InterviewAlle Leistungen aus einer Hand
Herr Dr. Schmidt, vor welchen Herausforderungen steht die IT in der Energiewirtschaft?
Versorgungsunternehmen setzen derzeit unter Hochdruck die Anforderungen des Gesetzgebers um. Für strategische Entscheidungen sowohl im Netzausbau als auch in die IT bleibt kaum noch Zeit. Noch nie waren aber der Netzbetrieb und die IT so stark aufeinander angewiesen. Netze kommen immer mehr an ihre physikalischen Grenzen und der Einsatz vorhandener Daten in der IT zur optimalen Netzführung wird immer wichtiger. Dabei ist auf ein zukunftsorientiertes und leistungsfähiges Konzept zu achten, das diese Herausforderungen – insbesondere die rasant steigenden Datenmengen – bewältigen kann.
Wie schätzen Sie den IT-Markt in der Energiebranche ein?
Alle großen IT-Anbieter liefern Lösungen für die Energiewende. Aber nur die wenigsten können sowohl Informationstechnik als auch Kommunikation aus einer Hand anbieten. Diese Fähigkeit ist gerade für Smart Metering entscheidend, für das wir in diesem Jahr die entscheidenden Verordnungen erwarten – wie die Messsystemverordnung und die Roll-out-Verordnung.
Welche Angebote macht die Deutsche Telekom den Unternehmen der Enegiewirtschaft?
Verbrauchsdatenübertragung, Meter Data Management, Bereitstellung der Daten sowohl für Abrechnungssysteme als auch Leitsysteme – diese Möglichkeiten existieren bei nahezu allen Versorgern. Alleine die Deutsche Telekom kann alle Leistungen aus dem eigenen Portfolio anbieten. Im Bereich der Abrechnung bieten wir die Lösung SAP Industry Solution for Utilities als Software as a Service. Zum monatlichen Festpreis pro Zähler stellt die Telekom sowohl die Software als auch die Lizenzen zur Verfügung und führt automatisch die Anforderungen der Bundesnetzagentur nach. Bei allen Angeboten sind Datenschutzaspekte und diskriminierungsfreie Distribution sowie immer stärker in den Fokus rückende Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. Diese Anforderungen kennt und bewältigt die Deutsche Telekom seit über 15 Jahren im Rahmen der Liberalisierung und Regulierung des Telekommunikationsmarktes. Mit diesen Erfahrungen können wir die Energiewirtschaft effektiv bei den anstehenden Herausforderungen unterstützen.
Wie sieht es bei IT-Services aus?
Viele Geschäftsprozesse laufen in der Energiewirtschaft noch nicht vollelektronisch ab. Das fängt beim Ablesen der Verbrauchswerte an, und geht über Wechselprozesse bis hin zur Rechnungsstellung und Reporting-Funktionen. Die Deutsche Telekom unterstützt mit ihren Services die gesamte Prozesskette und ermöglicht dem Kunden hierbei den modularen Einstieg. Dabei kümmert sich die Deutsche Telekom um alle Belange des Kunden. Neben den klassischen IT-Services können auch Prozesse zur Sachbearbeitung zugebucht werden.
Wie bewerten Sie die Themen Smart Metering und Smart Grid sowie Big Data und Cloud Computing?
Smart Metering und Smart Grid sind Anwendungsfelder, Cloud Computing und Big Data sind eher Methoden. Cloud Computing liefert IT-Dienste nach dem Modell: Bezahl nur, was du auch verbrauchst. Dieses Geschäftsmodell bindet keine Investitionen und hält Schritt mit den Anforderungen. Der Zählerausbau in Deutschland wird sich über mehrere Jahre hinziehen. Wer die Rechner dafür gleich zu Beginn anschafft, muss mit dem letzten Zähler auch schon gleich wieder eine neue Rechnergeneration kaufen. Plattformbetreiber wie T-Systems können über Skaleneffekte und die Bündelung vieler Kunden aus unterschiedlichen Branchen viel effizienter wirtschaften.
„Die Energiewirtschaft hat Vorbehalte, Daten aus dem Haus zu geben.“
Welche Rolle spielt Big Data?
Mit Big Data verbinden wir das Auswerten von großen und vor allem unstrukturierten Datenmengen in Echtzeit. Das wird im kommenden Jahrzehnt für das automatisierte Stromnetz relevant. Worauf sich die Energiewirtschaft in den kommenden Jahren zunächst konzentriert, ist der Ausbau der intelligenten Zähler. Sie sind die Voraussetzung, um erneuerbare Energien in das Stromnetz zu integrieren sowie die technische Basis für flexible Tarife und das Smart Grid. Insbesondere dem Zusammenführen unstrukturierter Daten wird in Zukunft sicher mehr Bedeutung zukommen, da die Netze durch den Umbau im Zuge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes stärker geführt werden müssen.
Welche Beispiele gibt es für die Nutzung von unstrukturierten Daten?
Die Möglichkeiten sind vielfältig. So könnten Bewegungsdaten von Handys auf einen Stau auf der Zubringerautobahn für ein Industriegebiet mit vielen Büros hinweisen. Damit verschiebt sich die Verbrauchsspitze um 30 Minuten und BHKWs müssten erst später zugeschaltet werden. Die Nutzung von Wetterdaten und die Auswertung von öffentlichen Veranstaltungskalendern sind weitere mögliche Szenarien.
Wie kommt Cloud Computing bei den Anwendern an?
Kunden aus der Energiewirtschaft sehen die Vorteile des deutlich wirtschaftlicheren Cloud Computings, neigen aber trotzdem oft zum klassischen Betrieb. Hier liegt das Dilemma: Die Energiewirtschaft hat Vorbehalte, Daten aus dem Haus zu geben, etwa aus Sorge um deren Sicherheit. Dabei bieten die renommierten Rechenzentrumsbetreiber meist besseren Schutz, als es bei einer Installation auf eigenen Servern möglich wäre.
Wie sichert die Telekom die Kundendaten in den Rechenzentren?
Wir überwachen alle Zäune elektronisch, sichern unsere Kabelschächte mit Lichtschranken und kontrollieren die Klimatisation auf Betäubungsgase. Sechs Sicherheitszonen stehen bei uns zwischen einem Eindringling und dem Rechner. Ein großer Teil der Energieunternehmen muss enorme Anstrengungen unternehmen, um dieses Sicherheitsniveau zu erreichen. Anders gesagt: Ein Schließfach in einer Bank ist günstiger und sicherer, als einen eigenen Safe und eine eigene Alarmanlage anzuschaffen. Zudem haben wir in Deutschland eine der strengsten Gesetzgebungen zum Datenschutz. Wir sind deshalb von Cloud Computing überzeugt.
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