EnergieleitplanungBruchsal ist ein Klimapionier
Bruchsal ist einer der Vorreiter beim Thema Energieleitplanung. Die baden-württembergische Stadt ist auf dem besten Weg, die von der Politik gesteckten Klimaziele zu erreichen. Unterstützung kommt dabei von der Klimaschutz- und Energieagentur des Landes (KEA-BW). „Angefangen hat alles mit dem Maßnahmenprogramm zum European Energy Award (eea) vor drei Jahren“, erinnert sich Renate Korin von der Umweltstelle der Stadt Bruchsal. Gemeinsam mit einer Kollegin ist sie für die Umsetzung des erarbeiteten Energieleitplans verantwortlich. Als europaweiter Qualitätsmanagement-Prozess zertifiziert der eea die Nachhaltigkeit der Energie- und Klimaschutzpolitik von Kommunen. „Wir wollten nicht nur einzelne Maßnahmen in Angriff nehmen, sondern gleich ein umfassendes Planungsinstrument für alle relevanten Energiethemen und in größerem Maßstab denken“, sagt Korin. Denn die Verabschiedung von Klimaschutzzielen sei stets nur der Anfang. Danach gelte es, den Weg zu definieren, kommunale Handlungsspielräume zu erkennen, zu gestalten und systematisch zu beschreiten.
Die Stadt Bruchsal entschied sich deshalb, das Thema ganzheitlich anzupacken: Auf Basis eines Fachgutachtens erarbeitete sie einen Energieleitplan für das gesamte Stadtgebiet. Dieser betrachtet die energierelevanten Sektoren Strom, Wärme und Verkehr und zeigt Potenziale für erneuerbare Energien auf. Daraus wurden umfangreiche Handlungsansätze und priorisierte Maßnahmen abgeleitet, die es umzusetzen gilt. „Wärme aus erneuerbaren Energien kann nur regional erzeugt werden, weshalb der Einfluss von Kommunen hier besonders groß ist“, erläutert Korin. „Ein wichtiger Baustein sind Wärmenetze, die über zentrale Erzeugungsanlagen besonders effizient und wirtschaftlich arbeiten. Bei klimaneutraler Wärmeversorgung ist es essenziell, das Thema Strom mitzudenken. Aus diesen Überlegungen heraus war es für uns wichtig, ein umfassendes Konzept zu erarbeiten, das auch die Wechselwirkungen und möglichen Symbiosen zwischen den Sektoren berücksichtigt.“
Alle am runden Tisch
Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (parteilos) unterstützte von Anfang an die Idee des Energieleitplans und legte Wert darauf, dass alle relevanten Akteure eingebunden wurden. Gemeinderat, Stadtverwaltung und Stadtwerke ziehen heute gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern an einem Strang. Bei Renate Korin und einer Kollegin laufen die Fäden zusammen. Gemeinsam behalten sie alle Aspekte im Blick, koordinieren die Maßnahmen und stehen den Beteiligten als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung. „Zu zweit ist das ideal. Wir stimmen uns auf kurzen Wegen ab und fungieren jeweils als Sparringspartnerin für die andere“, so Korin.
Auch Armin Baumgärtner, Geschäftsführer der Stadtwerke Bruchsal, betont ausdrücklich die notwendige Vernetzung und Bündelung der Kräfte. Als wichtiger Partner vor Ort waren die Stadtwerke von Anfang an erheblich an der Entwicklung von Aufgaben, der Maßnahmenformulierung und Planung beteiligt. „Vernetzung und offene Gespräche sind essenziell. Wenn wir wirklich etwas bewegen wollen, müssen wir noch größer denken. So haben wir aktiv die Zusammenarbeit mit anderen Stadtwerken, Energieanbietern und -agenturen gesucht, um Erfahrungen austauschen zu können“, sagt Baumgärtner.
Eine wichtige Erkenntnis ist, dass etwa die Hälfte aller CO2-Emissionen einer Kommune im Wärmesektor entstehen. Neben einer nachhaltigen Mobilität ist darum der Bereich Wärme ein zentrales Thema im ganzheitlichen Bruchsaler Energieleitplan. Mit ihrem Kompetenzzentrum Wärmewende berät und begleitet die KEA-BW Kommunen wie Bruchsal und erleichtert so den ersten Schritt in die Wärmeplanung. Die Expertinnen und Experten für Wärmenetze, Objektversorgung und Energiedienstleistungen der KEA-BW unterstützen bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmenpaketen. Zudem beraten sie zu den zahlreichen Fördermöglichkeiten, welche Kommunen von Bund und Land in Anspruch nehmen können und beantworten Kosten- sowie Finanzierungsfragen. Der Bruchsaler Energieleitplan ist ein vorbildliches Beispiel dafür, wie die individuelle Situation vor Ort berücksichtigt und ein effizienter Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung gestaltet werden kann. Zudem gibt er der Kommune Planungssicherheit für die kommenden Jahrzehnte.
Für die Zukunft geplant
Die nicht nur in Bruchsal gesammelten Erfahrungswerte sind in den Handlungsleitfaden Kommunale Wärmeplanung eingeflossen, den das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg herausgegeben hat. In vier praktischen Schritten erläutert der Leitfaden praxisnah, methodenbezogen und maßnahmenorientiert, wie Kommunen hier aktiv werden können und sollten.
