Sonntag, 17. November 2024

WasserstoffEmden fungiert als Treiber

[12.02.2020] Überschüssigen Strom aus Windkraft wollen die Stadtwerke Emden künftig speichern. In einem Elektrolyseur wird der Überhang zur Wasserstofferzeugung genutzt. Das Stromnetz kann so gestärkt werden, zudem lassen sich Kosten reduzieren.
Power to Gas: Forschungsanlage der Stadtwerke Emden.

Power to Gas: Forschungsanlage der Stadtwerke Emden.

(Bildquelle: Stadtwerke Emden)

Als einzige deutsche Stadt ist Emden am europaweiten Wasserstoff-Forschungsprojekt HPEM2GAS beteiligt. Von Jahresbeginn bis Ende September 2019 haben die Stadtwerke gemeinsam in der niedersächsischen Kommune mit der Hochschule Emden/Leer einen robusten und schnell reagierenden Elektrolyseur betrieben. Hauptziel des Forschungsprojekts war es, die Investitions- und Produktionskosten von Wasserstoff sowie die Effizienz des Elektrolyseurs zu steigern. „Bei uns in Ostfriesland gibt es ideale Bedingungen für die Herstellung von grünem Wasserstoff durch die Vielzahl an Windanlagen und die Nutzung von Überschussstrom“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Manfred Ackermann. „Das wollen wir nutzen. Emden ist längst bereit für die Erzeugung von Wasserstoff.“ Dabei sieht Ackermann in der Wasserstoffproduktion an der Küste nicht nur eine Chance für die Region – auch für die Einspeisung ins Ferngasnetz könne sie interessant werden.

Kosten durch Überschuss

Windanlagen sind ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Allein in Niedersachsen gibt es mehr als 6.300 Onshore-Windanlagen. Nicht immer wird aber der Strom, den sie produzieren, auch direkt benötigt. Dieser Überschuss verursacht Kosten. Eine Lösung könnte sein, den Strom zur Wasserstofferzeugung zu nutzen. Denn Wasserstoff eignet sich hervorragend als chemischer Energiespeicher und -träger. Er kann quasi jeden Energieträger ersetzen. Dass Wasserstoff die Zukunft ist, davon sind die Akteure in Emden überzeugt. Gemeinsam mit der Hochschule Emden/Leer zeigen sie, dass die Erzeugung und Verwendung von klimaneutralem Wasserstoff bereits technisch machbar ist. Derzeit wird im Forschungsprojekt HPEM2GAS untersucht, wie so genannte PEM-Elektrolyseure künftig wirtschaftlicher und effizienter arbeiten. „Die Anlage kann zum Beispiel beim Warmstart unterhalb einer Sekunde damit beginnen, überschüssigen Windstrom zu Wasserstoff zu verarbeiten“, sagt der Projektverantwortliche bei den Stadtwerken, Alexander Flat. Die Daten der gesamten Anlage würden derzeit ausgewertet.

Unterschiedliche Szenarien

Mithilfe des neuartigen Elektrolyseurs werden nach Angaben Flats täglich etwa 80 Kilogramm Wasserstoff erzeugt, die direkt ins Gasnetz der Stadtwerke Emden fließen. Um überschüssigen Windstrom zu speichern, wird nach dem bekannten Power-to-Gas-Prinzip Wasser unter Energiezufuhr in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Das Wasserstoffgas kann dann ins Gasnetz eingespeist oder bei Bedarf später mittels einer Brennstoffzelle wieder in Strom umgewandelt werden. „Wir haben in der Region die Möglichkeit, in großem Stil Wasserstoff oder synthetisches Erdgas zu erzeugen“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Ackermann. „Die kleine Forschungsanlage ist für uns ein erster Schritt.“

Anwendungsorientierte Forschung

Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Anlage ist neben der technischen Analyse ein wichtiger Bestandteil des Projekts. Darauf weist Gunnar Kielmann, technischer Leiter der Stadtwerke, hin. Um wirklich verlässliche Daten zu bekommen, würden die unterschiedlichsten Szenarien in der Praxis durchgespielt. „Wir stressen die Anlage sozusagen – von Kaltstarts über längere Ruhephasen bis hin zu häufigem An- und Ausschalten“, so Kielmann.
Professor Gerhard Kreutz, Präsident der Hochschule Emden/Leer, fasst zusammen: „Mit unserer anwendungsorientierten Forschung treiben wir die nachhaltige Entwicklung der erneuerbaren Energien voran und zeigen alternative Möglichkeiten der Energieerzeugung und -speicherung auf, und zwar insbesondere mit Blick auf die aktuelle Klimaschutzdebatte.“

Christina Hövener-Hetz ist freie Autorin in Berlin.




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