Freitag, 22. November 2024

SolarenergieKreditprodukt für die Energiewende

[10.02.2020] In der traditionellen Energiewirtschaft sind Power Purchase Agreements fest etabliert. Bei Erneuerbare-Energien-Projekten werden sie aber bislang kaum genutzt. Das will die UmweltBank mit einem innovativen Finanzierungskonzept auf PPA-Basis ändern.
Solarpark Barth V: Bewährte Technologie

Solarpark Barth V: Bewährte Technologie, neues Finanzierungskonzept.

(Bildquelle: BayWa r.e.)

Im Oktober 2019 erst ist der Solarpark Barth V nahe Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb genommen worden. Dicht an dicht reihen sich die Module dort auf dem Gelände des Ostseeflughafens Stralsund-Barth aneinander, 8,8 Megawatt peak (MWp) beträgt die maximale Leistung. Die Technologie ist bewährt, aber das Finanzierungsmodell dieser Freiflächenanlage ist neu: Die Anlage wird nicht mit einer 20-jährigen festen Einspeisevergütung nach dem EEG refinanziert. Stattdessen hat die UmweltBank mit Sitz in Nürnberg dort mit dem Betreiber, der Münchener BayWa r.e., einen Finanzierungsvertrag auf Basis eines Power Purchase Agreements (PPA) geschlossen. Das Geldhaus finanziert damit nicht nur eine der größten förderfreien Anlagen Deutschlands, sondern hofft, ein Geschäftsmodell für die Zukunft entwickelt zu haben.

PPAs als Vermarktungsstrategie

Der Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien wurde in den vergangenen Jahren durch eine garantierte Einspeisevergütung über 20 Jahre gefördert. Dabei wird die Differenz zwischen fixer Vergütung und dem Marktpreis des von der Anlage erzeugten Stroms ausgeglichen. Immer mehr aber wird diese fixe Vergütung zurückgefahren und wettbewerblich ausgeschrieben – aus gutem Grund: Die Erneuerbaren sollen marktfähig werden. Heute befindet sich die Entwicklung an einem Punkt, an dem der Markt ergänzend zu den Säulen Festvergütung bis 750 Kilowatt peak und Ausschreibung die Geschäftsmodelle der Zukunft erprobt. Die UmweltBank, ein erfahrener Finanzierer im Bereich der erneuerbaren Energien, ist nun auch Pionier im Bereich Freiflächen-Photovoltaik-Finanzierung auf Basis von PPAs. Power Purchase Agreements sind langfristige Stromlieferverträge zwischen einem Anlagenbetreiber und einem Stromabnehmer.

Zusammenarbeit mit Experten

In der traditionellen Energiewirtschaft sind diese Vereinbarungen fest etabliert. Im Bereich der erneuerbaren Energien werden sie bislang kaum genutzt. Somit betritt die UmweltBank mit ihrem Finanzierungskonzept auf PPA-Basis Neuland. Um die Rückzahlungsfähigkeit ihrer Kredite zu gewährleisten, hat sie in Zusammenarbeit mit Experten aus verschiedenen Bereichen an den Möglichkeiten dafür gearbeitet. Es braucht drei Partner: Den Investor und Betreiber der Anlage, den Käufer des Stroms und Abnehmer sowie das Geldhaus als Finanzierer des Anlagenbetreibers. Der Abnehmer ist in der Regel ein Energieversorger oder großer Energiehändler, der seinerseits den Strom an seine Kunden weiterverkauft. Die Nürnberger Bank hat dieses Modell bislang mit Partnern anwenden können, die ihren Strom mit so genannten offsite oder sleeved PPAs verkaufen. Der Anlagenbetreiber hat bei diesen PPAs einen Liefervertrag mit einem Energieversorger oder Energiehändler geschlossen. Vonseiten der UmweltBank wird die Bonität dieses Stromkäufers geprüft, etwa über Unternehmensratings – schließlich werden die Einnahmen über das PPA aus der von der UmweltBank finanzierten Anlage generiert.