In puncto Energie- und Wärmeplanung ist Bruchsal heute vielen Kommunen voraus. Dennoch betonen sowohl Armin Baumgärtner als auch Renate Korin, dass dies erst der Anfang ist. „Wir haben gerade den ersten Schritt hin zur Wärmewende gemacht. Wie groß uns dieser auch erscheinen mag, es werden viele weitere folgen müssen“, sagt der Stadtwerke-Geschäftsführer. „Wir legen heute den Grundstein für unsere Zukunft in 20 oder 30 Jahren. Unser Augenmerk darf darum nicht nur darauf liegen, was wir unmittelbar umsetzen, sondern vor allem darauf, welche Welt wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen wollen.“
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli/August 2021 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Schleswig-Holstein: Stadt und Land dekarbonisieren
[15.11.2024] 23 Stadt- und Gemeindewerke im Norden präsentieren Maßnahmenpläne zur CO2-Reduzierung. Minister Tobias Goldschmidt sichert Unterstützung zu. Maßnahmen könnten bis 2023 rund 520.000 Tonnen CO2 einsparen. mehr...
Klimaaktive Kommune 2024: Vorbildliche Projekte prämiert
[13.11.2024] Sechs deutsche Kommunen wurden im Rahmen des Wettbewerbs „Klimaaktive Kommune 2024“ für ihre herausragenden Klimaschutzmaßnahmen ausgezeichnet. Die Gewinner erhalten jeweils 40.000 Euro Preisgeld, das in weitere Klimaprojekte fließen soll. mehr...
Bayern: Modellvorhaben klimagerechter Städtebau
[17.10.2024] Der Klimawandel ist eine Herausforderung für Städte und Gemeinden. Acht bayerische Kommunen haben im Rahmen eines Modellvorhabens des Bauministeriums Konzepte zur Klimaanpassung entwickelt. Bayerns Bauminister Bernreiter stellte nun die Ergebnisse und einen digitalen Leitfaden für alle Kommunen vor. mehr...
Osnabrück: Klimaneutralität der Verwaltung bis 2040
[12.09.2024] Die Stadt Osnabrück hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Kommunalverwaltung bis 2040 klimaneutral zu gestalten. Ein umfassendes Maßnahmenpaket liegt bereits vor, das energetische Sanierungen, den Ausbau von Photovoltaikanlagen sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien vorsieht. mehr...
Niedersachsen: Klimakommunen 2024 ausgezeichnet
[11.09.2024] Der Landkreis Cuxhaven und die Stadt Goslar sind als „Niedersächsische Klimakommunen 2024“ ausgezeichnet worden. Mit ihren innovativen Klimaschutzprojekten setzten sie sich in einem Wettbewerb mit 82 Projekten durch. mehr...
Bremen: CO2-Reduktion stagniert
[05.09.2024] Der CO2-Ausstoß im Land Bremen ist im Jahr 2022 fast unverändert geblieben, wie ein neuer Bericht zeigt. Um die Klimaziele zu erreichen, mahnt Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf ein entschlossenes Vorgehen an. mehr...
Niedersachsen: Elf Sieger bei „Klima kommunal“
[05.09.2024] Elf niedersächsische Kommunen wurden für vorbildlichen Klimaschutz im Wettbewerb „Klima kommunal“ 2024 ausgezeichnet. mehr...
Chemnitz: Bürger gestalten Energiewende mit
[02.09.2024] Die AEE zeichnet im August 2024 die Stadt Chemnitz als Energie-Kommune des Monats aus. Grund ist das gemeinsame Gestalten der Energiewende mit Bürgern, Wirtschaft und Wissenschaft. mehr...
Karlsruhe: Fördermittel komplett abgerufen
[09.08.2024] Bereits jetzt sind die Mittel des städtischen Förderprogramms „KlimaBonus Karlsruhe“ in Höhe von zwei Millionen Euro vollständig ausgeschöpft. mehr...
Münster: Fortschritte auf dem Weg zur Klimastadt
[02.08.2024] Die Stadt Münster verzeichnet erhebliche Fortschritte in ihren Klimaschutzprojekten. Unternehmen, Institutionen und Bürger tragen dabei zum Klimastadt-Vertrag bei und setzen zahlreiche Maßnahmen um. mehr...
Magdeburg: Neuer Klimabeirat nimmt Arbeit auf
[02.08.2024] In Magdeburg hat jetzt ein 18-köpfiges Expertengremium seine Arbeit aufgenommen. Es soll die Landeshauptstadt bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und dem „Masterplan 100 % Klimaschutz“ unterstützen. mehr...
Metropolregion Nürnberg: Neuer Klimapakt beschlossen
[01.08.2024] Mit der Verabschiedung eines aktualisierten Klimapakts hat die Metropolregion Nürnberg einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität bis 2040 gemacht. Im Mittelpunkt steht die interkommunale Zusammenarbeit. mehr...
Kehl: Ökostromanschlüsse für Hafen
[30.07.2024] Das Land Baden-Württemberg und der Bund unterstützen jetzt den Bau von Landstromanlagen im Hafen Kehl mit rund 1,1 Millionen Euro. Diese Anlagen versorgen Schiffe mit erneuerbarer Energie und reduzieren dadurch die CO2-Emissionen in der Binnenschifffahrt. mehr...
Baden-Württemberg: Energieverbrauch übermittelt
[29.07.2024] In Baden-Württemberg haben 547 von 1.136 Kommunen und Landkreisen ihre Energieverbräuche für 2023 fristgerecht veröffentlicht. Die KEA-BW erstellt auf Basis dieser Daten individuelle Steckbriefe, die den Gemeinden helfen, ihre Energiedaten zu analysieren und Einsparpotenziale zu identifizieren. mehr...
Gütersloh: Stadt setzt sich Klimaschutzziele
[23.07.2024] Auf dem dritten Klimagipfel OWL in Detmold haben die Stadt Gütersloh und 71 weitere Kommunen ein neues Kommuniqué unterzeichnet. Schwerpunkte sind die klimafreundliche Wärmeplanung, der Ausbau der Windenergie und eine Wissensoffensive zur Förderung der Akzeptanz lokaler Klimaschutzprojekte. mehr...