ThügaAlleine oder im Verbund
Wie ist ein Stadtwerk auf der Kostenseite richtig aufgestellt? Diese Frage ist seit Jahren ein Dauerbrenner in der Energiewirtschaft. Schließlich geht es darum, die eigene Position im zunehmenden Wettbewerb zu halten oder gar auszubauen – schlanke Strukturen spielen dabei eine zentrale Rolle. So ist zu klären, ob bestimmte Arbeitsabläufe in Eigenregie durchzuführen oder über Dritte effizienter zu gestalten sind. Beispiele finden sich in vielen Bereichen. Sie reichen von Verbrauchsabrechnungen über die IT-Sicherheit und den technischen Netzservice bis hin zu Marketing-Support und Energiebeschaffung. Vor diesem Hintergrund hat die Stadtwerke-Kooperation Thüga schon im Jahr 2006 Dienstleistungsangebote in einer eigenen Gesellschaft, der Conergos, gebündelt.
Standardisierte IT-Anwendungen
Mittlerweile haben rund 60 Unternehmen – überwiegend aus dem Thüga-Verbund – Leistungen von Conergos eingekauft. Im Mittelpunkt stehen so genannte Templates, standardisierte digitale Anwendungen, die auf jeweils individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Es handelt sich dabei unter anderem um Programme für die Netzabrechnung, die Buchhaltung, das Personalwesen und die Verbrauchsabrechnung. Dabei läuft die Software über ein zentrales Rechenzentrum, das mit den zuständigen Abteilungen in den einzelnen Unternehmen direkt verbunden ist. Parallel dazu gibt es Schulungen und zweimal jährlich Updates, die veränderte rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigen. Ein Angebot, das laut Conergos-Geschäftsführer Ralf Winter deutliche Vorteile mit sich bringt: „Wir setzen bei der Weiterentwicklung der Templates gezielt auf SAP-basierte Anwendungen. Um sie wirtschaftlich betreiben zu können, ist jedoch eine kritische Größe erforderlich. Dadurch, dass wir nur eine Musteranwendung kaufen und sie für mehrere Kunden individuell aufbereiten, wird diese kritische Größe erreicht. Würde ein Unternehmen das für sich alleine umsetzen, entstünden ungleich höhere Kosten.“
Hinzu kommt, dass die Prozesskosten, wie Conergos betont, aufgrund des geringeren Personalaufwands deutlich geringer sind. Umgerechnet würden die Einsparungen gegenüber einer Stand-alone-Lösung im deutlich fünfstelligen Bereich liegen. Auch habe man anonym bei den eigenen Gesellschaftern ein Benchmark durchgeführt, um die Vorteile der Templates besser einschätzen zu können. Dabei habe sich gezeigt, dass die individuell ausgerichteten SAP-Anwendungen die beste wirtschaftliche Lösung hinsichtlich der Prozesskosten darstellen. Das Geschäftsmodell von Conergos ist laut eigener Aussage nicht primär gewinnorientiert; vielmehr steht die Dienstleistung für die Gesellschafter als solche im Vordergrund. „Die Kosten für die Programme und der damit verbundene Service sind in der Regel von der Anzahl der Zählpunkte abhängig“, berichtet Winter. „Werden über Einzelprojekte Gewinne erzielt, fließen sie in die Gesamtkostenrechnung ein. Dadurch ist es uns gelungen, die Konditionen über die vergangenen zehn Jahre hinweg weitgehend stabil zu halten“. Eingesetzt werden die Templates von den meisten Unternehmen gleich in mehreren Bereichen, da sie über gemeinsame Schnittstellen verfügen und so einen unkomplizierten Datentransfer erlauben.
