8. edna-KamingesprächFree-up statt Lockdown
Das jetzt durchgeführte achte edna-Klimagespräch warf die provokante Frage auf: Wann kommt der Klima-Lockdown? Die Moderation übernahm Bernhard Mildebrath von der Schleusen SE und Leiter der edna-Projektgruppe Marketing & Strategie. Wie die edna mitteilt, kam das Gespräch zu der eindeutigen Antwort: Der Lockdown ist eine Krücke, an die wir uns nicht gewöhnen sollten.
Thomas Jorberg, Vorstandsvorsitzender der GLS Bank, habe eines der zentralen Hemmnisse für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende auf die Formel gebracht: „Wir leiden gerade unter einer pathologischen Verengung des Blickwinkels.“ Mit anderen Diskutierenden sei er sich dabei einig gewesen, dass die Herausforderungen des Klimawandels zwar komplex, aber durchaus lösbar seien. Nötig sei neben einer weitreichenden Digitalisierung der Energiewirtschaft vor allem auch eine einfachere Marktordnung. „Erklärbar ist die Energiewelt in Deutschland nicht mehr. Neue Mitarbeiter brauchen Monate, um das zu durchblicken. Die Technik ist da, der Investitionswille ist da, aber wir bekommen es nicht hin, wenn die Genehmigung für den Bau eines Umspannwerks vier Jahre dauert“, meinte etwa Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der E-Werke Haniel Haimhausen OHG.
Eingespielte Denkmuster durchbrechen
„Wir haben verschiedenste Szenarien der Energiewende untersucht, die Pfade sind durchsimuliert. Entscheidend ist, dass wir es nun tun. Klar ist auch, dass wir in über lange Zeit optimierten Arbeitsabläufen sind, da fällt es schwer, sich auf einmal davon wegzubewegen“, erklärte Professor Peter Bretschneider, Leiter der Abteilung Kognitive Energiesysteme des Fraunhofer IOSB AST. Für die Diskutanten sei von daher klar gewesen, dass eingespielte Denkmuster durchbrochen werden müssen. „Natürlich schlägt Profit Nachhaltigkeit, deswegen haben wir ja dieses Problem. Kohlestrom dieses Jahr hat mehr Profit gebracht, also wird Kohle verbrannt. Es muss deshalb viel teurer sein, Strom aus Kohle zu machen als aus Erneuerbaren. Soziale Folgen muss man dort abmildern, wo sie entstehen. Das wird ohne deutliche Verwerfungen nicht gehen. Aber wenn wir da durch sind, werden wir den wirtschaftlichen Aufschwung haben und gleichzeitig Klimaneutralität“, so Professor Orestis Tercidis vom Entechnon am Karlsruher Institut für Technologie KIT. Er habe deshalb den Free-up statt des Lockdowns gefordert – die konstruktive Entfaltung aller Kräfte und Fähigkeiten statt deren Abschalten. Dabei sollte man immer auch die Komplexität im Blick behalten, meinte Stephan Franz, Berater für bilaterale Energiepartnerschaften der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ: „Wir müssen auch die Interdependenzen mitbedenken: In Indien verdient die Eisenbahn ihr Geld mit dem Kohletransport. Fällt der weg, steigen die Ticketpreise. Wir müssen also immer auch fragen, was passiert, wenn wir eine Maßnahme ergreifen, was sind die Folgen. Und nicht überall auf der Welt steht das Geld zur Verfügung, mit dem wir in Deutschland beispielsweise mal eben den Kohleausstieg bezahlen können.“
Angst verengt das Blickfeld
Der Idee, die Atomenergie in die EU-Taxonomie der klimaneutralen Energieerzeugung aufzunehmen, haben laut edna alle Diskutanten eine eindeutige Absage erteilt. „Atomenergie ist zu teuer und wirtschaftlich nicht vertretbar. Wenn Sie einem AKW die gleichen Haftpflichtvorgaben auferlegen wie einer Windkraftanlage, dann ist das Thema sofort zu Ende“, warf Thomas Jorberg ein. „Das ist einfache Politökonomie: Mit einem Schlag glauben die Befürworter der Atomwirtschaft alle Probleme loszuwerden, obwohl das Thema schon lange argumentativ durch ist“, ergänzte Stephan Franz.
Insgesamt haben die Teilnehmer des edna-Kamingesprächs mehr Kreativität beim Umgang mit dem Klimawandel gefordert. „Wir haben die Möglichkeiten, wie wir das gestalten können. Wir sollten damit kreativ umgehen und den Planeten nicht in schwerwiegende Probleme bringen“, mahnte Professor Tercidis. Professor Bretschneider habe die Brücke zur nächsten Generation geschlagen: „Für unsere Kinder müssen wir den Klimawandel schaffen.“ Andrea von Haniel fasste das am Ende des Gesprächs dann so zusammen: „Mein Motto heißt: Raus aus der Angst. Denn Angst bewirkt nichts Gutes und verengt das Blickfeld.“
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