Sonntag, 24. November 2024

Serie KWK in der WärmeplanungNeue Maßstäbe setzen

[02.08.2023] Das Kieler Küstenkraftwerk ist ein Beispiel für die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in der Energiewende. Durch die Umrüstung der 20 Jenbacher Großmotoren auf den Betrieb mit grünem Wasserstoff kann die KWK-Anlage ab 2035 vollständig klimaneutral betrieben werden.
Das Kieler Küstenkraftwerk soll ab 2025 klimaneutral betrieben werden.

Das Kieler Küstenkraftwerk soll ab 2025 klimaneutral betrieben werden.

(Bildquelle: Stadtwerke Kiel AG)

Mit dem Küstenkraftwerk Kiel ging 2020 an der Kieler Förde eines der modernsten Großmotorenheizkraftwerke Europas mit einem Gesamtwirkungsgrad von über 92 Prozent in Betrieb. Die hochflexible Anlage versorgt mehr als 73.500 Haushalte mit umweltfreundlicher Fernwärme und erzeugt zusätzlich Strom für die Region. Durch den Umstieg von einem zuvor hier betriebenen Kohlekraftwerk auf das mit 20 J920 FleXtra Großmotoren des zur Innio-Gruppe gehörenden Unternehmens Jenbacher ausgestattete Leuchtturmprojekt konnten bereits rund 70 Prozent und damit eine Million Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr eingespart werden. Das entspricht dem Kohlendioxid­ausstoß von rund 500.000 Autos. Doch damit nicht genug.
Bis 2035 soll das 190 Megawatt (MW) starke Küstenkraftwerk nun als erstes Großmotorenheizkraftwerk der Welt auf den Betrieb mit 100 Prozent grünem Wasserstoff (H2) umgerüstet werden und damit weltweit Maßstäbe für eine klimaneutrale Energieversorgung setzen. Startschuss für dieses neue Kapitel der Energiewende ist eine Anfang März 2023 unterzeichnete Vereinbarung zwischen den Stadtwerken Kiel und Innio zur Umrüstung der 20 Jenbacher Großmotoren auf den Betrieb mit grünem Wasserstoff. Damit soll das hochmoderne und flexible Kieler Küstenkraftwerk ab 2035 vollständig klimaneutral werden.

Den Klimazielen weit voraus

Mit diesem Schritt erreichen die Stadtwerke Kiel einen weiteren Meilenstein in ihrem „Acht-Punkte-Programm: Kurs Klimaneutralität“, mit dem sie die Energiewende vorantreiben. Ursprünglich war geplant, Strom und Fernwärme bis spätestens 2040 vollständig klimaneutral zu erzeugen. Dieser Termin wurde nun um fünf Jahre vorverlegt. Damit sind Innio und die Stadtwerke Kiel den Klimazielen der Bundesregierung um zehn Jahre voraus. Und das ganz bewusst, denn die Kieler sehen sich als Tempomacher beim Klimaschutz.
Basis für die klimaneutrale Energieerzeugung in Kiel ist die Jenbacher Wasserstofftechnologie, mit der Innio die Energiewende vorantreibt. „Das Küstenkraftwerk Kiel ist das erste seiner Art, das theoretisch schon heute komplett auf grünen Wasserstoff umgestellt werden könnte“, erklärt Olaf Berlien, Präsident und CEO von Innio. Und ergänzt: „Damit setzen wir weltweit neue Maßstäbe.“ Die Technologie ist also vorhanden, wichtig ist nun, dass grüner Wasserstoff zeitnah in ausreichender Menge und zu wirtschaftlichen Konditionen zur Verfügung steht, um das ehrgeizige Ziel der Klimaneutralität des Kieler Küstenkraftwerks ab 2035 zu erreichen. Die Politik ist daher dringend gefordert, die im Sommer 2020 von der Bundesregierung beschlossene Nationale Wasserstoffstrategie zügig und umfassend umzusetzen.
Als weltweit agierendes Unternehmen exportiert Innio Schlüsseltechnologien aus Jenbach in über 100 Länder. Die in Tirol entwickelten und produzierten Energielösungen erzeugen als hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gleichzeitig Strom und Wärme für Industriebetriebe, kommunale Kunden oder mehrere tausend Einzelhaushalte – und das nahe am Ort des Verbrauchs. Jenbacher Energielösungen stehen dabei neben ihrer Zuverlässigkeit auch für Innovation, Klimafreundlichkeit und Flexibilität.

