LösungBrücke zwischen Strom und Wärme
Die Sektorkopplung ist ein Schlüsselkonzept für den Weg in eine klimaneutrale Zukunft. Das Ziel: Die umweltfreundliche Elektrizität aus erneuerbaren Energien auch außerhalb der Stromnetze nutzbar machen und so die Emissionen anderer Sektoren senken − etwa zum Beheizen von Gebäuden, in der Elektromobilität oder als synthetisch erzeugter Kraftstoff. Denn während der Energiesektor seine Emissionen kontinuierlich senkt, ist bei Verkehr und Gebäuden noch keine Trendwende erkennbar. Insbesondere der Gebäudesektor birgt ein riesiges Potenzial, denn hier entstehen 30 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes. Die Bundesregierung hat daher ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Der Gebäudebereich in Deutschland soll seine CO2-Emissionen von heute 119 Millionen auf 72 Millionen Tonnen im Jahr 2030 reduzieren.
Eine Technologie mit viel Potenzial sind Wärmepumpen. Diese nutzen die Umgebungswärme in Luft, Wasser oder Erde und die Kompression zur Gewinnung von Heizenergie. Der große Vorteil: Im Verbund mit erneuerbarem Strom erzeugen Wärmepumpen keinerlei Emissionen, und die Wärmeversorgung ist vollständig klimaneutral. Das betont auch Thomas Nowak, Generalsekretär der European Heatpump Association (EHPA): „Die Wärmepumpentechnologie unterstützt maßgeblich den Dekarbonisierungsprozess im Heizungs- und Kühlungssektor und reduziert sehr effizient die damit verbundenen CO2-Emissionen.“
Die Technologie ist auf dem Vormarsch, allerdings fehlt es bislang an industriell skalierten Lösungen.Im vergangenen Jahr wurden bundesweit mehr als 84.000 Wärmepumpen installiert, das sind acht Prozent mehr als im Vorjahr. Der Einsatz bleibt aber weitgehend auf den privaten Sektor beschränkt. Das Potenzial der Technologie in der Großanwendung, etwa zur Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen oder zur Versorgung industrieller Prozesse mit Wärme und Kälte, wird bislang nicht voll ausgeschöpft.
Innovation von MAN
Im Jahr 2018 hat das Unternehmen MAN Energy Solutions gemeinsam mit ABB die Tri-Generationslösung MAN ETES (Electro-Thermal Energy Storage) vorgestellt. Die Lösung arbeitet nach dem Wärmepumpenprinzip. Das heißt, ein Kältemittel, in diesem Fall CO2, wird mittels Druckerhöhung erhitzt und anschließend wieder abgekühlt. Dazu nutzt das System erneuerbare Energie. Die freigesetzte Wärme und Kälte werden in isolierten Reservoirs gespeichert und können bereits parallel zum Ladeprozess an Verbraucher abgegeben werden. Einzigartig ist dabei vor allem, dass die gespeicherte Wärme und Kälte auch jederzeit wieder in Strom zurückverwandelt werden kann – diese Nutzungsvielfalt und Flexibilität bietet derzeit kein anderes System. ETES ist somit Energiespeicher und Wärmepumpe zugleich. In idealer Skalierung können rund 20.000 Haushalte mit Wärme und Kälte versorgt werden. Das ETES-System ist somit die einzige Wärmepumpenlösung in dieser Größenordnung am Markt.
Ganzheitliches Energie-Management-System
Auch die EHPA ist überzeugt: „ETES ist eine bahnbrechende Innovation für die Wärmepumpenwelt“, findet Thomas Nowak. „Das Konzept ist einzigartig, da es die Vorteile der Wärmepumpentechnologie – die parallele Bereitstellung von Wärme und Kälte – über Speicher auch zeitversetzt verfügbar macht und durch Prozessumkehr zusätzlich die Produktion von Elektrizität ermöglicht.“
ETES arbeitet als ganzheitliches Energie-Management-System, in dem Strom, Wärme und Kälte Teil derselben Lösung sind und schlägt so die Sektorenbrücke zwischen Strom- und Wärmeversorgungsmarkt. Das Wärmeniveau reicht von 60 bis 150 Grad Celsius. Kälte kann bis zu Grad Celsius bereitgestellt werden. Der COP (Coefficient of Performance) des Gesamtsystems beträgt weniger als sechs und liegt damit im Bereich konventioneller Wärmepumpen. Die Rückverstromung von Wärme und Kälte erreicht einen hohen Wirkungsgrad von circa 50 Prozent − das entspricht etwa dem Niveau von Pumpspeicherkraftwerken.
