InterviewSchub für den Roll-out
Herr Hörhammer, wie beurteilen Sie den aktuellen Stand des Smart Meter Roll-outs in Deutschland?
Der Smart Meter Roll-out hat einen Punkt erreicht, an dem wir eine deutliche Beschleunigung beobachten. Ein Schlüsselfaktor war die rechtliche Klarstellung durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, das Unsicherheiten beseitigt und den Rahmen für den verpflichtenden Roll-out von 20 bis 25 Prozent Smart Metern bis Ende 2025 gesetzt hat. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Stadtwerke, die bisher zögerten oder noch keinen Dienstleister gefunden hatten, nun aktiv werden, um die gesetzlichen Anforderungen in den verbleibenden 18 Monaten zu erfüllen.
Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen Stadtwerke bei der Umsetzung des Roll-outs?
Die bisherige Zurückhaltung einiger Stadtwerke bei der Umsetzung des Roll-outs von Smart Metern war vor allem auf die Wahrnehmung der damit verbundenen Pflichten und die anfallenden Kosten für die Systemimplementierung zurückzuführen. Insbesondere kleinere und mittlere Stadtwerke, die nur eine begrenzte Anzahl von Smart Metern zu installieren haben, standen vor der Herausforderung, die Wirtschaftlichkeit dieser Investition abzuwägen. Viele haben sich daher entschieden, abzuwarten und die Marktentwicklung zu beobachten.
Wie trägt die Teilnahme an der Anwendergemeinschaft von Voltaris zur Verbesserung des Roll-outs bei?
Die Bildung einer Anwendergemeinschaft bietet zahlreiche Vorteile, insbesondere die Möglichkeit zum Austausch von Erfahrungen und Best Practices. Diese Plattform ermöglicht es Stadtwerken, sich über spezifische Herausforderungen und Lösungsansätze auszutauschen, was insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von unschätzbarem Wert ist. So können sie beispielsweise erfahren, wie benachbarte Stadtwerke bestimmte technische oder regulatorische Probleme gelöst haben. Darüber hinaus bieten wir in der Anwendergemeinschaft Schulungen und Informationsveranstaltungen an, in denen Experten über aktuelle Themen und Entwicklungen im Bereich Smart Meter und verwandter Technologien informieren.
Mit CLS-Management können Stadtwerke und Netzbetreiber neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen entwickeln.
Wie haben regulatorische Änderungen, insbesondere der Paragraph 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), Ihre Strategie und Prozesse beeinflusst?
Der Paragraph 14a stellt die Weichen für den Einsatz steuerbarer Verbrauchseinrichtungen im Stromsektor und hat den Bedarf an Lösungen zur effektiven Steuerung und Integration dieser Technologien erhöht. Als Reaktion darauf haben wir unser Produktportfolio um das Management von steuerbaren lokalen Systemen (CLS) erweitert. Dies umfasst nicht nur die Hardware, sondern auch die notwendigen Dienstleistungen und die Software-Infrastruktur, damit unsere Kunden diese neuen regulatorischen Anforderungen erfüllen können. Diese Entwicklung war ein wichtiger Treiber für die aktuelle Dynamik im Smart Meter Roll-out. Sie hat uns veranlasst, innovative Lösungen zu entwickeln, die es ermöglichen, Energieflüsse intelligenter zu steuern und damit einen Beitrag zur Energiewende und zur Erhöhung der Netzstabilität zu leisten.
Welche Bedeutung hat das Thema CLS-Management?
Die intelligente Steuerung von Verbrauchern, Erzeugern und Speichern im Stromnetz ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende und das Erreichen der Klimaziele. Mit CLS-Management können Stadtwerke und Netzbetreiber nicht nur ihre eigene Netzinfrastruktur effizienter bewirtschaften, sondern auch neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen entwickeln, die auf der intelligenten Nutzung von Energie basieren. So ermöglicht beispielsweise die Integration von Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen eine Steuerung und Optimierung des Energieverbrauchs, was zu einer höheren Energieeffizienz und letztlich zu Kosteneinsparungen für die Endverbraucher führen kann.
