Montag, 24. Februar 2025

Serie Best Practice KWKNeue Gase als Brennstoff

[24.02.2025] Einer der Vorteile der KWK ist ihre Flexibilität beim Brennstoffeinsatz. Anlagen, die H2-ready sind, sind am Markt längst verfügbar. In Forschungsprojekten wird untersucht, wie Anlagen ohne Leistungseinbußen mit verschiedenen Brennstoffen betrieben werden können.

Vorstellung des Wasserstoff-BHKW im österreichischen Gampern bei der Verleihung des Innovationspreises der Gaswirtschaft.

(Bildquelle: ASUE/Thomas Wencker)

Alle zwei Jahre loben die Spitzenverbände der Gaswirtschaft (BDEW, DVGW und Zukunft Gas) gemeinsam mit der ASUE als Kompetenzpartner ihren Innovationspreis aus. Seit 1980 werden wegweisende Projekte und Technologien auf dem Weg in eine umweltschonende und klimaneutrale Energiezukunft ausgezeichnet. Im Jahr 2024 wurde der Innovationspreis zeitgemäß um den Zusatz „Neue Gase“ erweitert, denn der Umbau der Gasversorgung ist in vollem Gange.

Klimaneutrale Anpassung

Der Preis ist in die Kategorien Erzeugung, Transport und In­frastruktur sowie Anwendungstechnologien unterteilt. Für die Kraft-Wärme-Kopplung stand somit die Kategorie 3 zur Verfügung, da KWK-Anlagen, seien es Gasmotoren oder Gasturbinen, aufgrund ihrer Brennstoffflexibilität grundsätzlich in der Lage sind, verschiedenste molekulare Energieträger zu nutzen. Und diese grundsätzliche Eigenschaft von KWK-Anlagen scheint im Umfeld des Innovationspreises nicht von zentraler Bedeutung zu sein, denn es wurden nur vier Bewerbungen mit KWK-Bezug eingereicht. Dies ist insbesondere im Vergleich zur Rekordzahl von 113 eingereichten Bewerbungen für den Innovationspreis 2024 ein sehr geringer Anteil.

Gleichzeitig lässt die geringe Anzahl von Bewerbungen mit KWK-Bezug die Interpretation zu, dass die Hersteller ihre Hausaufgaben zur klimaneutralen Anpassung der Geräte längst gemacht haben. Tatsächlich haben einige Hersteller bereits wasserstofftaugliche Blockheizkraftwerke (BHKW) auf dem Markt – fast alle Hersteller arbeiten zumindest an der Anpassung ihrer Motorentechnik. Damit ist die KWK prinzipiell bereit, beim künftigen Hochlauf der neuen Gase (unter anderem Wasserstoff, Biogas und Biomethan, aber auch Ammoniak oder Dimethylether) in Zeiten, in denen Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen, Strom, Wärme und auch Kälte zu liefern.

Gewinner des Innovationspreises

Als Gewinner des Innovationspreises in der Kategorie Anwendungstechnologien wurde die Firma Schott ausgezeichnet. Als erstes Unternehmen der Glasindustrie hat das Mainzer Unternehmen optisches Spezialglas nur mit Wasserstoff im industriellen Maßstab hergestellt. Zu den Nominierten in der Kategorie gehörte der Anlagenhersteller INNIO/Jenbacher. Das Unternehmen hatte sich mit einem Wasserstoff-BHKW beworben, das am Standort Gampern in Oberösterreich mit einer elektrischen Leistung von einem Megawatt grünen Strom und grüne Wärme erzeugt. 

Vor Ort wurde ein Wasserstoffmotor der INNIO-Baureihe 4 installiert, dessen erzeugter Strom für den lokalen Bedarf der Gasverdichterstation der RAG Austria genutzt wird. Der für den Betrieb benötigte Wasserstoff stammt direkt aus einem am Standort vorhandenen Porenspeicher, in dem die RAG die Speichereigenschaften beim Betrieb mit Wasserstoff untersucht und weiterentwickelt hat. In der integrierten Anlage werden jährlich rund 4,2 Gigawattstunden überschüssiger Strom im Sommer in Form von Wasserstoff gespeichert und im Winter in Strom und Wärme umgewandelt.

Zero-Emission H2-Motoren

Ein innovatives BHKW-Projekt, das in diesem Zusammenhang ebenfalls genannt werden kann, ist das Blockheizkraftwerk der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden. Dieses wird im Rahmen des Forschungsprojekts „Technologielösungen für hocheffiziente Zero-Emission H2-Motoren für KWK-Anwendungen“ (CH2P) zur Weiterentwicklung von BHKW mit Wasserstoffantrieb eingesetzt. Gemeinsam mit dem bereits in der Wasserstoffanwendung erfahrenen BHKW-Anbieter 2G Energy wollen acht weitere Partner die Leistungsdichte der Aggregate weiter erhöhen, um den Wirkungsgrad zu steigern und die spezifischen Kosten zu senken. Anhand eines innerhalb weniger Tage auf Wasserstoff umgerüsteten BHKWs vom Typ 2G agenitor 406, das mit Wasserstoff eine elektrische Leistung von nur 170 Kilowatt statt 250 Kilowatt mit Erdgas erreicht, soll ermittelt werden, wie die Lücke zum Einsatz von Erdgas geschlossen werden kann. 

Ein Ansatzpunkt des Forschungsvorhabens ist es, höhere Verdichtungen in den Kolben zu erreichen als bisher üblich. Dies ist aufgrund des geringeren volumenbezogenen Brennwerts von Wasserstoff für eine optimierte Verbrennung notwendig. Auch die Gemischbildung von eingeblasenem Wasserstoff und Luft im Kolben wird untersucht, da sich die Flammenentwicklung von Wasserstoff und anderen Brenngasen deutlich unterscheidet. Ein längerfristiges Ziel des Projekts ist es, die Grundlagen für brennstoff­flexible BHKW zu schaffen, also Anlagen, die ohne Leistungseinbußen mit Erdgas, Biogas oder Wasserstoff in beliebigen Mischungsverhältnissen betrieben werden können.

Umbau der Gasverteilnetze

Die Leistung von Ingenieuren, Wissenschaftlern und Unternehmen in diesem Projekt ist auch ohne die Verleihung eines Innovationspreises von allgemeinem Interesse. Denn Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen werden in Zukunft vielfach das Rückgrat von Strom- und Wärmeversorgungssystemen bilden, vom großstädtischen Fernwärmenetz über lokale Gebäude- und Quartiersnetze bis hin zu energetisch integrierten Industriebetrieben in ihrem Umfeld. Mit Blick auf die bereits heute bestehenden rund 70.000 KWK-Anlagen, die in das Stromnetz einspeisen, ist dies auch ein gewichtiges Argument für den Umbau der Gasverteilnetze, die heute meist jenseits des in Planung befindlichen Wasserstoff-Kernnetzes liegen. Die KWK ist bereit.

Thomas Wencker ist Referent effiziente Energiesysteme und erneuerbare Gase bei der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. (ASUE).




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