InterviewSicherheit im Blick
Herr Harbers, die Vernetzung insbesondere mit Powerline-Backbones ist eine Kernkompetenz von devolo. Wie stellen Sie sich im Geschäftsfeld Smart Metering auf?
Für Smart-Metering-Szenarien eignet sich die Powerline-Technik ideal für die letzte Meile, um zuverlässig jeden Zählplatz zu erreichen. Wir haben in verschiedenen Feld- und Pilottests gesehen, dass sich viele Zählerräume mitunter im zweiten oder sogar dritten Untergeschoss befinden. Mit der Datenkommunikation über die Stromleitung bereitet das keine Sorgen. Aber auch für Smart-Grid-Themen eignet sich die Powerline-Kommunikation. Mess- oder Schaltgeräte können einfach über die Stromleitung angesteuert werden – ein Vorteil in Gebieten oder Einsatzorten, wo keine sonstige Verkabelung ist oder wo kein Funksignal ankommt. Bei solchen Szenarien hat sich unser G3-PLC- Modem bewährt. Hier nutzen wir bewusst kein Breitband-Powerline, wie im deutschen Roll-out-Szenario, sondern das Frequenzband 150 bis 500 Kilohertz. Der Vorteil hierbei ist die lange Reichweite der G3-PLC-Technologie.
Welche Zielgruppe sprechen Sie an?
Wir adressieren mit unseren Produkten zum einen Messstellen- und Netzbetreiber, die Kommunikationslösungen suchen, zum anderen entwickeln und produzieren wir auch maßgeschneiderte Powerline-Produkte für das industrielle Umfeld. Wir sind hier sehr breit aufgestellt und profitieren von unseren langen Erfahrungen im Bereich Powerline-Kommunikation sowie von unserem Know-how beim Thema Sicherheit von Datennetzwerken.
Wie sieht das devolo-Portfolio dafür aus?
Für den Roll-out intelligenter Messsysteme in Deutschland werden wir ein Breitband-Powerline-Portfolio anbieten. Hat der Netzbetreiber eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut, kann er diese auch für andere Szenarien, wie der Einbindung von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge oder die kommunikative Integration von Mess- und Leittechnik verwenden. Neben dem Powerline-Portfolio haben wir das erwähnte G3-PLC-Modem im Programm. Dieses wird von Netzbetreibern, aber auch von der Industrie nachgefragt, gerade auch um ältere Geräte oder Anlagen kommunikativ anzubinden. Durch die serielle Schnittstelle des G3-PLC-Modems werden ältere Geräte retrofit. Zudem ist es eine schnelle Alternative für die veraltete Rundsteuertechnik oder die abgeschaltete Analogtelefonie.
Der Roll-out von Smart Metern wird von einer Diskussion um den Datenschutz begleitet. Wie tragen devolo-Produkte zu sicheren Datennetzen bei?
Für die erforderliche Sicherheit in den Powerline-Netzen sorgen im Wesentlichen zwei Aspekte: Die Installation der entsprechenden Geräte in Ortsnetzstationen und Kabelverteilerkästen gewährleistet bereits einen physischen Schutz gegenüber Unbefugten. Hinzu kommt, dass ein modernes Powerline-Kommunikationssystem über eine permanente Datenverschlüsselung mindestens nach AES128 verfügt. Diese stellt schon auf PLC-Level eine erhebliche Hürde für Eindringlinge dar. Bezogen auf den Roll-out von intelligenten Messsystemen kommt mit den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eine weitere Verschlüsselungsebene hinzu, Daten aus dem Smart Meter Gateway werden ausschließlich über sichere TLS-Kanäle übertragen.
„Die Powerline-Technik eignet sich ideal für die letzte Meile.”
Im Bereich der Energiewirtschaft hat devolo zwei Blockchain-Forschungsprojekte gestartet. Worum geht es?
Die Blockchain-Technologie bietet große Chancen gerade auch für die Energiebranche. Wo dezentrale Strukturen aufgebaut werden und diese möglichst manipulationssicher sein müssen, bietet die Blockchain großes Potenzial. Im deutschen tbiEnergy-Projekt wird erforscht, wie der Mehrwertdienst-Ansatz basierend auf dem Roll-out von Smart Meter Gateways um einen lokalen Energiehandel von Kleinsterzeugern und -verbrauchern ergänzt werden kann.
Was ist konkret geplant?
Es soll eine neue Blockchain-Variante entwickelt werden, die den Besonderheiten des deutschen Energiemarkts gerecht wird. Zudem ist geplant, das Hardware-Sicherheitskonzept begleitend durch die Beratung des BSI um Blockchain-Technologie zu erweitern, sodass es sich harmonisch in die bestehenden Sicherheitsanforderungen des deutschen Energienetzes einfügt.
Und das zweite Projekt?
Das zweite Forschungsvorhaben, Progressus, ist ein europäisches Projekt. Dort wird erforscht, wie Klimaschutz durch autarke und Blockchain-gestützte Mikronetze unterstützt werden kann. Das deutsche Konsortium legt den Fokus auf Ladesäulen mit integrierten Speicherbatterien, die zu einem Mikronetz zusammengeschlossen werden. Unser Forschungsschwerpunkt ist die Hardware- und Systemsicherheit des Mikronetzes. Die deutschen Erfahrungen bei der Sicherheitsarchitektur von dezentralen Energienetzen fließen somit in das europäische Projekt ein.
Welche Vision treibt Sie als Unternehmer an, insbesondere mit Blick auf das Thema Smart City?
Unter den Begriff Smart City lassen sich unzählige Ideen und Anwendungen summieren. Klar ist, dass die Digitalisierung eine zunehmende Vernetzung verschiedenster Bereiche ermöglicht und viele Erleichterungen bringen kann. Sei es eine intelligentere Parkraumnutzung inklusive Ladesäulen-Management für E-Fahrzeuge, vernetzte Gebäude und Wohnquartiere oder ein intelligentes Energie-Management. Gerade für eine dezentrale, regenerative Energiewende bietet eine starke Digitalisierung des Systems viele Vorteile. Hinzu kommen neue Möglichkeiten durch die Sektorkopplung. Überschüssiger grüner Strom kann den Verkehrssektor klimafreundlicher gestalten oder zur Herstellung grünen Gases verwendet werden.
Wo liegen die Risiken der Digitalisierung?
Die Digitalisierung eröffnet viele neue Möglichkeiten und bietet viele Vorteile, aber die Gefahren darf man nicht außer Acht lassen. Deshalb sind Sicherheitsmechanismen wie die Hardware Security, Blockchain-Technologien oder die BSI-Architektur rund um das Smart Meter Gateway unerlässlich für die Akzeptanz und die Durchsetzung innovativer, digitaler Lösungen. Wir werden diese Themen weiter im Blick behalten und erforschen. Künstliche Intelligenz und Blockchain sind Schlagwörter, die wir in verschiedenen Förderprojekten genauer untersuchen wollen.
Dieser Beitrag ist im Juni Sonderheft 2020 von stadt+werk zur Digitalisierung der Energiewirtschaft erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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