Freitag, 22. November 2024

FreiburgWerte stimmen überein

[19.05.2021] Das neue Rathaus im Stühlinger in Freiburg wurde als energiegebäude geplant und umgesetzt. Messungen aus den Jahren 2018 und 2019 zeigen nun: das Konzept funktioniert.
Als energiegebäude geplant und umgesetzt: Das neue Rathaus im Stühlinger in Freiburg.

Als energiegebäude geplant und umgesetzt: Das neue Rathaus im Stühlinger in Freiburg.

(Bildquelle: Fraunhofer ISE)

Nach Fertigstellung des Rathauses im Stühlinger im Jahr 2017 (wir berichteten) hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das Gebäude in Freiburg im Breisgau in den ersten Betriebsjahren detailliert vermessen und analysiert. Das Forschungsinstitut konnte dabei laut eigener Angabe feststellen, dass die Zielwerte aus der Planung und die tatsächlichen Verbrauchsdaten weitgehend übereinstimmen. Gebäude und Anlagentechnik seien hocheffizient, der Energieverbrauch zur Gebäudekonditionierung – also Heizung, Lüftung, Beleuchtung, Trinkwassererwärmung – werde fast vollständig durch die lokale Nutzung erneuerbarer Energien gedeckt. Das Ziel ein Netto-energiegebäude zu errichten, sei damit erreicht.

Schlanke Gebäudetechnik

Die baden-württembergische Stadt Freiburg habe mit dem ersten Bauabschnitt des neuen Verwaltungszentrums Rathaus im Stühlinger das nach derzeitigem Kenntnisstand europaweit größte energie-Verwaltungsgebäude mit 22.000 Quadratmetern Nutzfläche umgesetzt. Das Gebäude generiere primärenergetisch in der Jahressumme selbst so viel Energie wie es benötigt. Bemessungsgrundlage für diese Primärenergiebilanz sei die zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung gültige Energieeinsparverordnung (EnEV), die den Energiebedarf für Heizung, Lüftung, Beleuchtung, Kühlung und Trinkwassererwärmung definiert. Nutzungsabhängiger Bedarf, etwa für Arbeitsgeräte, IT und Kantine werde in der Bilanzierung nicht berücksichtigt. Somit sei auch das Ziel, ein zukunftsorientiertes Energiekonzept mit innovativer, aber schlanker Gebäudetechnik, bei hohen Anforderungen an den Komfort zu realisieren, erreicht worden.
Das Rathaus sei der erste von drei geplanten Bauabschnitten für ein Projekt, in dem die Stadt Freiburg verschiedene über die Stadt verteilte Dienststellen an einem Standort bündeln will. Im Sommer 2017 seien 840 Mitarbeiter in das Gebäude eingezogen, im November 2017 sei die Öffnung des Bürgerservicezentrums erfolgt.

Aktive Energiegewinnung

Soll bei großen, mehrgeschossigen Gebäuden eine ausgeglichene Primärenergiebilanz durch Energiegewinnung am Gebäude erreicht werden, besteht die Herausforderung darin, dass die Nutzfläche und damit der Energiebedarf mit zunehmender Größe stärker wächst als die für die Energiegewinnung zur Verfügung stehenden Flächen auf dem Dach. Beim Rathaus im Stühlinger wurde dieser Problematik begegnet, indem nahezu die gesamte Gebäudehülle für die Energiegewinnung genutzt wird, informiert das Fraunhofer ISE. Die additiv zu der Installation auf dem Dach in die Fassade integrierte Photovoltaik diene der aktiven Energiegewinnung. Diese werde ergänzt durch photovoltaisch-thermische Kombi-Kollektoren und einen Gas-Kessel. Die Wärmeversorgung basiere auf einem Niedertemperatur-Konzept. Dabei kommen grundwassergekoppelte Wärmepumpen zum Einsatz. Heizung und Kühlung werden über Flächensysteme in Form einer Betonkernaktivierung in Kombination mit Deckensegeln erfolgen. Die Kühlung werde nahezu vollständig mit Umweltenergie über einen Grundwasserbrunnen realisiert. Die Deckung von Hochtemperatur-Wärme zur Trinkwassererwärmung – für Kantine und sanitäre Anlagen – erfolge über einen solarthermisch unterstützten Gaskessel.

Keine Selbstverständlichkeit

Das Fraunhofer ISE habe das Gebäude im Rahmen eines Forschungsprojekts intensiv begleitet, von der Planungsphase über die Umsetzung bis hin zu den ersten Betriebsjahren. Dass die meisten ermittelten Kennzahlen mit den Zielwerten der Planung übereinstimmen, sei bei neuen Gebäuden mit komplexer Anlagentechnik keine Selbstverständlichkeit. Die gesetzten Ziele seien beim Heizwärmeverbrauch, trotz bereits niedriger Verbrauchswerte, auch nicht vollständig erreicht worden. Ebenso liegen die Beiträge aus der solarthermischen Anlage unter den Erwartungen. In Summe gehe die Primärenergiebilanz jedoch nahezu vollständig auf. „In den Jahren 2018 und 2019 wurde zwar knapp fünf Prozent mehr Primärenergie verbraucht als lokal erzeugt“, sagt Peter Engelmann, Gruppenleiter Gebäudesystemtechnik am Fraunhofer ISE. „Dennoch ist das Ergebnis als großer Erfolg zu werten, denn das Rathaus im Stühlinger stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass ein Gebäude dieser Größenordnung die Anforderungen an Klimaneutralität erfüllen kann.“





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