WindenergieAkzeptanz steigern
Windenergieanlagen, die an Land sowie in Küstennähe errichtet werden sollen, stoßen vermehrt auf Widerstand in der lokalen Bevölkerung. Dieser rührt zunächst von Lärm, Schattenwurf und visuellen Beeinträchtigungen der Anlagen her. Die Kosten für den Netzausbau lassen zudem die Netzentgelte in den windreichen Regionen erheblich steigen. Gleichzeitig profitiert die Bevölkerung vor Ort wenig von den neuen Anlagen, da Gewinne häufig beim Vorhabenträger, dem Anlagenbetreiber und den Grundstückseigentümern verbleiben. Vor diesem Hintergrund rücken Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz über die Beteiligung von Gemeinden in den Mittelpunkt der politischen Diskussion.
Investitionsunabhängige Beteiligungsansätze
Die Standortgemeinden könnten zunächst über eine Beteiligung an den Betreibergesellschaften von der Wertschöpfung der Anlagen profitieren. Entsprechendes sieht bereits § 36g Abs. 3 S. 4 lit b EEG 2017 vor. Danach müssen die Bieter in der Ausschreibung durch Eigenerklärung nachweisen, dass die Gemeinde, in der die geplanten Windenergieanlagen errichtet werden sollen, oder eine Gesellschaft, an der diese Gemeinde zu 100 Prozent beteiligt ist, entweder eine finanzielle Beteiligung von zehn Prozent an der Bürgerenergiegesellschaft hält oder ihr eine solche Beteiligung angeboten worden ist. Problematisch an einer Unternehmensbeteiligung ist jedoch, dass die Gemeinden nicht nur am unternehmerischen Gewinn, sondern auch am wirtschaftlichen Verlustrisiko teilhaben. Diese Problematik würde sich auch bei einer Beteiligung von Kommunen als stille Kapitalgeber stellen. In den Mittelpunkt der Betrachtung rücken daher zunehmend investitionsunabhängige Beteiligungsansätze, unter denen Gewinne zum Beispiel über Abgaben abgeschöpft werden können. Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente zur Gewinnabschöpfung und deren Umsetzungshürden überblicksartig dargestellt.
Ausgestaltung als Ressourcennutzungsgebühr
Windparkbetreiber könnten für die Inanspruchnahme des Außenbereichs eine Abgabe in Form einer Ressourcennutzungsgebühr zahlen. Dieses Instrument wird bisher in der Wasserversorgung sowie der Abwasser- und Abfallentsorgung angewandt. Die Ausgestaltung als Ressourcennutzungsgebühr setzt unter anderem voraus, dass ein abschöpfungsfähiger Sondervorteil vorliegt. Dies könnte bei der Schaffung einer Außenbereichsabgabe problematisch sein, da der Wind keine endliche Ressource ist. Außerdem liegt die Ertragskompetenz für die Erhebung der Außenbereichsabgabe bei den Ländern, sodass für die Weiterleitung der Gelder an die Kommunen eine Regelung gefunden werden muss, die diese nicht aushebelt.
Außerdem könnte eine Sonderabgabe erhoben werden. Hierfür muss jedoch eine besondere Finanzierungsverantwortung begründet werden. Eine weitere Umsetzungshürde stellt das in Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG geregelte Aufgabenübertragungsverbot dar, demzufolge der Bund keine Aufgaben an die Gemeinden übertragen darf. Dies würde nach dem Wortlaut jedoch auch eine durch Bundesgesetz geregelte Kompetenz zur Erhebung von Abgaben erfassen.
Zerlegungsmaßstab verschieben
Eine weitere Möglichkeit zur wirtschaftlichen Beteiligung von Kommunen bietet die Gewerbesteuer. Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 lit. b GewStG erhält die Windpark-Standortgemeinde 70 Prozent und die Firmensitzgemeinde 30 Prozent der Gewerbesteuer. Dieser Zerlegungsmaßstab könnte zugunsten der Standortgemeinde verschoben werden. Die Gesetzesänderung könnte der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG umsetzen. Allerdings wird die Gewerbesteuer abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbebetriebs erhoben. Da Windenergieanlagen erst in späteren Nutzungsphasen rentabel werden, ist die Wirkung dieses Instruments zur Gewinnabschöpfung begrenzt. Zudem gibt es Umgehungsmöglichkeiten.
