Sonntag, 24. November 2024

Wasserstoff-BHKWEine Vision wird Wirklichkeit

[11.08.2022] Mit Wasserstoff betriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) bewähren sich längst im Einsatz. Der BHKW-Hersteller 2G Energy hat bereits eine Vielzahl von Projekten auf der ganzen Welt realisiert. Ein Pionier in Deutschland ist das Stadtwerk Haßfurt.
Wasserstoff-BHKW von Anlagenhersteller 2G Energy.

Wasserstoff-BHKW von Anlagenhersteller 2G Energy.

(Bildquelle: 2G Energy AG)

Wenn Frank Grewe, Chief Technology Officer (CTO) beim Anlagenhersteller 2G Energy, an die ­Anfangszeit der Wasserstoffentwicklung in seinem Unternehmen denkt, kann er sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen: „Ich erinnere mich an viele externe, aber auch interne Stimmen, die nur wenig Verständnis für die Entwicklung von wasserstoffbetriebenen Blockheizkraftwerken (BHKW) hatten und unsere Arbeit seinerzeit eher als Ressourcenverschwendung bewertet haben.“ Dass diese Einschätzung falsch war, haben die jüngsten Entwicklungen auf geopolitischer Ebene und deren Auswirkungen auf die Energiewelt mehr als deutlich gemacht.
„Ursprünglich aus dem Biogasmarkt kommend war für uns ohnehin klar, dass das fossile Zeitalter irgendwann sein Ende finden wird. Wir haben immer an Wasserstoff geglaubt und konnten fernab von hohem Erwartungsdruck große Entwicklungserfolge erzielen und wichtige Erfahrungen sammeln“, resümiert Grewe die Arbeit der vergangenen Jahre. Nichtsdestotrotz blieb es nicht bei der Entwicklung im stillen Kämmerlein, sondern an vielen Orten auf der Welt sind schon heute Wasserstoff-BHKW in Betrieb. Mittlerweile konnte 2G knapp 20 Anlagen auf drei verschiedenen Kontinenten vertreiben – Tendenz stark steigend.

Energiewende fängt im Kleinen an

„Die Energiewende fängt im Kleinen an“ – mit diesem Satz bringt Norbert Zösch, Geschäftsführer des Stadtwerks Haßfurt, die Philosophie des Versorgers der rund 14.000 Einwohner zählenden Gemeinde Haßfurt im bayerischen Unterfranken auf den Punkt. Bereits im Oktober 2016 nahm Windgas Haßfurt – ein Gemeinschaftsunternehmen des Stadtwerks Haßfurt und der Hamburger Öko-Energiegenossenschaft Greenpeace Energy – eine Power-to-Gas-Anlage (PtG) in Betrieb. Herzstück der Anlage ist ein containergroßer PEM-Elektrolyseur mit einer Spitzenleistung von 1,25 Megawatt (MW). Die hochmoderne Anlage wandelt überschüssigen Strom aus dem nahen Bürgerwindpark Sailershäuser Wald sowie aus weiteren Windenergie- und Solaranlagen in erneuerbaren Wasserstoff um.
Mit der erfolgreichen Inbetriebnahme eines BHKW von 2G zur Rückverstromung von regenerativ gewonnenem Wasserstoff im Juni 2019 wurde die bestehende Anlage erweitert. Stadtwerk-Geschäftsführer Zösch bewertet die Vervollständigung der Speicherkette als einen wichtigen Beitrag für den Ausgleich von Erzeugung und Bedarf: „Da sowohl die PtG-Anlage als auch das H2-BHKW eine hohe Dynamik aufweisen, können mit dem Gesamtsystem aus Elektrolyseur, H2-Speicher und H2-BHKW Stromüberschüsse und Unterdeckungen aus der erneuerbaren Stromerzeugung im lokalen Bilanzkreis oder übergeordnet mit Regelenergie im Verteilnetz ausgeglichen werden.“

Chancen der KWK mit Wasserstoff

Doch auch im Bereich der urbanen Quartiersversorgung hat man die Chancen einer versorgungssicheren Klima­neutralität via Kraft-Wärme-Kopplung mit Wasserstoff erkannt – wie das Beispiel der Neuen Weststadt in Esslingen am Neckar zeigt. Die Planer des Projekts haben es sich zum Ziel gesetzt, die über 500 Wohnungen, einige Ladenlokale, ein Bürohochhaus und einen Campus für etwa 1.800 Studierende klimaneutral mit Strom und Wärme zu versorgen. Getreu dem Motto Efficiency First steht dabei zunächst im Vordergrund, den Energiebedarf möglichst gering zu halten. Dennoch verbleibt auch bei Anwendung einer Vielzahl von Energieeffizienzmaßnahmen im Gesamtkomplex eine Residualleistung, die es klima­neutral zu decken gilt.
Dazu wird in der Umgebung regenerativ erzeugter Strom von einem unterirdisch aufgestellten Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt und kann bei Bedarf von einem 2G-BHKW wieder als Strom und Wärme genutzt werden – eine lokale Sektorkopplung. Zusätzlicher Effizienzvorteil der Anwendung: die beim Elektrolyseprozess anfallende Abwärme mit einem Temperaturniveau von circa 55 Grad Celsius trägt zur Deckung des Grundwärmebedarfs in Form von Heizen und Warmwasserbereitung bei.