Potenzial noch nicht ausgeschöpft

So können sie mit einer Vielzahl grüner Energieträger betrieben werden, darunter Biomethan und lokal erzeugtes Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen, deren großes Potenzial zur nachhaltigen Strom- und Wärmeerzeugung noch lange nicht ausgeschöpft ist. Und sie werden mit jenem Energieträger betrieben, der derzeit als Kernelement unserer Energiezukunft in aller Munde ist: Wasserstoff. Der große Vorteil von grünem Wasserstoff ist, dass sich damit überschüssiger Ökostrom über mehrere Monate oder sogar Jahreszeiten hinweg speichern lässt. Das macht erneuerbare Energien verlässlich und verfügbar und unterstützt die schrittweise Substitution fossiler Energieträger im gesamten Energiesektor.
Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Nutzung erneuerbarer und wasserstoffreicher Brennstoffe und Prozessgase zur Energieerzeugung ist Innio ein echter Wasserstoffpionier. Bereits vor mehr als 20 Jahren wurde der erste 150-Kilowatt-Motor von Jenbacher in einer Demonstrationsanlage in Norddeutschland zu 100 Prozent mit Wasserstoff betrieben. Im Jahr 2020, zwei Jahrzehnte und mehrere Demonstrationsprojekte später, präsentierten Innio und HanseWerk Natur gemeinsam den weltweit ersten im Feld umgerüsteten Ein-MW-Gasmotor, der sowohl mit variablen Wasserstoff-Erdgas-Gemischen als auch mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden kann.

Anlagen sind „Ready for H2“

Die Jenbacher-Systeme von Innio sind nicht nur die ersten Wasserstoffmotoren im Megawattbereich, der Tiroler Maschinenbauer ist auch einer der ersten, der den Großteil seiner installierten Anlagen auf den Betrieb mit grünem Wasserstoff umrüsten kann. ­Natürlich sind auch alle neuen Jenbacher-Anlagen „­Ready for H2“, wie das Unternehmen die zukünftige Umrüstbarkeit auf Wasserstoff­betrieb nennt. Ab 2025 soll dann die gesamte Produktpalette des Anbieters für den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff ausgerollt werden.
Mit der Energiewende verschiebt sich auch die Grundlastversorgung von großen Atom- und Kohlekraftwerken hin zu volatilen Solar- und Windkraftanlagen. Um die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten, sind daher flexible Kraftwerke als Ergänzung notwendig. Die beste Wahl sind hocheffiziente, dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Denn hier werden die Energieträger (heute noch Pipeline-Gas, später klimaneutrale Gase) wesentlich effizienter genutzt als bei der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom.
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien steigt auch die Komplexität der Energieerzeugung und damit die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) für die Aufrechterhaltung der Netzstabilität und Versorgungssicherheit. Denn je volatiler Einspeisung und Nachfrage, desto wichtiger werden eine ganzheitliche Betrachtung und präzise Handlungsempfehlungen für Anlagenbetreiber, die auf der Analyse von aktuellen Wetterdaten, historischen Wetterverläufen, Energieverbrauchsprognosen und aktuellen Betriebsinformationen basieren.

Erzeugung nach Bedarf

Das Energie-Management der Zukunft setzt daher auf Künstliche Intelligenz, eine laufend aktualisierte Jahresplanung und eine flexible, optimierte Day-Ahead- und Intraday-Vermarktung. Innio hat dafür eine Jenbacher All-in-One-Lösung entwickelt, die Anlagenbetreiber dabei unterstützt, ihre Strom- und Wärmeerzeugung an der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und damit klar am Bedarf auszurichten. Wie schon mit der umfassenden Wasserstoffoffensive leistet das Unternehmen damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende.

Joachim Maier ist Geschäftsführer der INNIO Jenbacher Deutschland GmbH und verantwortet das Deutschland-Geschäft der Jenbacher Produktmarke von INNIO.




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