Montag, 23. Dezember 2024

DonauwörthSonnenstrom aus der Getreidemühle

[15.10.2019] Auf einem Getreidesilo im bayerischen Donauwörth testen die Lechwerke und das Unternehmen Heliatek eine neuartige Solarfolie. Mithilfe der Technologie sollen die Photovoltaikpotenziale von Gebäudeoberflächen besser erschlossen werden.
Das Unternehmen Heliatek brachte beim Pilotversuch in Donauwörth die Solarfolie zum ersten Mal derart großflächig und auf rauem Beton an.

Das Unternehmen Heliatek brachte beim Pilotversuch in Donauwörth die Solarfolie zum ersten Mal derart großflächig und auf rauem Beton an.

(Bildquelle: Lechwerke)

Am Getreidesilo der Schneller Mühle in Donauwörth schimmert in rund 20 Metern Höhe ein bläuliches, 230 Quadratmeter großes Rechteck. Dabei handelt es sich um 120 HeliaSol-Elemente, eine spezielle Solarfolie des Unternehmens Heliatek aus Dresden. Gemeinsam mit den Lechwerken (LEW) wird die Technologie hier im Rahmen eines Langzeittests erstmals auf rauem Beton eingesetzt. Die Anlage hat eine Leistung von rund zehn Kilowatt peak (kWp) und produziert etwa 6.700 Kilowattstunden (kWh) Strom im Jahr.
Immer mehr Privatleute und Gewerbetreibende setzen auf die Kraft der Sonne und produzieren mit Photovoltaikanlagen selbst Strom. Bisher geschieht das meist mittels Dachanlagen, wobei die Module mit einer Unterkonstruktion auf das Gebäudedach montiert werden. Pro Quadratmeter entstehen dabei Lasten von bis zu 20 Kilogramm. Eine Dachkonstruktion, die für diese Lasten nicht ausgelegt ist, war bisher für die Solarstromerzeugung nicht nutzbar. Gerade Gewerbebauten verfügen aber häufig über große Fassadenflächen, auf die man prinzipiell ausweichen könnte. Die Montage der Photovoltaikmodule in der Vertikalen ist jedoch ziemlich aufwendig. In der Praxis war die Nutzung von Fassaden daher bislang selten eine attraktive Option, die Potenziale zahlreicher Gebäude zur Photovoltaik-Stromerzeugung blieben ungenutzt.

Keine aufwendigen Bohrungen

So auch bei der Schneller Mühle in Donauwörth: „Mühlen waren die ersten Einsatzgebiete für erneuerbare Energien. An diese Tradition wollen wir anknüpfen und überlegen deshalb schon seit Jahren, in eine Photovoltaikanlage zu investieren“, sagt Mühleninhaber Michael Schneller. Die Schneller Mühle ist ein Getreide verarbeitender Betrieb, der Mehl herstellt. In dem über 30 Meter hohen, rechteckigen Silo lagern in mehreren Kammern verschiedene Getreidesorten.
An der Silofassade habe man das Projekt Photovoltaik bisher jedoch nicht in Angriff nehmen können: „Bei gewöhnlichen PV-Modulen hätten wir aufwendige Bohrungen vornehmen müssen, und die hätten das Gebäude womöglich beschädigt“, berichtet Schneller. Die Lösung kam mit der Projektanfrage der LEW: „Bei den Solarfolien von Heliatek braucht es keine Bohrungen, die Folien werden einfach angeklebt. Für uns ist das die ideale Möglichkeit, um selbst Strom zu erzeugen.“ Bei dem Pilotversuch in Donauwörth brachte Heliatek die Solarfolie zum ersten Mal derart großflächig und auf rauem Beton an. Anders als bei anderen Fassadenoberflächen wie Metall wurde eine spezielle Grundierung eingesetzt, welche die Haftung des Folienklebers unterstützt. Ähnlich wie beim Tapezieren wurden die sechs Meter langen und rund 32 Zentimeter breiten Solarfilme dann nacheinander von oben nach unten auf die Fassade gerollt.

