Freitag, 22. November 2024

InterviewBlaupausen für Smart Metering

[12.06.2023] Die Bundesregierung will den Einbau intelligenter Stromzähler per Gesetz beschleunigen. stadt+werk sprach mit Marcus Hörhammer vom Metering-Spezialisten Voltaris darüber, was der Roll-out-Fahrplan für die Stadtwerke bedeutet.
Marcus Hörhammer

Marcus Hörhammer

(Bildquelle: VOLTARIS GmbH)

Herr Hörhammer, was kommt durch das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende auf die Stadtwerke im Hinblick auf Smart Metering zu?

Das Gesetz wird den Roll-out der intelligenten Messsysteme spürbar beschleunigen. Der agile Roll-out ermöglicht es, dass der Einbau mit den bereits zertifizierten Geräten in den meisten Einbaufällen starten kann. Regulatorische Einschränkungen sollen zurückgefahren und Verwaltungs- und Lieferprozesse vereinfacht werden – zum Beispiel die sichere Lieferkette der Smart Meter Gateways. An dieser Stelle wird es für die Stadtwerke einfacher werden. Das Gesetz enthält auch einen Roll-out-Fahrplan mit verbindlichen Einbauzielen bis zum Jahr 2030. Die Stadtwerke müssen nun also dringend loslegen, um die Einbaufristen einhalten zu können. Als positives Signal sehen wir die angepasste Preisobergrenze von 20 Euro für Einbau und Betrieb der intelligenten Messeinrichtungen, denn diese wird die Akzeptanz und Attraktivität der Messsysteme bei den Kunden deutlich steigern.

Was bedeutet das gerade für kleinere und mittlere Stadtwerke?

Die wenigsten Stadtwerke werden alle Aufgaben, die sich aus dem Messstellenbetriebsgesetz ergeben, aus eigener Kraft bewältigen können. Die Gesamtkomplexität der Aufgaben steigt – und auch der Druck, die Prozesse wirtschaftlich umzusetzen. Es ist daher gerade für kleinere und mittlere Stadtwerke sinnvoll, beim intelligenten Messstellenbetrieb mit Partnern zusammenzuarbeiten. Für die Entscheidung, welche Leistungen ein Stadtwerk selbst erbringen möchte und welche Aufgaben ausgelagert werden, spielen viele Überlegungen eine Rolle. Wichtig bei einer Analyse der Prozesse und Systeme vor dem Hintergrund der Anforderungen ist eine möglichst ganzheitliche und integrierte Systembetrachtung. Komplexität sollte, wo immer möglich, reduziert werden.

Wie kann Voltaris als Anbieter von Smart-Metering-Lösungen Stadtwerke bei der Bewältigung der Gesamtkomplexität unterstützen?

Wir kennen die Prozesse des intelligenten Messstellenbetriebs naturgemäß sehr gut und wissen, wo der Schuh drückt. Auf einer vollintegrierten Systemlandschaft bieten wir alle Leistungen des klassischen und intelligenten Messstellenbetriebs. Wir können darauf einzelne Module bis hin zur Komplettlösung entlang der gesamten Prozesskette anbieten – ein Rundum-sorglos-Paket sozusagen. Für den automatisierten Datenaustausch zum ERP-System des Kunden bieten wir auch die Implementierung vollintegrierter Schnittstellen an –auf Basis eines bereits erprobten und standardisierten Projektvorgehens. Performante Schnittstellen des Gateway-Administrationssystems von Robotron, mit dem wir arbeiten, sind bereits für die gängigen ERP-Systeme verfügbar und bei einigen unserer Kunden schon im Produktiveinsatz. Immer mehr Kunden fragen uns derzeit nach einem System für den Messstellenbetrieb selbst, auf dem zum Beispiel auch die Geräteverwaltung und die Marktkommunikation durchgeführt werden. Daher werden wir nun auch diese Leistungen für unsere Stadtwerke-Kunden vollintegriert anbieten. Last but not least kommt unser ausgereifter und bewährter Beschaffungsprozess der Smart Meter Gateways und der zugehörigen Zählertechnik unseren Stadtwerke-Kunden zugute. In unserem Webshop sind alle notwendigen Komponenten eines Messsystems als Bundle voreingestellt und per Knopfdruck bestellbar. Ein Stadtwerk, das uns heute beauftragt, bekommt auf Wunsch innerhalb von zwei Wochen erste Anlagen von uns in Betrieb genommen.

Welche Rolle spielt die Anwendergemeinschaft Messsystem von Voltaris beim Smart Meter Roll-out?