Kritische Infrastrukturen
Conergos kümmert sich auch um das Thema Sicherheit kritischer Infrastrukturen. Ganz aktuell geht es in diesem Zusammenhang um Information-Security-Management-Systeme (ISMS). Laut IT-Sicherheitsgesetz muss auch bei Betreibern von Strom-, Gas- und Wassernetzen bis Ende 2018 die erfolgreiche Auditierung eines ISMS stattgefunden haben. Georg Lessak, Geschäftsführer von Conergos, erläutert, dass Versorgungsunternehmen grundsätzlich mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung haben. „Sie können die komplette Auditierung über einen externen Berater durchführen lassen oder ein entsprechendes Template zur Reduzierung der Kosten zwischenschalten. Das erfordert zwar mehr Eigenleistung, hat aber den Vorteil, dass Prozesse dokumentiert, geprüft und damit transparenter werden. Gleichzeitig steigt die Eigenkompetenz der Unternehmen“, so Lessak. Und wie sieht es bei den Kosten aus? Die Thüga-Experten schätzen, dass für die Auditierung eines mittleren Stadtwerkes mehrere hundert Beratertage anfallen. Dem stünden je nach Unternehmensgröße zwischen 25.000 und 60.000 Euro für die Templates gegenüber, die in der Regel aber durch die eingesparten Beraterkosten deutlich überkompensiert würden.
Template für Auditierung
Das Template zur Unterstützung bei der Auditierung ist in der ersten Variante seit Mitte 2016 verfügbar. Nach Aussage von Georg Lessak nutzen bereits über zehn Versorgungsunternehmen das Werkzeug. Es steht aber nicht nur Gesellschaften der Thüga-Gruppe zur Verfügung, sondern auch interessierten Dritten. Allerdings haben die Verantwortlichen noch mehr vor. Das Programm soll weiterentwickelt werden, bis es voll auditierungsfähig ist, also als Baustein beim Nachweis eines voll funktionsfähigen ISMS anerkannt wird.
Konkreter Handlungsbedarf besteht für Stadtwerke auch bei Smart Metern, die ab Januar 2017 für Verbraucher mit einer Jahresabnahme von mehr als 6.000 Kilowattstunden verbindlich vorgeschrieben sind. Ziel ist es, über einen Gateway-Administrator ein kommunizierendes System aufzubauen, um Stromangebot und -nachfrage besser miteinander in Einklang zu bringen. Nach dem Messstellenbetriebsgesetz, kurz MSBG, liegt die Zuständigkeit für die Smart Meter bei den jeweiligen Netzbetreibern. Betroffen sind vier bis sechs Millionen Zähler in Deutschland – und damit die meisten kommunalen Versorgungsunternehmen. Für sie stellt sich jetzt die Frage, ob die Messstellen als eigenes Geschäftsmodell betrieben werden können. Nach Berechnungen der Thüga sind in der Regel Kooperationsmodelle in einer Größenordnung von mehr als einer Million Kunden erforderlich, um eine effiziente Kostenstruktur zu erreichen. Eine Option ist es, als Messstellenbetreiber über die Thüga deutschlandweit das größte Bündelungspotenzial von bis zu 7,7 Millionen Zählpunkten erschließen. Dazu haben die Thüga-Unternehmen Thüga Meterings Service (jetzt Thüga Smart Service), Conergos, E-MAKS und e.dat ein Lösungspaket entwickelt, das die Messstellenbetreiber in die Lage versetzen soll, die neuen Aufgaben wirtschaftlich zu erfüllen. Es fungiert als Schnittstelle zwischen Zähler und Gateway-Administrator, um relevante Daten zu erfassen und eine hohe IT-Sicherheit zu gewährleisten.
Hoheit behalten
Vor diesem Hintergrund empfiehlt Thüga, die Hoheit über Messstellen und Daten nicht aus der Hand zu geben. „Die Smart Meter sind ein Turbo für den Vertrieb“, betont Georg Lessak. „Wer sich hier verabschiedet, verliert den Bezug zu den Kunden, denn ohne Verbrauchsdaten lassen sich keine innovativen Angebote für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln.“
http://www.thuega.de
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