InterviewAm Ruder für die Reise ins Digitale
Herr Ackermann, Emden soll eine Smart City und intelligente Energiestadt werden. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Anlass war das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, das Ende August 2016 erlassen wurde. Als ich zum ersten Mal davon hörte, habe ich darunter viel mehr verstanden als nur die Einführung und den Betrieb intelligenter Messsysteme. Wir haben uns als Stadtwerke deshalb mit der Wirtschaftsförderung Emden und der Stadtverwaltung zusammengesetzt, um die Digitalisierung umfassender zu diskutieren. Hier entstand dann die Idee, eine digitale Roadmap zu entwerfen und uns auf den Weg zur intelligenten Energiestadt zu machen.
Warum hat ein kommunales Versorgungsunternehmen die Initiative für ein solch ambitioniertes Vorhaben ergriffen?
Ich denke, dass es darum geht, für eine Smart City den Begriff der digitalen Daseinsvorsorge auszugestalten. Stadtwerke sind mit ihrem engen Kundenkontakt und ihrer langjährigen Erfahrung im Ausbau und Betrieb von Netzen dafür prädestiniert. Entscheidend für smarte Städte ist, dass jemand das Thema annimmt und vorantreibt. Das ist auch eine große strategische Chance für Stadtwerke. Wir haben das Ruder in die Hand genommen, weil wir ohnehin die Digitalisierung der Energiewirtschaft umsetzen müssen. Jetzt denken wir weiter und machen es für die ganze Stadt. Wir erwarten auch eine positive Wahrnehmung und Effekte für unser Kerngeschäft.
Wie sieht Ihre Zukunftsvision für Emden und die Region aus – und bis wann sollen die Ziele erreicht werden?
Wir haben in der digitalen Roadmap eine Vision entwickelt. Vereinfacht gesagt, geht es um ein Wachstumskonzept, mit dem Ziel, attraktive Rahmenbedingungen für Bürger und Unternehmen zu schaffen. So wollen wir die Lebensqualität verbessern, die Ansiedlung neuer Unternehmen unterstützen, aber auch gute Arbeitskräfte und Familien enger an Emden binden. Letztlich haben wir die Vision, eine integrative und partizipative Bürger- und Stadtgesellschaft zu schaffen. Einige Projektziele haben wir bereits im vergangenen Jahr erreicht, etwa die erfolgreiche Markteinführung einer Kunden-App, andere Projekte reichen bis in das Jahr 2030. Die intelligente Energiestadt hat die längste Projektdauer.
„Oftmals holt uns die digitale Dynamik ein.”
Wie arbeiten Sie mit Stadtverwaltung und Kommunalpolitik – und anderen Partnern – bei der Umsetzung der Digitalisierungspläne zusammen?
Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Die Stadt Emden, die Wirtschaftsförderung und die Stadtwerke haben immer einen konstruktiven Austausch gehabt, das hat uns ja auch dazu bewogen, gemeinsam eine digitale Roadmap zu entwickeln. Wichtig bei so einem Jahrhundertprojekt ist gegenseitiges Vertrauen und das entsteht durch eine proaktive Kommunikation. Wir berichten regelmäßig und umfassend in unserem Aufsichtsrat, wir gehen in die Emder Stadtratsfraktionen, und unsere Trägergesellschaft Emden Digital hat einen Beirat mit Vertretern aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Hier informieren wir ebenfalls umfänglich. Das ist auch entscheidend, denn Digitalisierung erhöht die Komplexität, und um diese zu verstehen, muss man alle Anspruchsgruppen mitnehmen. Sonst verlieren wir die Menschen in Emden.
Wie wird konkret vorgegangen, um die Projekte zu realisieren?
Eins der 15 Projekte war die Gründung der Emden Digital GmbH. Die Gesellschaft hat die Aufgabe, sämtliche digitalen Aktivitäten in Emden zu koordinieren. Jedes einzelne Projekt hat eine Beschreibung, klare Verantwortlichkeiten und einen Zeitplan. Und nach diesem arbeiten wir die Projekte ab. Oftmals holt uns die digitale Dynamik aber ein und wir passen unsere Überlegungen und Pläne wieder an. Ich glaube, das ist grundsätzlich auf einer Digital Journey ganz wichtig. Man darf nicht starr an Plänen festhalten, sondern muss eine gewisse strategische Flexibilität im Vorgehen mitbringen.
Als Kooperationspartner haben Sie Siemens gewonnen. Was sprach für den Technologiekonzern?
Vier der 15 Projekte gehen wir mit Siemens an. Für Siemens spricht insbesondere die Erfahrung eines internationalen Technologiekonzerns. Im Ausland hat das Unternehmen bereits vergleichbare Projekte erfolgreich realisiert. In dieser Breite ist unser Projekt in Deutschland bislang einmalig. Wir haben zudem bei den Ampelanlagen oder auch in unseren Schalthäusern seit vielen Jahren Siemens-Technologie im Einsatz; das Vertrauen in das Unternehmen war daher schon gegeben.
Welche konkreten Projekte gehen Sie mit Siemens an?
Mit Siemens wollen wir zum einen eine intelligente Energiestadt bauen, wir wollen das Internet der Dinge entwickeln und smarte Gebäude in Emden errichten. Unser kommunaler Partner, der Bau- und Entsorgungsbetrieb Emden, konzipiert gemeinsam mit Siemens eine intelligente Verkehrs- und Parkraumsteuerung, die auch die Voraussetzungen für das autonome Fahren schaffen soll. Volkswagen produziert in Emden den Arteon und den Passat. Da wäre es natürlich die Krönung, wenn wir auch VW mit ins Boot holen könnten.
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Was haben Sie im zentralen Projekt intelligente Energiestadt Emden vor?
Emden hat vor über 25 Jahren angefangen, in Onshore-Windanlagen zu investieren. Mittlerweile stehen Anlagen mit einer Kapazität von über 120 Megawatt (MW) im Emder Stadtgebiet, allein die Stadtwerke haben 40 MW installiert. Neben der Erzeugung ist Emden mit dem VW-Werk ein regionaler Lastschwerpunkt. Ziel des Projekts ist es, erneuerbare Erzeugung und Verbrauch intelligent auszugleichen, insbesondere unter Einsatz von Smart Grids und intelligenten Speichertechnologien. Vor Ort erzeugter Strom soll idealerweise auch vor Ort verbraucht werden. So bringen wir mithilfe der Digitalisierung die Energiewende direkt zum Bürger und zu den Unternehmen. Das ist vielleicht der entscheidende Schritt für den Durchbruch der Energiewende. Übrigens planen wir, unsere Windkraftkapazität auf 60 MW auszubauen. Dann können wir den Strombedarf in Emden – ohne das VW-Werk – komplett aus Erneuerbaren decken.
Im Herbst 2017 haben Sie für das Vorhaben den Stadtwerke Award 2017 gewonnen. Welche Reaktionen haben Sie erhalten?
Der VKU Stadtwerke Award war für uns der Ritterschlag. Es hat auch einem Unternehmen wie Siemens gezeigt, dass wir in Emden ein klares Konzept haben. Es hat im Anschluss viele Nachfragen von anderen Stadtwerken gegeben, aber natürlich auch Einladungen zu Kongressen. Ich denke, wir tun alle gut daran, positive Erfahrungen weiterzugeben. Kopieren kann man solche Ansätze nicht, dazu sind die Rahmenbedingungen in jeder Stadt zu verschieden. Aber man kann Methodik und Vorgehensweise übernehmen. Und da hoffe ich, dass wir viele Nachahmer finden.
Dieses Interview ist in der März/April-Ausgabe 2018 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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