Unsere Kunden haben durch die Anwendergemeinschaft, in der wir mittlerweile mit über 40 Stadtwerke-Partnern zusammenarbeiten, einen besonderen Mehrwert. Gemeinsames Ziel ist es, den Roll-out fristgemäß, optimiert und wirtschaftlich umzusetzen. In Workshops und Arbeitsgruppen stimmen wir konkrete Betriebsmodelle und Prozesse gemeinsam ab und ermöglichen unseren Kunden einen Austausch zu den wesentlichen Themen. Mit begleitenden Schulungen, Templates und Checklisten bieten wir effektive Blaupausen zum direkten Start in das intelligente Messwesen.

„Wir kennen die Prozesse sehr gut und wissen, wo der Schuh drückt.“
Welche Bedeutung hat das Smart Meter Gateway als Kommunikationstechnologie für neue digitale Geschäftsmodelle?

Für die neuen digitalen Geschäftsmodelle ist das Smart Meter Gateway eindeutig die regulatorisch gewollte Kommunikationstechnologie. Die Controllable-Local-System(CLS)-Schnittstelle der Gateways ermöglicht eine hochsichere Datenübertragung und – in Verbindung mit der Steuerbox – die Kommunikation mit den angebundenen Anlagen.

Was ist das CLS-Management und warum müssen sich Stadtwerke damit auseinandersetzen?

Der beschleunigte Aufbau einer digitalen Infrastruktur zum Schalten und Steuern ist im Gesetz wesentlich verankert. Künftig müssen Millionen von Erzeugungsanlagen, Speichern, Letztverbrauchern und steuerbare Lasten vernetzt und verknüpft werden. Man denke nur an die jüngsten Diskussionen über Wärmepumpen. All das erfordert ein sicheres Steuern und Schalten, um die Stabilität der Netze zu gewährleisten. Stadtwerke müssen sich also nun auch mit dem CLS-Management beschäftigen, denn zukünftig wird das Schalten und Steuern über das intelligente Messsystem verpflichtend sein.

Wie wird die Umsetzung des CLS-Managements innerhalb der Anwendergemeinschaft vorangetrieben?

Das Schalten und Steuern im Stromnetz über die CLS-Schnittstelle und damit die Umsetzung des CLS-Managements erfordert die Erweiterung der Systemlandschaft um ein so genanntes aEMT-System, ein System für aktive externe Marktteilnehmer. Dieses muss nicht nur in die Systemlandschaft eines Energieversorgers eingebunden werden, sondern benötigt auch Schnittstellen zum Gateway-Administrationssystem. Dadurch wird die Systemkomplexität weiter steigen. Nach dem Gateway-Administrationssystem und dem System für passive externe Marktteilnehmer, also für den Empfang und die Entschlüsselung der Messdaten, ist das aEMT-System der dritte große Systembaustein im intelligenten Messwesen. Es fungiert als Drehscheibe für hochfrequente Daten und die bidirektionale Kommunikation mit dem Gateway. Nach ersten erfolgreichen Tests im Rahmen des Forschungsprojekts Designetz ist bei uns derzeit der Aufbau eines aEMT-Systems in vollem Gange und steht kurz vor dem Abschluss. Mit unserem CLS-Services bieten wir unseren Stadtwerke-Partnern dann die volle Funktionalität des aEMT und können damit verschiedene Szenarien abbilden, zum Beispiel die Infrastruktur zum Schalten und Steuern im Stromnetz.

Welche Lösungsangebote bietet Voltaris im Zusammenhang mit der CLS-Schnittstelle des Smart Meter Gateways an?

Neben dem Schalten und Steuern ist das aEMT-System die Grundlage für die Bereitstellung weiterer Leistungen über die CLS-Schnittstelle so zum Beispiel von verlässlichen Netzzustandsdaten. Diese Daten sind Voraussetzung für den effizienten Netzbetrieb und die Netzstabilität bei zunehmender Einspeisung erneuerbarer Energien. Zudem arbeiten wir auch an Submetering-Lösungen zur Fernauslesung und Abrechnung von Heizkosten sowie Warm- und Kaltwasserverbrauch in größeren Immobilien als Dienstleistung für die Wohnungswirtschaft. Zusätzlich lassen sich über die CLS-Schnittstelle weitere digitale Mehrwertdienste anbieten, beispielsweise die Anbindung von Rauchwarnmeldern, Türkontakten, Raumklimasensoren oder Füllstandssensoren für Müllcontainer.

Interview: Alexander Schaeff

Im Interview, Marcus HörhammerMarcus Hörhammer ist Leiter Produktentwicklung und Vertrieb bei der Voltaris GmbH. Das Unternehmen bietet umfassende Dienstleistungen für den Messstellenbetrieb sowie Mehrwertdienste mit dem intelligenten Messsystem wie Submetering, Visualisierung und CLS-Management.

Stichwörter: Smart Metering, VMware, GNDEW


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