So funktioniert ETES
Das Grundprinzip von MAN ETES ist die reversible Umwandlung von elektrischer in thermische Energie mittels Speicherung als Warmwasser und Eis. ETES ist dabei ein geschlossenes System, welches für die Wärme- und Kälteprozesse CO2 und als Speichermedium Wasser verwendet.
Im Ladebetrieb nutzt ETES elektrische Energie, um einen MAN HOFIM (hermetisch gekapselter High-Speed-Motor-Kompressor) anzutreiben. Das komprimierte CO2 wird erwärmt, durchläuft dann einen Wärmetauscher und erwärmt wiederum die angeschlossenen Warmwasserspeicher. Das abgekühlte CO2 wird von einem Expander weiter gekühlt, bis es den flüssigen Zustand erreicht. Dann durchläuft das CO2 einen zusätzlichen Wärmetauscher und speichert die Kälteenergie in Form von Eis.
Nachhaltig, skalierbar und flexibel
Für die Entladung stehen zwei Optionen zur Verfügung. Entweder kann die thermische Energie direkt aus den Wärme- und Kältespeichern verteilt werden oder der CO2-Kreislauf wird umgedreht und das System erzeugt Strom aus der gespeicherten Wärmeenergie. Hierzu durchläuft das gasförmige CO2 den Wärmetauscher auf der kalten Seite des Kreislaufs. Das CO2 wird durch die Kälte aus dem Eisspeichertank kondensiert, und das Eis im Tank schmilzt. Die Pumpe erhöht wieder den Druck des CO2. Dieses durchläuft den Wärmetauscher und wird durch die Warmwassertanks erhitzt. Das erhitzte CO2 wird in eine Turbine eingespeist, wo die Wärme über einen Generator wieder in elektrische Energie verwandelt wird.
Aufgrund der Fähigkeit, gleichzeitig Wärme, Kälte und Strom zu generieren, stellt ETES eine nachhaltige, skalierbare sowie flexible Lösung für eine Vielzahl von Anwendungen dar. Im Bereich Versorgungssicherheit hilft ETES Stromversorgern etwa, die Netzstabilität zu sichern, indem große Mengen erneuerbarer Energie gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt verfügbar gemacht werden können. So können Schwankungen im Stromsystem flexibel ausgeglichen werden. Dabei fungiert ETES als eine große, nachhaltige und CO2-neutrale Batterie.
Sektorgrenzen überwinden
ETES eignet sich zudem ideal für die Bereitstellung von Fernwärme und -kälte. Das System ist beliebig skalierbar und kann bei einer Leistungsaufnahme von fünf Megawatt Strom binnen sechs Ladestunden 110 Megawattstunden (MWh) Wärme sowie 80 MWh Kälte speichern und zu einem späteren Zeitpunkt nutzbar machen. Damit kann ETES die gesamte Energieversorgung von Stadtvierteln, Kleinstädten und Großeinrichtungen wie Flughäfen, Universitäten oder Einkaufszentren dekarbonisieren. Die Wärme und Kälte kann aber auch für Industrieanwendungen, zum Beispiel in der Lebensmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie, genutzt werden. Selbst für die Sterilisation von medizinischen Geräten reichen die hohen Temperaturen aus, welche durch ETES bereitgestellt werden. Die Kälte hingegen kann auch für die Kühlung von Datenzentren oder die Klimatisierung von Gebäuden genutzt werden.
Die vielfältigen Anwendungsbeispiele zeigen: MAN ETES ist das erste Energie-Management-System, das die Sektorkopplung ermöglicht. Denn es behandelt Strom, Wärme und Kälte nicht mehr getrennt, sondern als Einheit. Damit wird das bisherige Silodenken beendet. Das ist definitiv ein großer Durchbruch auf dem Weg zur Dekarbonisierung.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September/Oktober 2019 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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