sinnvoll. mehr...

In diesem Winter liefen Wasserkraftwerke unter Volllast.

Branchenverbände: Mehr Wasserkraft im Winter

[29.04.2024] Die bayerischen Wasserkraftverbände prognostizieren einen Anstieg der Stromerzeugung aus Wasserkraft aufgrund vermehrter Niederschläge in den Wintermonaten. Dies stärkt die Rolle der Wasserkraftwerke für die Energiewende und die Netzstabilität. mehr...

Laut einer Studie kann Flusswärme in Bayern eine wichtige Rolle für die Wärmeversorgung spielen.

Bayern: Flusswärme als Heizquelle

[26.04.2024] Eine neue Studie zeigt, dass Flusswärme in Bayern eine wichtige Rolle für die Wärmeversorgung und den Klimaschutz spielen kann. Mindestens die Hälfte der bayerischen Städte und Gemeinden könnte ihre Gebäude damit beheizen. mehr...

Durch kombinierte Wasser-Wärme-Kraftwerke ergeben sich vollkommen neue Nutzungsperspektiven für die Wasserkraft.
bericht

Wasserkraft: Unterschätzte Wärmequelle

[25.03.2024] Die flächendeckend in Deutschland zur Verfügung stehenden Fließgewässer bergen ein bislang wenig beachtetes Potenzial für die grüne Wärmegewinnung. Durch kombinierte Wasser-Wärme-Kraftwerke ergäben sich vollkommen neue Nutzungsperspektiven für die Wasserkraft. mehr...

Die Modernisierung und Reaktivierung von Wasserkraftwerken könnte eine zusätzliche Leistung von 7

Studie: Wasserkraft als Gamechanger

[25.03.2024] Die Energy Watch Group stellt eine Studie vor, die Wasserkraftwerke als zentrale Kraft im Kampf gegen den Klimawandel sieht. Das Potenzial zur Energieerzeugung liegt bei über sieben Gigawatt. mehr...

Die bestehende Schwarzenbachtalsperre wird um eine unterirdische Kaverne ergänzt.
bericht

Pumpspeicher: Starkes Leistungsplus aus Forbach

[07.11.2023] Seit über 100 Jahren erzeugt das Rudolf-Fettweis-Werk in Forbach mit Wasserkraft Energie. Nun wird der Standort zum leistungsstarken Pumpspeicherkraftwerk ausgebaut. Da Technik und Speicher in Kavernen verlagert werden, sind die Auswirkungen auf die Umgebung gering. mehr...

Referenten und Verbandsvertreter der Wasserkraft auf dem Wasserkraftseminar 2023 an der TUM Straubing.

Bayern: Wasserkraft mit viel Potenzial

[19.10.2023] Unterschätzte Potenziale der Wasserkraft wurden auf dem diesjährigen Seminar der beiden bayerischen Fachverbände aufgespürt. mehr...

Das 26. Internationale Anwenderforum Kleinwasserkraft findet vom 28. bis 29. September 2023 an der Technischen Hochschule Rosenheim statt.

Anwenderforum Kleinwasserkrafte: Praxisorientierter Austausch

[05.09.2023] Beim diesjährigen Anwenderforum Kleinwasserkraft stehen unter anderem die Themen Cyber-Sicherheit, Planung und Finanzierung von Kleinwasserkraftwerken im Mittelpunkt. Die Veranstaltung findet am 28. und 29. September in Rosenheim statt. mehr...

Das Rudolf-Fettweis-Werk in Forbach erzeugt seit rund 100 Jahren Strom aus Wasserkraft.

EnBW: 280 Millionen für Wasserkraft

[19.05.2023] Das Unternehmen EnBW investiert jetzt in den Um- und Ausbau des Rudolf-Fettweis-Werks in Forbach. mehr...

Als BlueBattery-Standort kann das Wasserkraftwerk Wallsee-Mitterkirchen auch Primärregelleistung liefern.
bericht

Wasserkraft: Grünstrom und Primärregelleistung

[25.04.2023] Im Wasserkraftwerk Wallsee-Mitterkirchen ist die mit Abstand größte Kraftwerksbatterie Österreichs verbaut. Als so genannter BlueBattery-Standort liefert es nun nicht mehr nur Strom, sondern kann auch kurzfristig Primärregelleistung zur Verfügung stellen. mehr...

Traditionelle Standorte wie das Jugendstil-Kraftwerk Heimbach können bis heute wertvolle Energie aus Wasserkraft liefern.
bericht

Wasserkraft: Potenziale naturverträglich nutzen

[04.04.2023] In Nordrhein-Westfalen könnte aus der Wasserkraft noch mehr Energie erzeugt werden. Bestehende Anlagen sollten modernisiert und an vorhandenen Staustufen neue Kraftwerke errichtet werden. Hemmnisse und Hürden erschweren aber entsprechende Vorhaben bis hin zur Aufgabe. mehr...

Das Rudolf-Fettweis-Werk in Forbach soll ausgebaut werden.

EnBW: Wasserkraftwerk kann erweitert werden

[16.03.2023] Das Laufwasser- und Speicherkraftwerk in Forbach im Schwarzwald soll umgebaut und erweitert werden. Dafür hat EnBW jetzt die behördliche Genehmigung erhalten. mehr...

Wasserkraft: Potenziale rechtlich neu bewertet

[15.03.2023] Ein vom Wasserkraftverband Mitteldeutschland in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die neuen Gewichtungsvorgaben nach § 2 EEG 2023 bei allen behördlichen Entscheidungen zu berücksichtigen sind. Dies würde einen erheblichen Schub für Wasserkraftprojekte bedeuten. mehr...