EEG 2017Befreiungsschlag für Batteriespeicher?
Schwarmspeicher, Speicher-Communities, Regelenergie – die Liste innovativer Geschäftsmodelle mit Speichern ist lang und bunt. Doch begegnen solche teilweise bereits am Markt vertriebenen Konzepte einem typischen Problem von Pionieren: Der regulative Rahmen ist noch nicht auf sie eingestellt und es besteht daher eine ebenso große Vielfalt an rechtlichen Risiken und Nebenwirkungen.
Dafür sorgt insbesondere eine Leerstelle im Energierecht: Das traditionelle Energierecht kennt lediglich die Erzeugung, den Transport und den Verbrauch von Energie und hat hieran auch sein durchaus komplexes Rechte- und Pflichtengefüge ausgerichtet. Dabei haben Speicher vom Gesetzgeber bislang noch keinen eigenen Platz zugesprochen bekommen. Es gibt noch nicht einmal eine eigenständige energierechtliche Definition, was ein Speicher eigentlich ist und welche spezifische Rolle er im Energiesystem einnimmt. Vielmehr werden Speicher in das – für sie nicht passende – traditionelle energierechtliche Rollenverständnis einsortiert. Und zwar einerseits als Energieverbraucher bei der Einspeicherung und andererseits als Energieerzeuger bei der Ausspeicherung.
Doppelfunktion bringt auch Pflichten
Aus dieser Doppelfunktion kann jedoch auch eine Doppelbelastung mit energierechtlichen Pflichten folgen. Denn das Energierecht knüpft insbesondere an den Letztverbrauch von Strom oder an die Belieferung von Letztverbrauchern verschiedene administrative Pflichten, aber auch verschiedene Umlagen, Abgaben und Entgelte. Sofern hier keine spezielle Ausnahmeregelung greift, können sowohl die eingespeicherten als auch die ausgespeicherten Strommengen grundsätzlich mit all diesen Pflichten belastet sein.
Besonders komplex wird es rechtlich, da Speicher in sehr vielfältiger Weise in ganz verschiedenen Energiekonzepten eingesetzt werden können. Wenn hier wiederum Eigenversorgung, Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Direktlieferung und Regelenergievermarktung zusammenkommen und der Speicher aus ganz verschiedenen Anlagen oder auch aus dem Netz beladen wird, kann sich das energierechtliche Pflichtengefüge entsprechend kompliziert gestalten.
Grundsätzlich muss man sich in solchen Fällen jeden einzelnen Stromfluss anschauen, um bewerten zu können, ob der jeweilige Betreiber als Stromerzeuger, Lieferant und/oder Verbraucher gilt und welchen Pflichten er insofern unterworfen ist. Dabei ist natürlich zu beachten, dass diese Rollenzuschreibung nicht exklusiv ist: Als Betreiber eines Speichers können einem grundsätzlich all diese Rollen gleichzeitig zufallen. Zumindest im Hinblick auf die EEG-Umlage und die leidige Problematik der Doppelbelastung für ein- und ausgespeicherte Strommengen soll das EEG 2017 jetzt endlich Abhilfe schaffen. Doch hält die neue Regelung was sie verspricht?
EEG 2017 lässt hoffen
Zunächst ist festzustellen, dass die nunmehr verabschiedete Fassung des neuen § 61k EEG 2017 in mehrfacher Hinsicht ein großer Erfolg für die Speicherbranche ist, die im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt für Verbesserungen gekämpft hatte. Insbesondere die lang ersehnte Befreiung von der Doppelbelastung zwischengespeicherten Stroms mit der EEG-Umlage wurde damit endlich umgesetzt – und zwar für eine ganze Vielzahl von Speicherkonzepten: Wurden bislang nur netzgekoppelte Speicher, die den zwischengespeicherten Strom vollständig ins Netz zurückspeisen, von der Doppelbelastung bei der EEG-Umlage befreit, kommen künftig auch dezentrale Speicher, die zur Eigenversorgung betrieben, zur Direktlieferung eingesetzt oder mit Erzeugungsanlagen vor Ort kombiniert werden, in den Genuss dieser Entlastung. Auch wird für die EEG-Umlage-Befreiung der eingespeicherten Strommengen nicht mehr vorausgesetzt, dass der Strom vollständig aus dem Stromnetz entnommen wurde. Grundsätzlich können damit nicht nur netzgekoppelte, sondern auch dezentrale oder gemischt genutzte Speicher für die eingespeicherten Strommengen eine Befreiung von der EEG-Umlage geltend machen.
