Samstag, 19. April 2025

HamburgBohrstart für Aquiferwärmespeicher

[11.01.2023] Um künftig Abwärme aus regionalen Industrie- und Abfallverwertungsbetrieben unter der Erde einzuspeichern, ist in Hamburg jetzt auf dem Gelände des Heizkraftwerks Tiefstack die erste Bohrung gestartet.

In Hamburg ist jetzt auf dem Gelände des Heizkraftwerks Tiefstack die erste Bohrung für einen unterirdischen, hydrothermischen Aquiferwärmespeicher gestartet. Wie die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) mitteilt, soll dort künftig im Sommer überschüssige Abwärme aus regionalen Industrie- und Abfallverwertungsbetrieben tief unter der Erde eingespeichert werden. Als Trägermedium diene das Thermalwasser in der Gesteinsschicht. Bei Bedarf könne die eingespeicherte Wärme im Winter wieder hochgepumpt werden, um Hamburger Haushalte über das Fernwärmesystem mit CO2-freier Wärme zu versorgen. Mit diesem Projekt wollten die Hamburger Energiewerke erste Betriebserfahrungen sammeln und die Eignung des Hamburger Untergrunds für diese Technologie erproben. Derzeitige Berechnungen gingen von einer Speicherleistung von 2,6 Megawatt (MW) und einer Kapazität von circa fünf Gigawattstunden (GWh) im Jahr aus, wodurch etwa 1.400 Tonnen CO2-Emissionen in der Fernwärmeversorgung eingespart werden können.

Was sind Aquiferspeicher?

Aquiferspeicher sind unterirdische Speicher innerhalb von wasserführenden Gesteinsschichten. Sie bestehen aus einer Brunnendublette, also zwei Bohrungen, den späteren Hilfs- und Produktionsbrunnen sowie einer oberirdischen Technikzentrale. Die Bohrungen in Tiefstack würden bis auf eine Tiefe von circa 1.300 Meter niedergebracht. Dort rechneten die Experten mit den gleichen thermalwasserführenden Schichten aus Sandsteinen, die bereits am Geothermie-Standort Wilhelmsburg umfangreich untersucht wurden (wir berichteten). Mittels eines Fördertests werde jede Bohrung hinsichtlich der erreichbaren Förderrate überprüft. Eine gute Förderrate in beiden Bohrungen sei erforderlich, um den Speicher betreiben zu können. Die zweite Bohrung erfolge erst, sofern der Fördertest in der ersten erfolgreich ist. In den Sandsteinschichten lägen die beiden Bohrungen circa 1.100 Meter auseinander, damit dazwischen ausreichend Wärme eingespeichert werden kann.
In der Einspeicherphase würden zuerst Thermalwässer aus dem Hilfsbrunnen nach oben gefördert, durch die klimaneutrale industrielle Abwärme auf Temperaturen von bis zu 85 Grad Celsius erwärmt und über den Produktionsbrunnen in die Sandsteinschicht, die als Wärmespeicher fungiert, hinuntergeleitet. Dort bilde sich um die Produktionsbohrung eine Wärmeblase aus, innerhalb derer die Wärme in der Gesteinsschicht gespeichert werde. Bei Bedarf werde in der Heizperiode das heiße Thermalwasser zurückgefördert, die Wärme über einen Sekundärkreislauf an das Fernwärmenetz übertragen und den Kunden zur Verfügung gestellt. Der Sekundärkreislauf sei das Bindeglied zwischen Thermalwasser- und Fernwärmenetz und stelle sicher, dass diese beiden Medien nicht in Kontakt kommen. Das abgekühlte Thermalwasser werde in einem geschlossenen Kreislauf wieder in den Hilfsbrunnen zurückgeleitet. Sollten die Fördertests in beiden Bohrungen erfolgreich sein, sei oberirdisch der Bau einer Technikzentrale mit der Anbindung an das Fernwärmenetz geplant. Die Inbetriebnahme des Aquiferwärmespeichers solle dann im Jahr 2024 erfolgen. 

Energiepark Tiefstack

Der Aquiferwärmespeicher ist Teil des Konzepts Energiepark Tiefstack, mit dem das letzte Hamburger Kohlekraftwerk bis spätestens 2030 durch verschiedene klimaneutrale Wärmelösungen ersetzt werden soll. Dazu gehörten vor allem Flusswasserwärmepumpen, die Wärme aus der Norderelbe und der Bille gewinnen sollen. Zusätzliche Wärmelieferungen kämen aus Abwärme der Kupferhütte Aurubis sowie der Müllverwertung Borsigstraße, die durch technologische Innovationen die Wärmelieferung künftig deutlich erhöhen kann. Zur Absicherung der Wärmeversorgung in Spitzenlastzeiten werde das bestehende Heizkraftwerk Tiefstack auf den wahlweisen Einsatz von Erdgas oder nachhaltiger Biomasse aus Rest- und Schadholz umgestellt. Eine neue Wind-zu-Wärme-Anlage, ein großer Wärmespeicher sowie der saisonale Aquifer, mit dem die Abwärme besser genutzt werden soll, rundeten das Konzept ab.
Der Aquiferwärmespeicher ist ein Teilvorhaben des Norddeutschen Reallabors (NRL), einem Verbundprojekt, das neue Wege zur Klimaneutralität erprobt und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird. Die Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) führt die wissenschaftliche Begleitforschung für das untertägige Arbeitsfeld des Aquifers durch, die Technische Universität Hamburg (TUHH) für das obertägige Arbeitsfeld.





Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Wärmeversorgung

DStGB/PD: Praxisleitfaden für kommunale Wärmeplanung

[11.04.2025] Ein neuer Praxisleitfaden soll Städte und Gemeinden bei der kommunalen Wärmeplanung unterstützen. Entwickelt wurde er aus den Erfahrungen von zehn Kommunen, die bereits erste Schritte in Richtung Wärmewende gegangen sind. mehr...

rhenag: Eisspeicherprojekt in Rommerskirchen-Widdeshoven

[09.04.2025] Im nordrhein-westfälischen Rommerskirchen-Widdeshoven hat rhenag Energie ein innovatives Eisspeicherprojekt gestartet, das ein ganzes Neubaugebiet mit klimaneutraler Wärme versorgen soll. mehr...

Scharbeutz: Konzept für Wärmeplanung zugestimmt

[09.04.2025] Die Gemeinde Scharbeutz hat den von Green Planet Energy entwickelten Wärmeplan beschlossen und sich damit frühzeitig zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung bekannt. mehr...

NTT DATA: Wärmekonzept für Berlin-Spandau

[07.04.2025] Ein neues Wärmekonzept in Berlin-Spandau nutzt die Abwärme eines Bestandsrechenzentrums von NTT DATA zur Versorgung des Neubaugebiets Das Neue Gartenfeld. Quartierswerk Gartenfeld setzt dabei auf eine nachhaltige Lösung, die CO2-freie Wärme für mehr als 10.000 Menschen bereitstellt. mehr...

Dillingen: Weiterer Ausbau des Wärmenetzes

[03.04.2025] Die Stadt Dillingen und die energie schwaben Gruppe bauen jetzt das Wärmenetz in der historischen Altstadt weiter aus. mehr...

Stadtwerke Hattingen: Potenzialanalyse abgeschlossen

[02.04.2025] Die Stadtwerke Hattingen und das Gas- und Wärme-Institut Essen haben ihre Potenzialanalyse zur kommunalen Wärmeplanung abgeschlossen. Die Ergebnisse liefern eine fundierte Grundlage, um bis 2045 eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu entwickeln. mehr...

Nürnberg: Zwei Studien zur Wärmespeicherung

[31.03.2025] Saisonale Wärmespeicher könnten eine zentrale Rolle in der zukünftigen Wärmeversorgung spielen. Zwei Studien der FAU Erlangen-Nürnberg und der TH Nürnberg Georg Simon Ohm analysieren, welche Technologien und Speichergrößen für den Energieversorger N‑ERGIE wirtschaftlich und technisch sinnvoll sind. mehr...

MVV: Flusswärmepumpe in Planung

[24.03.2025] Das Mannheimer Energieunternehmen MVV plant eine der größten Flusswärmepumpen Europas. Die neue Anlage soll ab 2028 bis zu 40.000 Haushalte mit klimafreundlicher Wärme versorgen und durch einen wasserstofffähigen Fernwärmenachheizer ergänzt werden. mehr...

Rheinland-Pfalz: Stand zur Wärmeplanung

[24.03.2025] Zwei Drittel der rheinland-pfälzischen Kommunen haben bereits mit der Erstellung eines kommunalen Wärmeplans begonnen. mehr...

GISA: Nutzung von Abwärme aus Rechenzentrum

[21.03.2025] Der IT-Dienstleister GISA nutzt künftig die Abwärme seines Rechenzentrums in Halle (Saale), um Büros zu temperieren. Dies spart Energie, reduziert den CO₂-Ausstoß und macht die Cloudleistungen des Unternehmens nachhaltiger. mehr...

Ibbenbüren: Kommunale Wärmeplanung abgeschlossen

[20.03.2025] Die Stadt Ibbenbüren hat als eine der ersten Kommunen in Nordrhein-Westfalen ihre kommunale Wärmeplanung abgeschlossen und stellt damit die Weichen für die lokale Wärmewende. mehr...

Borkum: Wärmeplanung gestartet

[19.03.2025] Die Insel Borkum hat jetzt gemeinsam mit der Energielenker Gruppe die kommunale Wärmeplanung gestartet. Ziel ist eine nachhaltige und langfristig kosteneffiziente Wärmeversorgung, die sowohl den Tourismus als auch die Lebensqualität der Bewohner stärkt. mehr...

KEA-BW: Wärmeatlas BW ist online

[19.03.2025] Der neue Wärmeatlas Baden-Württemberg bietet Kommunen eine detaillierte Übersicht über den Wärmebedarf von Gebäuden und unterstützt sie bei der Planung ihrer zukünftigen Wärmeversorgung. mehr...

Frankfurt am Main: Wärmeplan soll 2026 vorliegen

[17.03.2025] Die Stadt Frankfurt hat den Energieversorger Mainova, das Fraunhofer-Institut IFAM, e-think-energy research und IREES mit der Erstellung eines kommunalen Wärmeplans beauftragt. Die Unternehmen sollen eine zukunftsweisende Strategie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung der Mainmetropole entwickeln. mehr...

Schleswig-Holstein: Wärmekompetenzzentrum und -potenzialkarten gehen an den Start

[14.03.2025] Mit dem neuen Wärmekompetenzzentrum und den Wärmepotenzialkarten erhalten die Kommunen in Schleswig-Holstein gezielte Unterstützung bei der kommunalen Wärmeplanung. Während das Wärmekompetenzzentrum die Gemeinden beratend begleitet, bieten die Wärmepotenzialkarten eine wichtige Entscheidungsgrundlage für wirtschaftlich tragfähige Wärmenetze. mehr...