Montag, 23. Dezember 2024

ErdgasprodukteAber bitte ohne Aufpreis

[11.02.2014] Die Bürger in Deutschland wollen zwar klimafreundliche Produkte, möchten dafür aber nicht mehr Geld ausgeben. Trotz dieses Dilemmas gibt es eine Möglichkeit, klimaneutrales Erdgas kundenfreundlich anzubieten.
Klimafreundliches Erdgas lässt sich ohne erkennbaren Premiumaufschlag anbieten.

Klimafreundliches Erdgas lässt sich ohne erkennbaren Premiumaufschlag anbieten.

(Bildquelle: creativ collection Verlag)

Die Bereitschaft der Kunden, für Ökoprodukte mehr zu bezahlen, ist begrenzt. Sie steigt leicht an, wenn der Kunde einen direkten Zusatznutzen aus dem Produkt herleiten kann. Bei Energieprodukten fällt es schwer, den Zusatznutzen auf den ersten Blick zu erkennen. Die Angebote auf dem Energiemarkt sind vielfältig. Die Kunden können von Öko- bis Normalenergie so ziemlich alles beziehen, was denkbar ist. Dabei können sie in der Regel zwischen sauberer oder günstiger Energie wählen, denn für saubere Energie wird im Allgemeinen ein deutlicher Premiumaufschlag gefordert. Erfüllt das die Erwartungen der Kunden?
Laut einer Marktbefragung fordert die Mehrzahl der Bürger in Deutschland gezielte Maßnahmen zum Klimaschutz: 90 Prozent wollen selbst einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, 86 Prozent sind der Meinung, dass Unternehmen viel mehr für den Klimaschutz tun sollten und für 80 Prozent gibt es noch nicht genügend klimafreundliche Produkte auf dem Markt. Trotz dieser Grundhaltung möchte der Einzelne keine monetären Nachteile hinnehmen: Nur vier Prozent sind bereit, mehr Geld für ein klimafreundliches Produkt auszugeben. Produktangebote, bei denen für die Ökoeigenschaft ein Mehrpreis ausgewiesen wird, gehen demnach an den Bedürfnissen von 96 Prozent der Kunden vorbei. Über 80 Prozent der Kunden wollen klimafreundliche Produkte.

Drei Thesen für die Energiewirtschaft

Klimafreundlichkeit wird als moralischer Anspruch manifestiert. Damit entgleitet sie dem Unternehmen als kalkulatorisches Element, dem bei der Preisfindung ein eigener Bestandteil zugeordnet werden kann. Moral als Inbegriff sittlicher Grundsätze hat nichts mit Kosten zu tun, sondern ist als Wert in uns verankert. Daraus können für die Energiewirtschaft drei Thesen abgeleitet werden: Klimaschutz ist keine Nische, sondern eine allgemeine Forderung. Entspricht die gelieferte Energie nicht dem moralischen Anspruch, ist sie mit einem Makel belastet. Die Kosten für die CO2-Freistellung werden vom Konsumenten nicht als Premium akzeptiert.
Die Energielieferanten haben bei ihrer Produktstrategie bislang den direkten Weg gewählt, frei nach der Devise: „Was bezahlt wird, wird angeboten und geliefert.“ Die Praxis hat diese Strategie bestätigt, weil die Marktanteile der Ökoprodukte eher klein bis vernachlässigbar waren. Doch es gibt auch Unternehmen, die nach neuen Wegen suchen, um den Kundenwunsch nach klimafreundlicher Energie ohne ausgewiesene Zusatzkosten zu erfüllen. Diese haben gegenüber anderen Anbietern einen Wettbewerbsvorteil.
Bei Käufermärkten ist das Angebot größer als die Nachfrage. Für das Erdgas- und Stromangebot ist das zutreffend. Dabei kann der Kunde das aus seiner Sicht beste Angebot wählen. Er entscheidet darüber, was in welcher Menge und bei welchem Anbieter gekauft wird. Im Energiemarkt ist die physisch ausgelieferte Energie, zum Beispiel Erdgas für den Kunden, unabhängig von der Erzeugung gleichwertig. Definierte Qualitäts- und Beschaffenheitsmerkmale sorgen dafür, dass das Erdgas aus der Leitung in den vorgesehenen Anwendungstechniken uneingeschränkt verwendet werden kann. Als Unterscheidungsmerkmal kommen im Wesentlichen der Zusatznutzen des Produkts, die Konvenienz bei der Geschäftsabwicklung und das Image des Lieferanten in Frage.

Klimaneutral doppelt punkten

Die Entscheidung für ein Produkt hängt in hohem Maße von den Vorstellungen des Verbrauchers ab. Die Produktdifferenzierung aus Kundensicht orientiert sich am so genannten Zusatznutzen. Für das Marketing und die Produktentwicklung sollte der Fokus deshalb ebenfalls darauf liegen. Merkmale und Darbietung des Produkts müssen sich an bestehenden Erwartungen und Einstellungen der Kunden orientieren. In der Umsetzung heißt das nichts anderes, als das Produkt möglichst nahe an den von den Konsumenten geforderten Eigenschaften auszurichten.
Doppelt punkten kann ein Erdgasanbieter mit klimaneutralem Erdgas. Zunächst stattet er sein Produkt mit den vom Verbraucher gewünschten umweltfreundlichen Eigenschaften aus. Im zweiten Schritt wirkt sich das umweltfreundliche Produkt positiv auf das Unternehmensimage aus. Wird dabei nur ein kleiner Teil der Gesamtmenge als klimaneutral angeboten, fällt die Wahrnehmung des Anbieters als umweltfreundliches Unternehmen geringer aus als bei einer umfassenden Umstellung der Angebotspalette. Mithilfe der Wechselwirkung zwischen Produkt- und Unternehmensimage können Energieanbieter spezifische Imageprofile etablieren, die die Marktposition nachhaltig stärken und eine deutliche Differenzierung zum Wettbewerber schaffen.

Spielräume bei der Preiskalkulation

Bei der Preisfindung sollte das klimaneutrale Erdgas nicht für den Kunden erkennbar mit einem Premiumaufschlag ausgestattet werden. Vielmehr können die Kosten für die Klimazertifikate den Ausgaben für Produkt- und Image-Werbung zugeschlagen werden. Damit ergeben sich bei der Preiskalkulation für das eigentliche Produkt Spielräume, die kreativ genutzt werden können. Die Zuordnung der Kosten für die Klimazertifikate zu den Werbeausgaben ist strategisch zulässig. In Märkten mit starkem Wettbewerb spielt die Profilierung von Produkten und Unternehmen eine tragende Rolle. Sie sind entscheidend bei der Positionierung der Unternehmen und für den Geschäftserfolg. Gut aufgebaute Image-Profile für Produkte und Unternehmen unterstützen den Bekanntheitsgrad und erweitern nachhaltig das Kundenpotenzial. Die Kundenansprache wird effizienter und der Marktanteil dank der sich anschließenden Markentreue langfristig gefestigt.

Michael Gülden ist Leiter Marketing bei der Gas-Union GmbH.




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