Sichere Versorgung

Kommunale Energieversorgung und innovative Quartierskonzepte sind jedoch nur eine Seite der Medaille, wenn es um die flächendeckende Dekarbonisierung der Gesellschaft geht. Vor mindestens ebenso großen Herausforderungen steht die Industrie, für die bei allem Streben nach Klimaneutralität die Versorgungssicherheit existenzielle Ausmaße hat. „Bei unseren Industriekunden verspüren wir derzeit branchenunabhängig einen starken Willen, das eigene Unternehmen energetisch fit für die Zukunft und damit klimaneutral zu machen“, erläutert 2G-Technikchef Grewe. „Daraus ergeben sich für jedes einzelne Unternehmen komplexe Fragestellungen, die gekoppelt sind an die technischen Anforderungen des jeweiligen Betriebs: Wie alt sind die Gebäude? Wie energieintensiv ist der Betrieb? Welcher Prozesswärmebedarf mit welchen Temperaturen wird benötigt? In vielen Unternehmen werden derzeit energiestrategische Entscheidungen mit oftmals sehr hohen finanziellen Ausmaßen getroffen.“
Auch hier zeigt sich immer häufiger, dass es die Kombination verschiedener Maßnahmen von Photovoltaikanlagen auf dem Dach über Wärmepumpen im Keller bis hin zu dezentraler Elektrolyse mit Wasserstoff-BHKW auf dem Firmengelände ist, die sämtliche Anforderungen an die Industrie der Zukunft bedient. Als Pionier kann hier beispielsweise die Firma APEX Energy Teterow in Rostock gesehen werden. Auch hier stellt ein mit grünem Wasserstoff betriebenes 2G-BHKW die Strom- und Wärmeversorgung sicher – gerade in Zeiten, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.

Blick ins Ausland

Dass wasserstoffbetriebene KWK-Anlagen nicht zwangsläufig an klassische deutsche Energieversorgungsmodelle von Stadtwerken und Industrie gebunden sein müssen, zeigt der Blick ins Ausland. So stammt schon heute etwa die Hälfte aller Wasserstoffanfragen im Hause 2G von Kunden aus der ganzen Welt. Frank Grewe erläutert: „Das Bewusstsein über das Potenzial von Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft wächst kontinuierlich. Dementsprechend entstehen weltweit völlig neue Geschäftsmodelle, welche die komplette Wertschöpfungskette der Wasserstoffproduktion und -nutzung betreffen und in denen auch unsere KWK-Anlagen einen wichtigen Baustein darstellen.“
Als Beispiele nennt er die Verbindung eines Gezeitenkraftwerks mit einem Wasserstoff-BHKW im schottischen Kirkwall oder die Gewinnung von Wasserstoff in der Wüste Dubais, mit dem lokal Strom und Wärme via 2G-Blockheizkraftwerken zur Verfügung gestellt werden. Für Grewe ist dies allein Grund genug, die Entwicklung stetig voranzutreiben: „Uns macht es einfach Spaß, mit unseren Produkten einen Beitrag zu den großen Aufgaben unserer Zeit zu liefern.“

Stefan Liesner ist Head of Public Affairs/Public Relations beim Unternehmen 2G Energy AG.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Kraft-Wärme-Kopplung

BEE: Grüne KWK stärken

[05.11.2024] Der BEE fordert eine Verlängerung des KWKG bis 2035 nach einer Reform ab 2026. Vorab soll das Fördersystem auf zukunftsfähige, grüne Anlagenkonzepte ausgerichtet werden. mehr...

BHKW-Kompaktmodul FG 95 und Gas­fackel auf der Deponie Reesberg.

Kirchlengern: Deponie liefert grüne Energie

[17.10.2024] Auf der Deponie Reesberg in Kirchlengern erzeugt seit Mai 2024 ein Blockheizkraftwerk (BHKW) des Unternehmens Sokratherm umweltfreundlich Strom und Wärme. Betrieben wird es ausschließlich mit Deponiegas, das beim Zerfall der deponierten Abfälle entsteht. mehr...

