BetriebsdokumentationChancen der Vernetzung nutzen
Betriebsführer von Windparks stehen regelmäßig vor den gleichen Fragen: Gibt es Schäden oder Mängel an den Anlagen, die behoben werden müssen? Wie steht es um Reparaturen, Wartung, Instandhaltung und die damit verbundenen Fristen? Betriebs- und Dokumentationsprozesse gewährleisten zwar, dass die relevanten Daten und Informationen vorhanden sind. Doch sind sie meist in elektronischen Dokumenten, Aktenschränken und Archiven verborgen. Potenzial für mehr Transparenz und weniger Fehler bieten Standardisierung und Digitalisierung.
Die Übersicht behalten
Im Laufe der Betriebsphase einer Windenergieanlage (WEA) werden verschiedenste Dokumente erstellt und verwaltet. Genehmigungen, Rechnungen, Wartungs-, Reparatur- und Prüfberichte kommen beispielsweise per Post oder als PDF-Datei per E-Mail. Einfach zu verarbeiten sind sie in der Regel nicht. Die Möglichkeiten sind meist stark begrenzt, weil Schnittstellen und Exportfunktionen fehlen. Häufig müssen die Daten und Informationen deshalb umständlich in andere EDV-Systeme und Dateiformate wie beispielsweise Excel-Arbeitsmappen übertragen werden, damit sie ausgewertet, Tätigkeiten priorisiert und Arbeiten an der Anlage veranlasst werden können. Ein weiteres Problem ist die uneinheitliche Datenerfassung. So werden für ein und dasselbe Bauteil sehr häufig unterschiedliche Schreibweisen, Synonyme oder Abkürzungen verwendet. Auch werden wichtige Informationen oft unspezifisch erfasst und nicht detailliert genug formuliert.
Dieser Sachverhalt ist der Branche schon länger bekannt, weshalb bereits mit Nachdruck an einer Standardisierung gearbeitet wird. So hat der europäische Fachverband für die Strom- und Wärmeerzeugung (VGB) die internationale Kennzeichnungssystematik Reference Designation System for Power Plants (RDS-PP) für Windenergieanlagen erstellt. Sie basiert auf dem bewährten Kraftwerkkennzeichnungssystem (KKS) von Großkraftwerken. Damit wird jedem Bauteil, je nach Einbauort und Funktion, ein eindeutiger, spezifischer Code zugeordnet. Ein Beispiel dafür ist der Code MDL10 für einen Azimuthmotor.
Mängel auf den Nenner gebracht
Werden die Daten bei der Prüfung in einer Datenbank erfasst, bietet das zahlreiche Analysemöglichkeiten. Welche Arbeiten an der Anlage müssen veranlasst und welche davon müssen priorisiert werden? Auch Mängelstatistiken lassen sich einfach erstellen. Auf Basis separater Papierdokumente und PDF-Dateien ist es bisweilen mit hohem Aufwand verbunden – sofern es überhaupt möglich ist – festzustellen, dass beispielsweise wichtige Komponenten gehäuft ausfallen. Darüber hinaus lassen sich weitere Fragen klären, wie: Ist der gehäufte Ausfall der Flugbefeuerung auf Blitzschlag oder eventuell doch auf einen Serienfehler zurückzuführen? Lohnt es, Komponenten des Getriebes vorsorglich auszutauschen, weil mittlerweile schon mehrere Getriebeschäden für kostenintensive Stillstände gesorgt haben? Hier stößt die klassische Dokumentation schnell an ihre Grenzen. Mit zunehmender Größe des Portfolios werden solche Aspekte aber immer wichtiger.
Beide Schwachstellen – die uneinheitliche Erfassung und die fehlende Möglichkeit zur tiefergehenden Analyse – führen häufig dazu, dass systematische Zusammenhänge beim Zustand der Anlagen nicht erkannt werden. Darunter leidet nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit der Windparks. Um dem zu begegnen, hat das Prüfunternehmen TÜV SÜD Industrie Service sein elektronisches Prüfbuch netDocX weiterentwickelt. Bisher diente es Betreibern und Betriebsführern als webbasierter und online verfügbarer Aktenordner vor allem dazu, Prüfberichte komfortabel zu verwalten.
Mit der Erweiterung ist es nun zusätzlich möglich, die Mängel mobil vor Ort in einer Datenbank zu erfassen und eindeutig zu dokumentieren. Dazu geben die Sachverständigen während einer Inspektion etwa per Tablet oder Mobiltelefon den Einbauort in mehreren Ebenen und die reguläre Bezeichnung des Bauteils, beispielsweise Azimuthmotor, ein. Die Software vergibt daraufhin die entsprechende und eindeutige Kurzbezeichnung nach RDS-PP. Die Informationen liegen so systematisch erfasst in einer einzigen Datenbank vor. Die Daten lassen sich anschließend mit wenigen Mausklicks auswerten.
Die dokumentierten Mängel können übergreifend abgebildet werden. So wird schnell transparent, ob die Komponenten eines bestimmten Herstellers besonders häufig betroffen sind oder spezifische Mängel in bestimmten Anlagen oder Regionen vermehrt auftreten. Solch aussagekräftige Statistiken können auch für Prognosen verwendet werden. So wird deutlich, wie sich die Verfügbarkeiten erhöhen und Kosten einsparen lassen, weil sich beispielsweise Serienfehler schneller erkennen, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten besser planen und Schadenstypen finanziell quantifizieren lassen.
Datenlage verbessern
Eine standardisierte webbasierte Datenbank ermöglicht die einheitliche, übergreifende Erfassung zu Mängeln an Windenergieanlagen und verbessert die Datenlage und -qualität. Die Betriebsführer sind so jederzeit über den Zustand der Anlagen informiert. Das erleichtert zugleich das Portfolio-Management. Mängel können vorausschauend beseitigt, Schäden frühzeitig verhindert und die Ersatzteilplanung oder Serviceeinsätze intelligenter geplant werden. Das reduziert Stillstände, erhöht die Effizienz und erleichtert darüber hinaus die Budgetierung.
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