Eine wesentliche Verbesserung gegenüber der zunächst verabschiedeten Regelung des § 61a EEG 2017 alte Fassung ist dabei, dass nun auch Speicher in Mischnutzungskonzepten – wie der Kombination von dezentraler Nutzung mit Netznutzung – von der Besserstellung profitieren können. Dies stellte eine Kernforderung der Speicherbranche dar, da die meisten innovativen Batteriespeicherkonzepte auf eine solche Mischnutzung setzen.
Kern der Neuregelung ist dabei, dass der eingespeicherte Strom in genau dem Maße von der EEG-Umlage befreit wird, wie für den ausgespeicherten Strom die EEG-Umlage gezahlt wurde. Hierfür sind die in einem bestimmten Zeitraum ein- und ausgespeicherten Mengen beziehungsweise die jeweilige EEG-#bild2 Umlagebelastung nach dem so genannten Saldierungsprinzip zu verrechnen. Speicherverluste werden grundsätzlich von der EEG-Umlage befreit. Für gemischte Speicherkonzepte gelten dabei allerdings einige Einschränkungen, etwa mit Blick auf die maximal in einem Jahr befreite Strommenge und eine deutlich verkürzte Saldierungsperiode. Im Ergebnis bedeutet die Neuregelung aber auch, dass für jeden Speicher jede einzelne ein- und ausgespeicherte Strommenge zu messen und am Ende einer gesetzlich vorgegebenen Abrechnungsperiode zu saldieren ist. Dabei muss – ebenfalls strommengenscharf – erfasst und abgerechnet werden, welche Strommenge welcher EEG-Umlage-Belastung unterliegt, um diese auf der Einspeicherungsseite gegenzurechnen.
So sind in der Praxis durchaus Modelle denkbar, in denen etwa ein Teil des ausgespeicherten Stroms im Rahmen einer privilegierten Eigenversorgung, ein Teil im Rahmen einer voll belasteten Direktlieferung und ein Teil im Rahmen einer voll belasteten Netzlieferung verbraucht wird. Wenn dann noch auf der Einspeicherungsseite ebenfalls verschiedene rechtliche Konstellationen und Personen mitmischen, kann das erforderliche Mess-, Saldierungs- und Nachweissystem durchaus komplex geraten – und damit wiederum die Wirtschaftlichkeit eines Geschäftsmodells beeinträchtigen. Wenigstens enthält die Neufassung der Regelung aber eine Nachweiserleichterung, die ursprünglich noch nicht vorgesehen war und im Gesetzgebungsverfahren lautstark eingefordert wurde: So wird bei sämtlichen ins Stromnetz eingespeisten Strommengen vermutet, dass die EEG-Umlage am Ende tatsächlich auch gezahlt wurde. Lediglich für dezentral verbrauchten Strom muss daher künftig nachgewiesen werden, dass für den ausgespeicherten Strom die EEG-Umlage entrichtet wurde.
Als Zwischenfazit kann man sagen: Die Neuregelung bringt grundsätzlich die lang ersehnte Befreiung von der Doppelbelastung zwischengespeicherten Stroms für viele innovative Speicherkonzepte. Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Auch das neue Saldierungsprinzip erscheint grundsätzlich sachgerecht. Die neue Regelung hätte also das Zeug, für echten Aufwind bei innovativen Batteriespeicherkonzepten zu sorgen.
Das Messen bringt neue Hürden
Durch neue Hürden und unklare Spielregeln bleibt es allerdings kompliziert – und es kommt auf den Einzelfall an. Der Wunsch der Branche nach weniger Bürokratie und der Möglichkeit schlanker – und damit wirtschaftlich besser darstellbarer – Messkonzepte wurde mit der Neuregelung nicht erfüllt. Hier ist nach wie vor deutlich das Misstrauen des Gesetzgebers spürbar: So sollen sich Speicherbetreiber nicht auf Kosten der Allgemeinheit um die EEG-Umlage „drücken“ können. Daher enthält die Neuregelung auch hohe Anforderungen an das Mess- und Abrechnungskonzept sowie spezielle Mitteilungspflichten samt Sanktionierung.
Auch das hat dazu geführt, dass die Regelung insgesamt recht umfangreich und gerade aus Sicht von Nicht-Juristen sicherlich auch ziemlich komplex ausgefallen ist. Im Kern gilt künftig: Werden die Anforderungen an das Messkonzept und die Meldepflichten nicht eingehalten, wird der eingespeicherte Strom nicht von der EEG-Umlage befreit. Es bleibt dann also bei der Doppelbelastung des ein- und ausgespeicherten Stroms.