B.KWK-Kongress: Garant für Energiewende

[16.10.2024] Der B.KWK-Kongress findet am 11. und 12. November 2024 in Berlin statt. Motto ist „Kraft-Wärme-Kopplung – Garant der Energiewende“. mehr...

Das Bild zeigt Dr. Hansjörg Roll, Technikvorstand von MVV; Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender von MVV; Uwe Zickert, Geschäftsführer MVV Umwelt, vor dem Biomassekraftwerk.

MVV Energie: Biomassekraftwerk liefert grüne Wärme

[14.10.2024] MVV Energie hat ein Biomassekraftwerk zu einem Heizkraftwerk umgebaut. Rund die Hälfte der Mannheimer Haushalte kann nun mit grüner Wärme versorgt werden. mehr...

Hoher Wirkungsgrad

Serie Best Practice KWK: Mit Dampf Strom machen

[11.10.2024] Mikro-Dampfturbinen können auch kleine Dampfmengen energetisch nutzen. In der Müllverbrennungsanlage der GMVA Niederrhein sorgt eine solche Turbine dafür, dass der bereits zur Dampferzeugung eingesetzte Brennstoff-Abfall noch effizienter genutzt wird. mehr...

2G Energy: Preis für nachhaltige H2-Produktion

[27.09.2024] Das SoHyCal-Projekt in Kalifornien, das von der Firma H2B2 initiiert und von 2G Energy unterstützt wurde, ist von der Combined Heat and Power Alliance mit dem CHP Project of the Year Award 2024 ausgezeichnet worden. mehr...

Grubengasanlage am STEAG-Standort Völklingen-Fenne.

Iqony Energy: Grubengasmotoren modernisiert

[06.08.2024] Iqony Energies modernisiert acht Grubengasmotoren im Saarland und investiert dafür 26 Millionen Euro. Damit soll die Fernwärmeversorgung effizienter und umweltfreundlicher werden. mehr...

Zwei jeweils 1

Stadtwerke Duisburg: Wärmepumpen eingetroffen

[26.07.2024] In Duisburg sind die beiden Wärmepumpen für die neue innovative Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (iKWK) der Stadtwerke eingetroffen. Ende des Jahres soll der Probebetrieb starten. Der Elektrokessel hat letzteren bereits erfolgreich absolviert und durchläuft derzeit die Anmeldung für den Regelenergiemarkt. mehr...

Stadtwerke können das Rohbiogas ankaufen und damit in das Speicherkraftwerk investieren.
bericht

Bioenergie: Bedeutung von Biogas und Biomethan

[01.07.2024] Der Einsatz von Biogas und Biomethan bietet Stadtwerken eine Chance. Denn die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlage ist nicht nur schneller am Netz als große Kraftwerke, auch der Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft wird deutlich früher gelingen. mehr...

Absichtserklärung unterzeichnet: Das Gasmotorenkraftwerk GAMOR soll auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden.

Energie SaarLorLux: Umstellung auf grünen Wasserstoff

[01.07.2024] Das Gasmotorenkraftwerk GAMOR in Saarbrücken soll auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden. Dazu haben die INNIO-Gruppe und der Energieversorger Energie SaarLorLux eine Absichtserklärung unterzeichnet. mehr...

Podiumsdiskussion zur Zukunft der KWK in Duisburg.

KWK: Wichtige Säule im Klimaschutz

[25.06.2024] Die Branche diskutierte auf dem 22. Duisburger KWK-Symposium Potenziale und Herausforderungen. mehr...

Christian Grotholt
interview

Interview: KWK als grüner Teamplayer

[24.06.2024] In der Energiepolitik fehlt ein klares Bekenntnis zur Kraft-Wärme-Kopplung, sagt Christian Grotholt. stadt+werk sprach mit dem Chef des Anlagenherstellers 2G Energy über die Rolle der KWK im künftigen Energiesystem. mehr...

Mithilfe der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) lässt sich Primärenergie effizienter verwerten.
bericht

Kraft-Wärme-Kopplung: Wird die Renaissance eingeläutet?

[18.06.2024] Gemäß einer Entscheidung des EuG stellt das im Jahr 2020 novellierte KWK-Gesetz als umlagebasiertes Förderinstrument keine Beihilfe dar. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, eröffnet das der Kraft-Wärme-Kopplung neue Perspektiven. Auch einige Bremsklötze ließen sich beseitigen. mehr...

Direkt an der Lahn errichten die SWG ein Gebäude
bericht

Stadtwerke Gießen: Heizenergie aus der Lahn

[27.05.2024] Die Stadtwerke Gießen (SWG) engagieren sich seit langem für die Reduzierung von CO2-Emissionen bei der Wärmeerzeugung. Ihr aktuelles Großprojekt, die innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlage PowerLahn, nutzt das Wasser der Lahn als Wärmequelle. mehr...