EinsatzplanungMit kurzem Anlauf flexibel fahren
Die Stadtwerke Frankfurt (Oder) versorgen die Stadt seit drei Jahrzehnten zuverlässig mit Strom, Fernwärme und Erdgas und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Seit 2015 wurden weitreichende technische und energiepolitische Entscheidungen getroffen, die dazu beitragen, Frankfurt (Oder) spätestens im Jahr 2045 klimaneutral zu beliefern.
Die Modernisierung des Heizkraftwerks Frankfurt (Oder) sichert in den kommenden Jahrzehnten die umweltfreundliche und wirtschaftliche Wärme- und Stromversorgung der Stadt. Planungsprämissen des Vorhabens sind die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, die Flexibilisierung der Stromerzeugung und die zukunftsfähige sowie bedarfsgerechte Bereitstellung von Wärme. Technologisch erreicht wird das über das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zur maximalen Ausnutzung der eingesetzten Energieträger.
Zusätzlich trägt ein Wärmespeicher zur Maximierung des KWK-Anteils an der Wärmenutzung bei. Der drucklose Wärmespeicher mit einem Volumen von 10.000 Kubikmetern kann die im Fernwärmenetz von Frankfurt (Oder) benötigte Wärme für einen Zeitraum von drei bis vier Tagen aufnehmen. Das ermöglicht einen flexiblen Betrieb der Anlage, um auf Entwicklungen an den Strommärkten schnell reagieren zu können. Aber auch, um den steigenden Anforderungen einer dezentraler werdenden Energiewelt gerecht zu werden. Fast 20.000 Haushalte und zahlreiche gewerbliche Kunden beziehen über das 102 Kilometer lange Frankfurter Trassennetz Fernwärme. Insgesamt investieren die Stadtwerke Frankfurt (Oder) fast 60 Millionen Euro in dieses Projekt.
Optimierter Betrieb
Im Rahmen des Forschungsprojekts WindNODE wurde von 2017 bis 2020 eine innovative Lösung für die Einsatzplanung des Kraftwerks entwickelt. Der Betrieb der Erzeugungsanlagen und der Verteilnetze für Strom und Fernwärme erfolgte zu Projektbeginn mit einem hohen manuellen und administrativen Aufwand. Mit einem effektiven und flexiblen Betrieb des Heizkraftwerks, des Heizwerks sowie des Blockheizkraftwerks Süd und unter Einbeziehung der polnischen Partner bei der gegenseitigen Belieferung mit Wärme wollen die Stadtwerke einen optimalen wirtschaftlichen Einsatz und Betrieb der Anlagen erreichen und gleichzeitig steuerbare Lasten der KWK-Anlagen zur Verfügung stellen.
Alle Erzeugerstätten, die Verteilnetze und die Speicher, sowie die Liefer- und Bezugsverträge wurden daher mit einer neu entwickelten Software-Lösung miteinander verknüpft und werden über diese gesteuert. So werden eine optimale Fahrweise der Anlagen, ein flexibles Last-Management und die Einsparung von Brennstoff sowie die Minimierung des Kohlendioxidausstosses erreicht.
Als Grundlage für lang- und kurzfristige Optimierungsszenarien sind drei Modelle entstanden. Durch den Einsatz der Software-Lösung wurden für die Erzeugeranlagen im Fernwärmenetz der Brennstoffeinsatz reduziert, der Jahreswirkungsgrad erhöht, der Primärenergiefaktor verbessert und die Gesamtkosten gesenkt. Auf Grundlage der erstellten Optimierungsmodelle können die Stadtwerke Frankfurt (Oder) geplante Änderungen am Bestand der Erzeugeranlagen simulieren und deren positiven Einfluss im Vorfeld bestimmen. Durch die Pflege des Modells ist auch zukünftig eine optimale Einsatzplanung gewährleistet.
KI erstellt Prognosen
Am besten nutzen lassen sich Flexibilitäten, wenn die Erzeugeranlagen kurze Start-, Stopp- und Stillstandszeiten haben. Daher werden in Frankfurt (Oder) auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) Energieprognosen erstellt. Auf deren Grundlage erfolgt dann eine softwaregestützte Planung der Erzeugereinheiten. Das Optimierungstool setzt die Erzeugereinheiten automatisch nach Brennstoff, Wirtschaftlichkeit und Technik ein. Daraus ergeben sich automatisierte Einzelfahrpläne für die Erzeugereinheiten des Portfolios entlang der Merit-Order der eingesetzten Brennstoffe. In Störungsfällen wird den Dispatchern automatisiert die wirtschaftlich beste Ersatzversorgung für den Störungszeitraum vorgeschlagen. Gleichzeitig verringert die technische Optimierungslösung den täglichen zeitlichen Aufwand der Mitarbeiter für die Einsatzplanung.
Der neu errichtete Wärmespeicher entkoppelt Verbrauch und Erzeugung und erhöht den Gesamtwirkungsgrad. Dabei handelt es sich um einen Stahlbehälter mit einem Durchmesser von 24 Metern und einer zylindrischen Höhe von 25 Metern. Der Speicher fasst ein Nutzvolumen von 9.700 Kubikmetern und ist für eine drucklose Betriebsweise ausgelegt. Die in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Wärmemenge kann in Zeiten niedrigen Verbrauchs zwischengespeichert und bei Bedarf wieder eingespeist werden. Der Wärmespeicher wird massenäquivalent gefahren. Beim Einspeichern von Fernwärme-Vorlaufwasser wird die gleiche Menge Speicherwasser aus dem kalten Teil des Speichers in den Rücklauf gepumpt. Zum Be- oder Entladen aus dem Fernwärmenetz dienen eine Speicherpumpengruppe, eine separate Beimischpumpengruppe (für den Betriebsfall Beladen) sowie Stell- und Regelarmaturen. Der Beladungsgrad ist über 25, gleichmäßig über die Höhe verteilte Temperaturmessungen ersichtlich.
Schritt in die CO2-neutrale Zukunft
Beide Projekte bilden eine ideale Kombination zur Einsparung von Brennstoffen und zur CO2-Reduzierung. Der Einsatz der Technologien unter Nutzung von künstlicher Intelligenz ist nachhaltig für die Umwelt und ein wichtiger Schritt zum Übergang in die CO2-neutrale Zukunft.
Basierend auf der bisherigen Betriebserfahrung erwarten die Stadtwerke Frankfurt (Oder), dass innerhalb eines Jahres 18.000 Megawattstunden Wärmeenergie zwischengespeichert und optimiert eingesetzt werden. Unter der Annahme, dass davon ohne Speicher 50 Prozent über Luftkondensator gefahren würden, entspricht das einer Einsparung von 9.000 Megawattstunden.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai/Juni 2022 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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