Gute Umweltbilanz

Im Vergleich zu herkömmlichen Solarmodulen ist die Folie, die in Donauwörth getestet wird, sehr leicht und biegsam. Die Folienbahnen haben eine selbstklebende Rückseite und eignen sich für unterschiedliche Fassadenformen und -oberflächen. An einer Biogasanlage in Bergheim-Paffendorf wird die Solarfolie beispielsweise seit dem Jahr 2016 auf der gewölbten Außenwand zweier Fermenter erprobt. Ein weiteres Projekt haben Heliatek und das Unternehmen innogy am Duisburger Hafen umgesetzt. Dabei wurden insgesamt 185 Quadratmeter der Solarfolie auf der Metallfassade einer Lagerhalle angebracht. Auch an der LEW-Betriebsstelle in Augsburg-Oberhausen sind die Klebefolien auf einer kleinen Fassadenfläche bereits im Einsatz. Beim Pilotversuch in Donauwörth werden die bisherigen Erfahrungen nun erweitert und neue Erkenntnisse zu den Einsatzmöglichkeiten der Folie auf rauen Oberflächen gesammelt. Anders als bei der kristallinen Solartechnologie, wie sie zum Beispiel in Dachmodulen verwendet wird, verlieren die Folien bei hohen Temperaturen nicht an Leistung. Deshalb benötigen sie auch keinen Lüftungsabstand zur Kühlung, sondern können direkt auf der Fassadenfläche angebracht werden. „Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass Aufwand und Kosten für die Installation von Folienanlagen geringer sind als bei herkömmlichen Photovoltaikmodulen“, erklärt Michael Meißner, Ingenieur Produktentwicklung bei Heliatek.
Die Folien weisen zudem eine gute Umweltbilanz auf: Sie bestehen aus ultradünnen Schichten organischer, kohlenstoffbasierter Moleküle. Diese werden bei sehr niedrigen Prozesstemperaturen auf eine flexible PET-Folie aufgetragen. Dabei werden keine giftigen Stoffe eingesetzt. Durch die Fertigung in Dresden können Qualitäts- und Umweltstandards bestmöglich eingehalten werden, und Transportwege innerhalb Europas sind verhältnismäßig kurz.

Kristalline Technik ergänzen

Vergleicht man den Wirkungsgrad der Solarfolie mit herkömmlichen Modulen, zeigen sich noch Unterschiede: So liegt der Wirkungsgrad der Folien bislang hinter demjenigen kristalliner Solarmodule. „Die Folien stecken noch in der Entwicklung – Erzeugungsleistung, Wirkungsgrade und auch die Langzeitqualität werden mithilfe von Tests unter Realbedingungen wie hier in Donauwörth immer weiter verbessert“, sagt Michael Meißner von Heliatek. Die Solarfolien seien aber in erster Linie als Ergänzung zur kristallinen Technologie zu verstehen. Mit ihr können Flächen für die Stromgewinnung erschlossen werden, die sonst nur mit großem Aufwand oder überhaupt nicht genutzt würden. Für den Pilotversuch eignet sich die Fassade des Getreidesilos der Schneller Mühe sehr gut. Denn aufgrund der Höhe des Silos gibt es einerseits keinen Schattenwurf von umgebenden Gebäuden, gleichzeitig verspricht die Südausrichtung der Fassade viele Sonnenstunden, die für die Stromerzeugung genutzt werden können. Die Ergebnisse aus dem Test sollen in die Weiterentwicklung der Folien fließen und den LEW neue Erkenntnisse für die Nutzung von Gebäudeflächen zur PV-Stromerzeugung bringen.

Martin Krammer

Krammer, MartinMartin Krammer ist staatlich geprüfter Techniker für Elektrotechnik und seit Anfang 2018 bei den Lechwerken mit dem Anlagenportfolio von der Projektabwicklung bis zur technischen Betriebsführung betraut. Seine Laufbahn in der Photovoltaikbranche startete Krammer beim Weltmarktführer im Bereich Monitoring, der Firma meteocontrol.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Photovoltaik | Solarthermie
Mainova-Vorständin Diana Rauhut und Frank Junker, Vorsitzender der Geschäftsführung der ABG Frankfurt, sowie Frankfurts Klima- und Umweltdezernentin Tina Zapf-Rodriguez würdigten die Zusammenarbeit der beiden Partner für die urbane Energiewende (von links). Foto: Mainova

Mainova: Zehn Megawatt Mieterstrom

[10.12.2024] Als erstes Unternehmen in Deutschland hat Mainova über Zehn-Megawatt-peak-Mieterstromprojekte mit Photovoltaikanlagen in einer Stadt umgesetzt – ein Großteil davon in enger Zusammenarbeit mit der ABG Frankfurt. mehr...

SWW Wunsiedel/Ørsted: Stromliefervertrag abgeschlossen

[05.12.2024] SWW Wunsiedel und Ørsted haben jetzt einen langfristigen Stromliefervertrag abgeschlossen. Ab 2025 wird die Region Wunsiedel mit Grünstrom aus zwei bayerischen Solarparks versorgt. mehr...

Stuttgart: Stadtwerke nehmen PV-Großanlage in Betrieb

[04.12.2024] Die Stadtwerke Stuttgart haben im Oktober eine neue Photovoltaik-Freiflächenanlage bei Habscheid im Eifelkreis Bitburg-Prüm mit einer Leistung von 25 Megawatt peak übernommen. mehr...