Solarpark Barth V

Im Falle des Solarparks Barth V steht als Stromabnehmer und dritter Partner im Bunde die Firma BayWa r.e. Clean Energy Sourcing (CLENS), die sich zunächst für fünf Jahre verpflichtet hat, den Strom zu kaufen. Das Nürnberger Geldhaus erwartet für seinen Kreditvertrag Stromlieferverträge über mindestens fünf Jahre und finanziert die Anlage dann bis zu 25 Jahre. Den zukünftigen Strompreis vorherzusagen, ist mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Die UmweltBank hat sich darum mit dem Worst Case beschäftigt. Die Bank muss, wenn sie zu Beginn eine PPA-Festlaufzeit über fünf Jahre akzeptiert hat, überlegen, was die Erlösszenarien ab Jahr sechs bis zum Ende der Kreditlaufzeit sind. Dafür hat sie Studien von renommierten Energiemarktexperten gekauft und die jeweiligen Szenarien analysiert. Darauf aufbauend wurde von Fachleuten der UmweltBank ein eigenes Szenario entwickelt, um eine mögliche Preisuntergrenze – also einen Bodenwert – für den Solarstrom zu ermitteln. Mit diesem Bodenwert muss die Rückzahlung des Kredits gewährleistet sein.

Standards schaffen

Im Moment bedeutet das in der Praxis, dass die UmweltBank Anlagen mit einer Leistung von mehr als drei Megawatt finanziert und ihre Partner etablierte Unternehmen aus der PV-Branche sind. Der Grund? Investoren stehen bei der Kalkulation solcher Projekte genauso vor der Überlegung, wie sich die Einnahmen entwickeln, und können heute noch nicht auf standardisierte Geschäftsabläufe zurückgreifen. Bei jedem PPA-Vertrag im Feld der erneuerbaren Energien sind darum zunächst die Transaktionskosten hoch – etwa für Vertragsgestaltung und Rechtsberatung. Da verwundert es nicht, dass es für das Kreditprodukt der UmweltBank bislang keine Anfragen für kleinere Projekte gegeben hat.
Genau das aber ist erklärtes Ziel der Nürnberger Finanzexperten. Indem sie helfen, Standards auf dem Markt zu schaffen, soll ihr Angebot auch attraktiv für kleinere und mittlere Projekte werden. Kommunale Energieversorger als Investoren oder PPA-Partner sind willkommen. Das Ziel: Die PPA-basierten Kredite sollen in Zukunft auch für kleinere Anlagen funktionieren.

Strukturierter Aufbau

Darum hat die UmweltBank zusammen mit Rechtsanwältin Margarete von Oppen von der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein und im Gespräch mit anderen Marktakteuren wie Stromlieferanten und -abnehmern einen Musterstromliefervertrag für PPAs entwickelt. Der strukturierte Aufbau dieses Vertrags ermöglicht einen schnellen Überblick über die wesentlichen Regelungsaspekte. Auch für den Weiterbetrieb von Altanlagen, bei denen die 20-jährige Vergütung in den kommenden Jahren ausläuft, und deren Finanzierung spätestens dann abgeschlossen sein sollte, eignen sich PPAs. Losgelöst vom Kreditangebot für Neubauprojekte sind sie heute die beste Lösung, um diese Altanlagen weiter zu betreiben. Das zeigt sich aktuell im Windbereich. Hier wurden bereits erste PPA-Verträge geschlossen.

Thomas Benz

Benz, ThomasThomas Benz ist stellvertretender Leiter der Abteilung Energie und Infrastruktur bei der UmweltBank AG. Das Nürnberger Geldinstitut will Finanzen mit ökologischer und sozialer Verantwortung verbinden. In den vergangenen 20 Jahren wurden rund 23.000 Umweltprojekte finanziert, vom Holzhaus bis zum Solarpark.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Finanzierung
Das Bild zeigt den Windpark Münsterwald aus der Luft in Höhe eines Windrads.

STAWAG: Zweite Bürgerbeteiligung für Windpark

[06.11.2024] Bürgerinnen und Bürger aus Aachen und der Region können erneut in den Windpark Münsterwald investieren. Die STAWAG bietet eine neue Runde der Bürgerbeteiligung an. mehr...

Bis 2030 sind Investitionen in Höhe von 721 Milliarden Euro notwendig

BDEW/VKU: Fonds für die Energiewende

[04.06.2024] Bis 2030 sind Investitionen in Höhe von 721 Milliarden Euro notwendig, bis 2035 sogar 1.200 Milliarden Euro, um die Energiewende zu finanzieren. Die Verbände BDEW und VKU schlagen deshalb einen neuen Energiewende-Fonds vor, um privates Kapital zu mobilisieren. mehr...