Standortgemeinden könnten darüber hinaus eine höhere Grundsteuer erheben, wenn mit der Windenergieanlage bebaute Grundstücke nicht mehr als unbebaute Grundstücke eingeordnet werden würden. Steuerpflichtig wäre dann der Grundstückseigentümer, der bisher nicht im Fokus akzeptanzsteigender Maßnahmen steht.
Höhe der wirtschaftlichen Belastung prüfen
Schließlich könnte von den Betreibern geförderter Windenergieanlagen eine freiwillige Zahlung an die Standortkommune geleistet werden. Diese könnte etwa als EEG-Fördervoraussetzung ausgestaltet werden. Anlagenbetreiber, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, würden dann eine geringere Förderung erhalten. Da die vom Anlagenbetreiber geleistete Zahlung auch bei dieser Ausgestaltung letztlich bei der Gemeinde und damit in einen staatlichen Haushalt gelangt, stellt sich die Frage, ob hierdurch nicht die Voraussetzungen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben umgangen werden. Das macht eine entsprechende Rechtfertigung notwendig, was aber vorstellbar ist.
Auch vergünstigte Grünstromtarife für Nachbarn von Windenergieanlagen können einen Beteiligungsansatz darstellen. Die damit verbundenen rechtlichen Risiken sind, insbesondere im Vergleich zu den verfassungsrechtlichen Risiken der öffentlichen Abgaben, gering. Zu prüfen wäre unter anderem die Höhe der wirtschaftlichen Belastung der Anlagenbetreiber.
Verschiedene Optionen
Unter den Beteiligungsansätzen durch Gewinnabschöpfung begegnet vor allem die Erhebung von Abgaben verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei der Außenbereichsabgabe ist beispielsweise fraglich, ob der Boden als abschöpfungsfähiger Sondervorteil qualifiziert werden könnte. Außerdem läge die Ertragskompetenz für diese Abgabe bei den Ländern. Die Sonderabgabe bedarf zum einen einer besonderen Finanzierungsverantwortung. Zum anderen wird der Spielraum des Bundesgesetzgebers durch das Aufgabenübertragungsverbot eingeschränkt. Letztlich erscheinen diese Probleme aber gegebenenfalls doch lösbar. Keine vergleichbaren verfassungsrechtlichen Bedenken lösen hingegen Anpassungen der Realsteuer – insbesondere der Grundsteuer – oder die Einführung grüner Stromtarife aus. Insgesamt bestehen damit verschiedene Optionen für Instrumente zur Akzeptanzsteigerung. Wie immer steckt der Teufel aber im Detail, hier der regulatorischen Ausgestaltung.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli/August 2019 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Stadtwerke München: Zuschlag für Windpark in Eichstätt erhalten
[20.12.2024] Die Stadtwerke München haben jetzt den Zuschlag für den Bau eines neuen Windparks im Landkreis Eichstätt erhalten. Das Projekt umfasst sechs Windkraftanlagen bei Schernfeld und soll einen wichtigen Beitrag zur regionalen Energiewende leisten. mehr...
Rügen: Energie-Kommune dank Wasserstoff
[17.12.2024] Die Insel Rügen wurde im Dezember von der AEE als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet. Ein Grund dafür sind die Wasserstoffprojekte, die hier realisiert werden. mehr...
Bundesnetzagentur: Rekord bei Ausschreibung für Windenergieanlagen an Land
[16.12.2024] Die jüngste Ausschreibungsrunde der Bundesnetzagentur für Windenergie an Land zum 1. November 2024 verzeichnete mit einer Gebotsmenge von über 6.000 Megawatt einen Rekord. mehr...
MVV: Vertrag zu Sekundärregelleistung abgeschlossen
[12.12.2024] MVV Trading hat erstmals Verträge zur Vermarktung von Sekundärregelleistung aus Onshore-Windparks abgeschlossen. Damit ermöglicht das Unternehmen Windparkbetreibern nicht nur eine neue Einnahmequelle, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Stromnetzes. mehr...
