Smart MeteringFehlerquellen minimieren
Das Smart Metering ist gestartet: Energieversorger und Netzbetreiber beginnen Verbraucher mit intelligenten Messgeräten für die Strombezüge auszurüsten. Nach den Großverbrauchern folgen demnächst auch Wohngebäude. Für Bürger wird das Selbstablesen somit auf lange Sicht wohl nicht mehr notwendig sein, was Fehlerquellen minimiert. Das versuchten Netzbetreiber auch beim Selbstablesen, etwa mit optoelektronischen Technologien wie OCR (optical character recognition – optische Zeichenerkennung). Diese wurde vom Kölner Start-up pixolus für das Handy und speziell für Verbrauchszähler aller Art adaptiert. Die Technologie ist in der Lage, anhand der Zählernummer auch die Verbrauchsstelle zu erkennen und einem Medium zuzuordnen.
Hohe Fehlerquote
Noch wächst dieser Markt. Das Unternehmen Anyline sieht in Nordamerika einen stabilen und in Europa sogar einen wachsenden Markt für Selbstablesungen. Allein in Deutschland sind für Anyline 2018 rund 700.000 selbstablesende Kunden hinzugekommen. Aktuell werden hierzulande 7,5 Millionen Zählerstellen mit der App abgelesen.
Neben diesen digitalen Lösungen gibt es auch noch die weit verbreitete Postkarte. Die wird von den Netzverbrauchern an die Kunden versandt, die sie dann ausfüllen und zurücksenden. Beim Anbieter Co.met, einer Tochter der Saarbrücker Stadtwerke, nutzen immerhin noch 55 Prozent der Kunden diese Variante. Das Problem dabei ist die nach wie vor hohe Fehlerquote. Ähnlich anfällig ist eine Variante, bei der den Kunden per SMS ein Link zu einer Website geschickt wird, auf der sie die Verbrauchsstände zwar digitalisiert, aber immer noch händisch eintragen.
Smart Meter für Wohngebäude
Denkbar und üblich ist auch eine Kombination dieser beiden Varianten. Die Stadtwerke Idar-Oberstein etwa versenden eine Karte, die einen QR-Code enthält, der direkt auf eine Website führt, wo die Zählerstände eingetragen werden können.
Genutzt werden diese Selbstablesetechnologien von Netzbetreibern, Stadtwerken und Wasserversorgern in der ganzen Bundesrepublik. Für Wärme und Wasser wird dies auch weiterhin ein Mittel der Wahl sein. Sind jedoch erst einmal alle Wohngebäude mit Smart Metern ausgestattet, ist dies zumindest für den Strom nicht mehr notwendig. Zwar wird das noch einige Jahre dauern, da zunächst nur Verbraucher mit mehr als 6.000 kWh im Jahr verpflichtend mit einem intelligenten Zähler ausgestattet werden müssen. Doch auch die kleineren Verbraucher sollen in den folgenden Jahren damit ausgerüstet werden. So will es das 2016 verabschiedete Messstellenbetriebsgesetz. Dessen Umsetzung wurde dadurch verzögert, dass erst im vergangenen Jahr ein geeignetes und vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziertes Gateway eingerichtet wurde, der übergeordnete digitale Datensammler der einzelnen Messstellen.
Vereinfachung der Abrechnung
Die Vorteile des smarten Messens liegen auch in der Vereinfachung der Abrechnung. Denn die Daten werden zentral meist in einer Cloud oder auf einem separaten Server gesichert und dort mit der Rechnungslegung verknüpft. Dadurch lassen sich sinkende Kosten über die gesamte Messkette erreichen. Angeboten wird ein solcher Service etwa von Anyline, für den Betrieb ist letztlich nur eine Website nötig. Komplizierter wird es jedoch bei der Datenverarbeitung der Netzbetreiber und Energieversorger. Denn hier muss meist erst eine neue Infrastruktur geschaffen werden, die in der Lage ist, die bereits digital erfassten Daten auch weiterzuverarbeiten. Das erkannte etwa der Messdienstleister ista, der bei einigen Kunden probeweise Selbstablesesysteme installierte, diese jedoch wieder zurücknahm, weil der Kunde lieber auf die traditionelle, sprich analoge Variante setzte.
Modernisierung eines veralteten Systems
Allerdings sind auch beim digitalen Selbstablesen Möglichkeiten zur Manipulation gegeben.
Zudem ist auch die digitale Selbstablesung eben nur auf die Zählerpunkte beschränkt. Mit dem Smart Meter Roll-out können jedoch die Verbrauchsdaten, zumindest für Strom, auch in die Haustechnik und deren Betrieb integriert werden – vorausgesetzt, das Gebäude ist smart ausgerüstet. Dann wäre nicht nur ein Monitoring der Zähler, sondern auch aller anderen Hausgeräte möglich, die Strom oder Wärme verbrauchen. Auf diese Kombination hat sich das Mannheimer Unternehmen Quivalo spezialisiert, das in der digitalen Selbstablesung letztlich eine Modernisierung eines an sich falschen und veralteten Systems sieht.
Mit smarten Systemen, die kontinuierlich Zählerstände fernabfragen, sind hingegen unterjährige Informationen der Verbraucher möglich. Den wenigsten sind ihre aktuellen Verbrauchsdaten bekannt, weswegen sie auf diesem Wege auch nicht zum Energiesparen animiert werden können. Doch so ließe sich auch die neue Energieeffizienz-Richtlinie (EED – Energy Efficiency Directive) der EU umsetzen. Denn die verlangt ab Oktober 2020 zumindest eine vierteljährliche Information der Verbraucher über ihre Bezüge.
Bei den Stromverbräuchen wären die Potenziale allerdings gering. Das Gros der Haushaltsenergie wird immer noch durch Wärme und Warmwasser verbraucht. Deswegen sind hier auch die größten Einsparpotenziale vorhanden, die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP anhand bereits praktizierter digitalisierter Wärmemengenerfassung ermittelt haben. Leider betrifft der Smart Meter Roll-out lediglich das Erfassen der Stromverbrauchsdaten, die im Haushalt nur etwa zehn Prozent (ohne Mobilität) zum gesamten Energieverbrauch beitragen.
Einführung von Wärmezählern
Einige Wärmeversorger setzen dennoch auf die Digitalisierung. In der Hauptstadt etwa startete die Vattenfall-Tochter Wärme Berlin 2018 die flächendeckende Einführung von smarten Wärmezählern – ein etwa 9,3 Millionen Euro teures Pilotprojekt.
Auch andere Energieversorger denken schon heute in diese Richtung weiter. Denn sowohl der Smart Meter Roll-out als auch eine bereits mögliche digitale Fernauslesung von Wasser- und Wärmeverbräuchen ermöglichen einen qualitativ neuen Zugang zur Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Versorger und Netzbetreiber, die solche Lösungen aus einer Hand anbieten, können das Ablesen etwa im Contracting betreiben und auch die Kommunikation mit den Mietern, Verwaltern oder Eigentümern führen – bis hin zur Einzelabrechnung. Dieser Markt war bisher den Messdienstleistern vorbehalten.
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