Kraftwerk TögingAlte Kraft neu nutzen

Das erneuerte Kraftwerk Töging wird noch mehr Strom für Bayern erzeugen.
(Bildquelle: VERBUND Innkraftwerke)
Seit rund 100 Jahren wird mit der Kraft des Inns sauberer Strom in und für Bayern erzeugt. Mit 22 Wasserkraftwerken ist auch das Stromunternehmen Verbund in dem Freistaat vertreten. Der österreichische Versorger verfolgt eine nachhaltige Unternehmensstrategie. Zentral sind deshalb Investitionen in die Optimierung und Effizienzsteigerung der bestehenden Wasserkraftwerke im Kerngebiet Österreich-Deutschland. Vor allem im kapitalintensiven Erzeugungsbereich wird die Effizienz laufend verbessert, etwa indem neue hocheffiziente Turbinen in die Wasserkraftanlagen eingebaut werden.
Optimierung des Kraftwerks Töging
Energieeffizienz ist ein wichtiges Instrument, um die Klima- und Energieziele zu erreichen, die Energieversorgung sicherzustellen und um die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften aufrecht zu erhalten. Verbund hat daher seine bayerischen Wasserkraftwerke untersucht und erste Effizienzsteigerungen durchgeführt. Beispielsweise wurde ein zusätzliches Triebwerk beim Innkraftwerk Gars eingebaut, das seit Frühsommer 2013 in Betrieb ist. Ein beträchtliches Effizienzsteigerungspotenzial weist auch das fast 100 Jahre alte Wasserkraftwerk Töging auf. Verbund plant deshalb, in den nächsten Jahren in den Anlagenpark des Kraftwerks Töging und in die Optimierung im Bereich Jettenbach zu investieren. Die Kosten belaufen sich dabei auf 200 Millionen Euro. Wenn die Genehmigung rechtzeitig vorliegt, soll im Laufe des Jahres 2017 mit dem Bau begonnen werden. Die Inbetriebnahme wäre dann voraussichtlich in den Jahren 2020/21.
Wasser besser nutzen
Der Inn ist der wasserreichste Fluss Bayerns. In Töging wurde im Jahr 2003 die Auskleidung des über 20 Kilometer langen Kanals saniert. Seitdem konnte im Betrieb eine Abnahme der Fließverluste festgestellt werden. Mit neuer Technik will Verbund die zur Verfügung stehende Wassermenge an den bestehenden Querverbauungen künftig besser nutzen. Deshalb soll neben dem denkmalgeschützten Gebäude aus den 1920er Jahren optisch passend ein neues Krafthaus errichtet werden. Außerdem lässt sich eine Leistungssteigerung um circa 20 Prozent erreichen. Dafür muss das Stauziel beim Wehr Jettenbach um 70 Zentimeter und die Ausbauwassermenge um bis zu 70 Kubikmeter pro Sekunde erhöht werden. Auch drei modernste Kaplanturbinen sollen eingebaut werden. Dadurch ließen sich jährlich 120 Gigawattstunden (GWh) mehr Strom erzeugen und circa 35.000 Privathaushalte zusätzlich versorgen. Das entspricht in etwa der Anzahl privater Haushalte der Städte Töging, Altötting und Mühldorf. Das neue Kraftwerk Töging wird mit einer Fallhöhe von circa 31 Metern und einer Kraftwerksleistung von rund 110 Megawatt (MW) ausgestattet. Inklusive Mehrerzeugung kann es über 190.000 Haushalte mit Strom aus heimischer Wasserkraft versorgen.