Was sind die häufigsten Stolpersteine bei der Installation und dem Betrieb von intelligenten Messsystemen?
Die korrekte Installation der Messsysteme, der Anschluss der Antennen und die Sicherstellung eines guten Mobilfunkempfangs an der Messstelle sind essenziell. Wichtig ist auch, dass die Daten korrekt in die Systeme eingegeben werden, damit die Messstelle fehlerfrei in Betrieb genommen werden kann. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzen wir auf umfangreiche Schulungsprogramme für Techniker und Installateure. Zusätzlich haben wir Handbücher und Leitfäden entwickelt, die als Nachschlagewerk dienen und die Qualität der Installationen sicherstellen sollen.
Wie profitieren Stadtwerke und Netzbetreiber von den gemeinsamen Stichprobenverfahren für moderne Messeinrichtungen und Basiszähler?
In unseren beiden Prüfstellen ERP3 in Maxdorf und ESL3 in Merzig sind wir schon jetzt in der Lage, moderne Messeinrichtungen und Basiszähler eichrechtskonform und mit neuster Prüftechnik zu prüfen. Durch die Bündelung von Ressourcen in einem gemeinsamen Stichprobenverfahren und die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur können Stadtwerke und Netzbetreiber erhebliche Kosteneinsparungen realisieren. Das Verfahren ermöglicht es, Losgrößen über verschiedene Netzgebiete hinweg zusammenzufassen und damit die Prüfungen wirtschaftlicher und effizienter zu gestalten.
Welche Weiterentwicklungen und Innovationen plant Voltaris insbesondere im Bereich Schalten und Steuern sowie bei der Anbindung mehrerer Zähler?
Für die Zukunft planen wir, unsere Dienstleistungen im Bereich Schalten und Steuern weiter auszubauen und zu optimieren. Unser Fokus liegt dabei auf der Entwicklung von Lösungen, die eine noch effizientere Steuerung und Überwachung von Energieverbrauch und -erzeugung ermöglichen. Wir sind bereits in verschiedenen Pilotprojekten aktiv, um die technische Machbarkeit und den Mehrwert neuer Anwendungen zu testen. Dazu gehören auch Projekte zur kabelgebundenen und kabellosen Vernetzung mehrerer Zähler, die die Flexibilität und Effizienz des Smart-Metering-Systems weiter erhöhen werden.
Welche Ziele haben Sie sich für die kommenden Monate gesetzt und welche Herausforderungen sehen Sie für den weiteren Roll-out?
Unser Hauptziel für die kommenden Monate ist es, den Hochlauf des Roll-outs weiter zu skalieren und sicherzustellen, dass neue Kunden reibungslos auf unsere Systeme migriert werden können. Eine der größten Herausforderungen wird es sein, die Stadtwerke bei der Bereitstellung von Netzzustandsdaten und der Einführung neuer Steuerungs- und Schalttechnologien zu unterstützen. Hier sind noch einige Vorarbeiten und Anpassungen in den Systemen der Stadtwerke notwendig, um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden.
Wie optimistisch sind Sie, dass der flächendeckende Roll-out fristgerecht gelingt?
Ich bin sehr optimistisch, dass der flächendeckende Roll-out erfolgreich umgesetzt werden kann. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir trotz anfänglicher Herausforderungen und Diskussionen auf einem sehr guten Weg sind. Ich gehe davon aus, dass wir bis 2030 eine Durchdringung von 30 bis 40 Prozent mit intelligenten Messsystemen im Netz erreichen werden, eine deutliche Steigerung gegenüber den ursprünglich erwarteten 15 Prozent. Denn die Notwendigkeit und der Nutzen von Smart Metern als wesentlicher Baustein der Digitalisierung und der Energiewende sind unbestritten.
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