HamburgBohrstart für Aquiferwärmespeicher
In Hamburg ist jetzt auf dem Gelände des Heizkraftwerks Tiefstack die erste Bohrung für einen unterirdischen, hydrothermischen Aquiferwärmespeicher gestartet. Wie die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) mitteilt, soll dort künftig im Sommer überschüssige Abwärme aus regionalen Industrie- und Abfallverwertungsbetrieben tief unter der Erde eingespeichert werden. Als Trägermedium diene das Thermalwasser in der Gesteinsschicht. Bei Bedarf könne die eingespeicherte Wärme im Winter wieder hochgepumpt werden, um Hamburger Haushalte über das Fernwärmesystem mit CO2-freier Wärme zu versorgen. Mit diesem Projekt wollten die Hamburger Energiewerke erste Betriebserfahrungen sammeln und die Eignung des Hamburger Untergrunds für diese Technologie erproben. Derzeitige Berechnungen gingen von einer Speicherleistung von 2,6 Megawatt (MW) und einer Kapazität von circa fünf Gigawattstunden (GWh) im Jahr aus, wodurch etwa 1.400 Tonnen CO2-Emissionen in der Fernwärmeversorgung eingespart werden können.
Was sind Aquiferspeicher?
Aquiferspeicher sind unterirdische Speicher innerhalb von wasserführenden Gesteinsschichten. Sie bestehen aus einer Brunnendublette, also zwei Bohrungen, den späteren Hilfs- und Produktionsbrunnen sowie einer oberirdischen Technikzentrale. Die Bohrungen in Tiefstack würden bis auf eine Tiefe von circa 1.300 Meter niedergebracht. Dort rechneten die Experten mit den gleichen thermalwasserführenden Schichten aus Sandsteinen, die bereits am Geothermie-Standort Wilhelmsburg umfangreich untersucht wurden (wir berichteten). Mittels eines Fördertests werde jede Bohrung hinsichtlich der erreichbaren Förderrate überprüft. Eine gute Förderrate in beiden Bohrungen sei erforderlich, um den Speicher betreiben zu können. Die zweite Bohrung erfolge erst, sofern der Fördertest in der ersten erfolgreich ist. In den Sandsteinschichten lägen die beiden Bohrungen circa 1.100 Meter auseinander, damit dazwischen ausreichend Wärme eingespeichert werden kann.
In der Einspeicherphase würden zuerst Thermalwässer aus dem Hilfsbrunnen nach oben gefördert, durch die klimaneutrale industrielle Abwärme auf Temperaturen von bis zu 85 Grad Celsius erwärmt und über den Produktionsbrunnen in die Sandsteinschicht, die als Wärmespeicher fungiert, hinuntergeleitet. Dort bilde sich um die Produktionsbohrung eine Wärmeblase aus, innerhalb derer die Wärme in der Gesteinsschicht gespeichert werde. Bei Bedarf werde in der Heizperiode das heiße Thermalwasser zurückgefördert, die Wärme über einen Sekundärkreislauf an das Fernwärmenetz übertragen und den Kunden zur Verfügung gestellt. Der Sekundärkreislauf sei das Bindeglied zwischen Thermalwasser- und Fernwärmenetz und stelle sicher, dass diese beiden Medien nicht in Kontakt kommen. Das abgekühlte Thermalwasser werde in einem geschlossenen Kreislauf wieder in den Hilfsbrunnen zurückgeleitet. Sollten die Fördertests in beiden Bohrungen erfolgreich sein, sei oberirdisch der Bau einer Technikzentrale mit der Anbindung an das Fernwärmenetz geplant. Die Inbetriebnahme des Aquiferwärmespeichers solle dann im Jahr 2024 erfolgen.
Energiepark Tiefstack
Der Aquiferwärmespeicher ist Teil des Konzepts Energiepark Tiefstack, mit dem das letzte Hamburger Kohlekraftwerk bis spätestens 2030 durch verschiedene klimaneutrale Wärmelösungen ersetzt werden soll. Dazu gehörten vor allem Flusswasserwärmepumpen, die Wärme aus der Norderelbe und der Bille gewinnen sollen. Zusätzliche Wärmelieferungen kämen aus Abwärme der Kupferhütte Aurubis sowie der Müllverwertung Borsigstraße, die durch technologische Innovationen die Wärmelieferung künftig deutlich erhöhen kann. Zur Absicherung der Wärmeversorgung in Spitzenlastzeiten werde das bestehende Heizkraftwerk Tiefstack auf den wahlweisen Einsatz von Erdgas oder nachhaltiger Biomasse aus Rest- und Schadholz umgestellt. Eine neue Wind-zu-Wärme-Anlage, ein großer Wärmespeicher sowie der saisonale Aquifer, mit dem die Abwärme besser genutzt werden soll, rundeten das Konzept ab.
Der Aquiferwärmespeicher ist ein Teilvorhaben des Norddeutschen Reallabors (NRL), einem Verbundprojekt, das neue Wege zur Klimaneutralität erprobt und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird. Die Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) führt die wissenschaftliche Begleitforschung für das untertägige Arbeitsfeld des Aquifers durch, die Technische Universität Hamburg (TUHH) für das obertägige Arbeitsfeld.
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