Zu noch größeren und mutigeren Schritten – wie etwa der lang ersehnten eigenen Definition von Speichern außerhalb der traditionellen energierechtlichen Zuordnung – konnte sich der Gesetzgeber einmal mehr nicht durchringen: Auch im EEG 2017 werden Speicher also weiterhin sowohl als Letztverbraucher als auch als Stromerzeugungsanlagen behandelt. Gleiches gilt für andere energierechtliche Regelungen, die komplexe administrative Pflichten wie Dokumentations-, Melde- und Informationspflichten sowie Belastungen, etwa bei den Netzentgelten oder bei der Stromsteuer, mit sich bringen können. Hier ist im Detail – insbesondere für Speicherkonzepte mit Mischbetrieb, in denen die traditionellen energierechtlichen Rollen häufig verwischen – rechtlich allerdings auch noch vieles umstritten. Ein höheres Maß an Rechtsklarheit wäre hier wünschenswert.
Gleichzeitig werden mit dem neuen Eigenversorgungsverbot nach § 27a EEG 2017 sogar neue Hürden für dezentrale Speicherprojekte an größeren Erneuerbare-Energien-Anlagen errichtet: So verlieren Anlagenbetreiber ihren Förderanspruch, wenn sie den in ihrer Anlage erzeugten Strom außerhalb gewisser, gesetzlich bestimmter Grenzen selbst verbrauchen. Eine Zwischenspeicherung durch den Anlagenbetreiber selbst dürfte damit künftig in vielen Fällen nicht mehr wirtschaftlich möglich sein. Dies gilt allerdings nur für größere EEG-Anlagen, die ihren Förderanspruch künftig in einem Ausschreibungsverfahren ersteigern müssen. Die Direktbelieferung eines Dritten, etwa eines eigenen Speicherbetriebsunternehmens, bleibt jedoch uneingeschränkt möglich.
Neues bei der Sektorkopplung
Auch in Sachen Sektorkopplung geht es nur langsam voran: Insbesondere können von Entlastungen bei der EEG-Umlage weiterhin nur reine Power-to-Power-Konzepte profitieren. Denn es bleibt dabei, dass etwa Power-to-Gas-Projekte nur dann auf der Einspeicherungsseite privilegiert werden, wenn am Ende des Prozesses eine Rückverstromung mit EEG-Umlage-Zahlung steht. Erste interessante Ansätze für einen neuen Rechtsrahmen für die Sektorkopplung finden sich jedoch in den neuen Regelungen zu zuschaltbaren Lasten im Energiewirtschaftsgesetz EnWG, neuen Experimentierklauseln im Rahmen von SINTEG-Projekten und ersten Entwürfen für eine Anerkennung von Power-to-Gas-Produkten im Rahmen der Biokraftstoffförderung. Interessant könnte es hier auch noch einmal werden, wenn die im EEG 2017 neu verankerten Innovationsausschreibungen konkretere Formen annehmen. So enthält das EEG 2017 die Rahmenbedingungen für einen eigenständigen, technologieübergreifenden Ausschreibungstypus, der bis Mai 2018 in einer Rechtsverordnung konkretisiert werden soll. Hiermit sollen „besonders netz- oder systemdienliche Anlagen“, die sich „im technologieneutralen wettbewerblichen Verfahren als effizient erweisen“ gefördert werden.
Vom EEG 2017 und den neuen Regelungen für Speicher gehen frische Impulse für innovative Geschäftsmodelle insbesondere aus dem Batteriespeichersegment aus. Dass der Gesetzgeber sich mit dem Saldierungsprinzip überhaupt zur Beendigung der Doppelbelastung von dezentralen und bivalenten Speicherkonzepten entschlossen hat, ist ein positives Signal und ein großer Erfolg für die Speicherbranche. Inwieweit die Branche die Neuregelungen tatsächlich nutzt und ob die hohen administrativen und messtechnischen Anforderungen künftig zum Hemmschuh werden, wird die Zukunft zeigen.
Vertrauen zurückgewinnen
Insgesamt bleibt wünschenswert, dass der Gesetzgeber die Rolle von Energiespeichertechnologien im Energiesystem der Zukunft noch einmal grundlegend überdenkt und ihnen einen eigenständigen Platz im Energierecht einräumt. Eine große Herausforderung bleibt sicher, das Vertrauen der Politik für dezentrale Energie- und Speicherkonzepte zurückzugewinnen und einen insgesamt ausgewogenen und sachgerechten regulativen Rahmen zu schaffen. Speicher brauchen faire Marktzugangsbedingungen und praxistaugliche Regelungen – hier ist für den Gesetzgeber noch durchaus Luft nach oben. Wie so oft ist die Praxis der rechtlichen Entwicklung schlichtweg noch einige Schritte voraus. Völlig unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen scheint allerdings eines jetzt schon sicher: 2017 wird ein weiteres sehr gutes Jahr für die Speicherbranche werden.
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