Michael Teigeler

Heidelberg: Bürger finanzieren grüne Wärme

[19.02.2024] Die Stadtwerke Heidelberg bieten erstmals eine Geldanlage an, mit der sich Bürgerinnen und Bürger am Ausbau der grünen Wärme beteiligen können. mehr...

E.ON: Innovationfonds für die Energiewende

[01.02.2024] Investoren wollen Start-ups weltweit bei der Entwicklung digitaler Lösungen für die Energiewende unterstützen. Rund 250 Milliarden Euro sollen in einem neuen Innovationsfonds zusammenkommen. Führende Investoren sind E.ON und der Europäische Investitionsfonds. mehr...

EnBW-Solarpark in Bingen: Die Bürger der Gemeinde können sich finanziell beteiligen.

EnBW: Bürger profitieren von Solarpark

[19.01.2024] Die Bürgerbeteiligung am Solarpark Bingen ist gestartet. Bis zu 10.000 Euro können die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde investieren. mehr...

EnBW-Firmensitz in Karlsruhe: Der Energiekonzern beschafft sich eine halbe Milliarde Euro am Kapitalmarkt.

EnBW: Grüne Nachranganleihe platziert

[18.01.2024] Der Energiekonzern EnBW hat 500 Millionen Euro am Kapitalmarkt aufgenommen. Die Mittel der Nachranganleihe sollen ausschließlich für umweltfreundliche Projekte verwendet werden. mehr...

proKlima-Fonds: 25 Jahre erfolgreiche Förderung

[08.01.2024] Der enercity-Fonds proKlima feiert sein 25-jähriges Jubiläum mit einer beeindruckenden Förderbilanz. Besonders intensiv wird derzeit die Energiewende im Wärmesektor gefördert. mehr...

Sachsen: Antragsstart für Förderung

[05.12.2023] In Sachsen können ab sofort Mittel nach der Förderrichtlinie Energie und Klima (FRL EuK/2023) beantragt werden. Bis zum Ende des Jahres 2027 stehen insgesamt 243 Millionen Euro zur Verfügung. mehr...

Zahlungsausfälle werden zum Problem.
bericht

Forderungsmanagement: Welle von Ausfällen

[02.11.2023] Zahlungsausfälle nehmen aufgrund gestiegener Energiepreise deutlich zu. Ein geregeltes Forderungsmanagement sichert die Liquidität der Stadtwerke und trägt zum positiven Image in der Region bei. mehr...

KEA-BW: Fördermittel im Überblick

[21.02.2023] In der Förderdatenbank der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg können Klimaschutzprogramme des Landes, des Bundes und der Europäischen Union (EU) recherchiert werden. mehr...

Verleihung des Klimaheldenpreises und die Scheckübergabe.

Breisach: Innovationsfonds für Zukunftslabor

[13.10.2022] Mit einem Innovationsfonds unterstützt Badenova jetzt das Zukunftslabor Smarte Region des BadenCampus in Breisach. Das Labor soll kommunale Akteure sowie Lösungsanbieter miteinander vernetzen und sie dabei unterstützen, Projekte für Lebensqualität und Daseinsvorsorge umzusetzen. mehr...

Sachsen: Werkzeug zur finanziellen Beteiligung

[18.08.2022] Ein jetzt erschienener Leitfaden der Sächsischen Energieagentur (SAENA) zeigt acht Möglichkeiten auf, wie Kommunen und Bürgern die finanzielle Beteiligung bei Erneuerbare-Energien-Projekten gelingen kann. mehr...

Berlin: Positives Fazit zu Klimaschutzprogramm

[09.08.2022] Ein Jahr nach Antragsstart des Klimaschutzprogramms Effiziente GebäudePLUS kommen das Land Berlin und die Investitionsbank Berlin (IBB) zu einem positiven Fazit. Binnen eines Jahres wurden knapp 30 Millionen Euro Zuschussvolumen beantragt. mehr...

badenova: 70 Millionen für die Energiewende

[26.07.2022] 70 Millionen Euro konnte der Energieversorger badenova bei Investoren einwerben, um Energiewende- und allgemeine Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren. mehr...

bericht

Bürgerbeteiligung: Energie bringt Zinsen

[21.02.2022] Die Beteiligung der Bürger an der Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten stärkt deren Akzeptanz. Mit den verschiedenen Modellen können Stadtwerke auch die Urbanisierung der Energiewende aktiv umsetzen. mehr...