Kreis Steinfurt: Windparks erhalten Siegel
[11.12.2024] Im Kreis Steinfurt hat die Initiative energieland2050 erstmals drei Windparks mit dem Siegel „zertifizierter Bürgerwind“ ausgezeichnet. mehr...
Cuxhaven: Neue Liegeplätze für Offshore-Windenergie
[03.12.2024] Im Februar 2025 beginnen in Cuxhaven die Bauarbeiten für drei neue Liegeplätze am Offshore-Terminal. Das Projekt im Umfang von 300 Millionen Euro wird von Bund, Land und Wirtschaft gemeinsam finanziert. mehr...
Stadtwerke Amberg/VSB Deutschland: Gemeinsames Windenergieprojekt bei Köfering
[21.11.2024] Die Stadtwerke Amberg und VSB Deutschland haben jetzt den Startschuss für ein Windenergieprojekt südlich von Köfering nahe der A6 gegeben. mehr...
BWE: Ausschreibungen auf Rekordniveau
[05.11.2024] Der Ausbau der Windenergie an Land erreicht neue Höhen. Mit einem Ausschreibungsvolumen von über 4.000 Megawatt und einer robusten Genehmigungslage nähert sich Deutschland seinem Ziel von 10.000 Megawatt Windenergiezubau pro Jahr. mehr...
Rheinland-Pfalz: Neues Onlineportal für Windkraftausbau
[31.10.2024] Ab dem 1. November 2024 können interessierte Nutzer in Rheinland-Pfalz auf ein neues Flächenportal zugreifen, das den Ausbau der Windenergie im Land voranbringen soll. Das von Innenminister Michael Ebling und der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) entwickelte Tool stellt umfangreiche Daten zu potenziellen Windkraftflächen bereit und ermöglicht eine detaillierte Planung. mehr...
Stadtwerke Tübingen: Neuer Solarpark in Bayern
[28.10.2024] Die Stadtwerke Tübingen beliefern die Universität und das Universitätsklinikum künftig direkt mit selbst erzeugtem Ökostrom aus ihrem neuen Solarpark in Bayern. Die langfristige Zusammenarbeit im Rahmen eines zehnjährigen Power-Purchase-Agreements soll die regionale Energiewende stärken und bei den beteiligten Partnern für Preisstabilität und Klimaschutz sorgen. mehr...
WindGISKI: Standorte für Windkraft mit KI identifizieren
[25.10.2024] Das Forschungsprojekt WindGISKI der Leibniz Universität Hannover hat erste Ergebnisse zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Planung von Windenergieanlagen vorgestellt. Ziel des Projekts ist es, mithilfe eines KI-gestützten Geo-Informationssystems Standorte für Windkraft effizienter und konfliktfreier zu identifizieren. mehr...
Baden-Württemberg: Vorranggebiete für Windenergie in Planung
[17.10.2024] Der Ausbau der Windenergie geht in Baden-Württemberg nur langsam voran – beschleunigen soll ihn die Windenergieregionalplanung. Ende September 2025 soll die Planung abgeschlossen sein und dann die Vorranggebiete für Windkraft feststehen. mehr...
Rhein-Hunsrück-Kreis: Grüne Stromproduktion auf neuem Höchststand
[15.10.2024] Die erneuerbare Stromproduktion hat im Rhein-Hunsrück-Kreis im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Insbesondere bei der Windkraft konnte der Stromertrag durch Repowering deutlich gesteigert werden. mehr...
Stadtwerke Tübingen / Dußlingen: Pachtvertrag für Windpark unterzeichnet
[11.10.2024] Auf der Gemarkung Dußlingen sollen sich künftig Windräder drehen. Der Gestattung kommunaler Flächen für den interkommunalen Windpark hat die Gemeinde bereits im Mai zugestimmt. Nun wurde auch der Pachtvertrag mit den Stadtwerken Tübingen unterzeichnet. mehr...
Windenergie: Kommunen finanziell beteiligen
[07.10.2024] Das Erneuerbare-Energien-Gesetz beteiligt Kommunen seit dem Jahr 2023 an Windenergieprojekten. Dadurch werden die Vorteile der Energiewende vor Ort erfahrbar. Auch die Projektentwickler begrüßen die neue Möglichkeit der finanziellen Beteiligung und wenden sie konsequent an. mehr...