Leipzig: Richtfest für Solarthermie-Anlage

[03.12.2024] In Leipzig-Lausen feiert Deutschlands zukünftig größte Solarthermie-Anlage Richtfest. Die Leipziger Stadtwerke und Ritter XL Solar investieren rund 40 Millionen Euro in das Projekt, das ab 2026 Fernwärme liefern soll. mehr...

Der Solarpark in kann Strom für rund 2.600 Haushalte liefern.

BDEW: PV-Zubau erreicht Rekordhoch

[28.11.2024] 17,5 Gigawatt Solarleistung wird in diesem Jahr in Deutschland voraussichtlich insgesamt zugebaut, so der BDEW. mehr...

Deutscher Solarpreis 2024: Preisträger stehen fest

[28.11.2024] Die diesjährigen Gewinner des Deutschen Solarpreises wurden jetzt bekanntgegeben. Am 29. November 2024 werden in Gelsenkirchen sechs Projekte aus verschiedenen Bereichen der erneuerbaren Energien für ihr innovatives Engagement ausgezeichnet. mehr...

Das Forschungsprojekt „PV2Float" wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. Foto: Ecotec Deutschland GmbH

RWE: PV schwimmt auf Mortkasee

[18.11.2024] RWE, Fraunhofer ISE und BTU Cottbus-Senftenberg haben das Forschungsprojekt PV2Float vorgestellt. Dabei wurden drei verschiedene Anlagensysteme mit jeweils 30 Kilowatt Leistung getestet. mehr...

Frankfurt am Main: Stadion als Kraftwerk

[13.11.2024] Das Stadion von Eintracht Frankfurt erhält eine neue Photovoltaikanlage, die jährlich mehr als 500.000 Kilowattstunden sauberen Strom liefern wird. Die Kooperation zwischen Mainova, der Stadt Frankfurt und dem Verein soll ein Zeichen für den Klimaschutz setzen. mehr...

Das Bild zeigt enercity-Vorstand Marc Hansmann; Finanzminister Gerald Heere; Justizstaatssekretär Thomas Smollich, auf dem Dach der Justizvollzugsanstalt Sehnde. Im Hintergrund sind PV-Module zu sehen.

Niedersachsen: Energiewende auf den Dächern

[31.10.2024] Mit der Installation einer großflächigen Photovoltaikanlage auf den Dächern der Justizvollzugsanstalt Sehnde setzen das Land Niedersachsen und der Energiedienstleister enercity ihre Kooperation für die Energiewende um. mehr...

Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm: Ausbau der Photovoltaik auf kommunalen Dächern

[30.10.2024] Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) weiten in Zusammenarbeit mit den Städten Ulm und Neu-Ulm den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden deutlich aus. Die ersten Anlagen sollen noch 2024 in Betrieb gehen und so über 250 Haushalte mit sauberem Solarstrom versorgen. mehr...

Auf dem Bid ist eine Solaranlage der Berliner Stadtwerke auf dem Dach der HOWOGE-Wohnanlage in der Ernst-Barlach-Straße zu sehen. Das Foto stammt von Matthias Schult und den Berliner Stadtwerken.

Berlin: Großer PV-Wurf auf Wohnhausdächern

[29.10.2024] HOWOGE und die Berliner Stadtwerke bauen bis zu 50 MW Solarleistung für Berlin. mehr...

München: Neue Solarbörse soll PV-Ausbau erleichtern

[25.10.2024] Mit der neuen Solarbörse hat die Stadt München jetzt eine kostenfreie Onlineplattform gestartet, die sowohl Eigentümerinnen und Eigentümer geeigneter Flächen als auch Dienstleisterinnen und Dienstleister aus der Photovoltaik-Branche zusammenbringt. Ziel ist es, den Ausbau von Solarenergie im Stadtgebiet weiter zu beschleunigen. mehr...

Heidelberg: Bericht zum PV-Ausbau vorgestellt

[24.10.2024] Aus einem jetzt vorgestellten Sachstandsbericht geht hervor, dass die Stadt Heidelberg den Ausbau von Photovoltaikanlagen weiter vorantreibt. Demnach erzeugt die Stadt bereits genug Solarstrom, um fast 18.000 Haushalte zu versorgen. mehr...

Frankfurt am Main: PV-Anlage auf denkmalgeschütztem Gebäude

[23.10.2024] In Frankfurt am Main wurde jetzt eine Photovoltaikanlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude installiert. Die Mieter profitieren von lokal erzeugtem Solarstrom, der direkt vom eigenen Dach geliefert wird. Die Installation erfolgte im Rahmen einer Kooperation zwischen Mainova und ABG Frankfurt Holding. mehr...

Leipzig: Neue Solarcarports an der Messe

[23.10.2024] An der Leipziger Messe werden ab 2025 Solarcarports errichtet, die zur Erhöhung des Grünstromanteils in der Stadt beitragen. Das Pilotprojekt mit 16 Carports soll 352 Parkplätze überspannen und jährlich 915.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. mehr...