Altes neu bedenken
Das bestehende Kraftwerk Töging wurde gemäß den Anforderungen der damals ansässigen Aluminiumindustrie zur Hälfte mit Gleich- und zur Hälfte mit Wechselstromgeneratoren ausgestattet. Nach dem Niedergang der Aluminiumindustrie am Standort Töging wurde eine Gleichstrommaschine aus Rentabilitätsgründen nicht mehr umgebaut. Bei einem Weiterbetrieb des Kraftwerks stehen deshalb erhebliche Erneuerungsinvestitionen an. Nicht nur die Rohrbahnen müssen saniert werden. Investitionen erfordern unter anderem auch die Turbinentechnik, die Generatoren, die Energieableitung oder die Trafos. Mittelfristig steht außerdem ein Neubau des Wehres Jettenbach an. Verbund will bei der Standortoptimierung die umfassenden Belange des Denkmalschutzes berücksichtigen. Dennoch soll das größtmögliche Potenzial zur Effizienzsteigerung gehoben werden. Bedeutender Vorteil in Töging ist die bestehende Infrastruktur wie Kraftwerksflächen, Schaltanlagen oder Stromleitungen, die auch nach der Erneuerung genutzt werden können. Neue effiziente Turbinen- und Generatortechnik wird dann allerdings einen hohen Wirkungsgrad erzielen. Im Bestandskrafthaus bleiben die Rohrbahnen, das Krafthaus sowie die industriehistorisch wertvollen Gebäudekomponenten und technischen Einrichtungen im und am Wasserschloss erhalten. Der so genannte Energievernichter wird entfernt, da an dieser Stelle das neue Krafthaus errichtet wird. Um die Standsicherheit der historischen Gebäude langfristig zu wahren, wird der Oberwasserbereich am Wasserschloss Töging und der Unterwasserbereich des Kraftwerks Töging aufgefüllt. Die geplante Stauzielerhöhung im Stauraum Jettenbach ermöglicht eine erhöhte Überleitung und steigert somit signifikant das regenerative Potenzial. Die Dämme und Deiche im Stauraum und die Abdichtung im Innkanal werden dazu auf das neue Stauziel angepasst.
Umweltqualität verbessert
Das unter Denkmalschutz stehende sechsfeldrige Wehr Jettenbach soll für den künftig geforderten Hochwasserschutz und in Bezug auf die Standsicherheit den aktuellen Erkenntnissen angepasst werden. Da ein Umbau technisch nicht zielführend ist, soll im Schutz der bestehenden Wehranlage unterwasserseitig in circa 50 Metern angerückter Lage ein neues Wehr mit vier Wehrfeldern erstellt und der Bestand bis auf die Sohle rückgebaut werden. Das bestehende Restwasserkraftwerk wird an den Neubau angeschlossen. Zusätzlich ist eine Fischabstiegsanlage auf der linken Uferseite des neuen Wehrs geplant. Eine Wasserkraftschnecke soll dort den Abfluss energetisch nutzen. Die Erneuerung des Kraftwerks Töging-Jettenbach ist mit geringen Eingriffen in die Umwelt möglich. Die bestehende Querverbauung wird optimaler ausgenutzt, ohne das Gewässersystem stark beeinflussen zu müssen. Mit dem Projekt werden viele Umweltmaßnahmen realisiert. Beispielsweise werden eine Fischwanderhilfe und Kiesbänke geschaffen. Altarme des Inns werden wieder angebunden und entlandet. Auch der Uferrückbau und Uferstrukturierungen zählen zu diesen Maßnahmen. Somit wird die Umweltqualität verbessert, die Lebensbedingungen der verschiedenen Fischarten werden aufgewertet und eine attraktive Flusslandschaft für Mensch und Natur gestaltet.
Nachhaltige Zukunft
Neben den volkswirtschaftlichen und regionalpolitischen Impulsen, insbesondere für die Kreise Mühldorf und Altötting, ist der sanfte Ausbau der CO2-freien Wasserkraft auch ein wesentlicher Bestandteil der nachhaltigen Energiezukunft Bayerns – eine Win-win-Situation also für die Zukunft des Freistaats und die Ökologie am Fluss.
Dieser Beitrag ist in der Juli/August-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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