ForschungHöherer Energieertrag aus Windparks
Im Oktober 2018 fiel der Startschuss für das Forschungsprojekt „CompactWind II“ unter der Leitung des Unternehmens eno energy systems. Das Verbundvorhaben wird über eine Gesamtlaufzeit von drei Jahren vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit insgesamt 1,4 Millionen Euro gefördert. Ziel ist es, durch neue Regelungskonzepte die so genannten Nachlaufeffekte in Windparks zu verringern. Neben eno energy systems sind das Zentrum für Windenergieforschung (ForWind), der Lehrstuhl für Windenergie der Technischen Universität München (TUM) und die Firma fos4X beteiligt.
Negative Einflüsse minimieren
Um beim Ausbau der Windenergie an Land die verfügbare Fläche optimal zu nutzen, werden üblicherweise mehrere Windenergieanlagen zu Windparks zusammengefasst. In einer Gruppe von Anlagen entstehen abhängig von der Windrichtung hinter den Turbinen unvorteilhafte Strömungsverhältnisse. Im Nachlauf hinter einer Windenergieanlage herrschen geringere Windgeschwindigkeiten und stärkere Turbulenzen. Das bedeutet, dass die Anlagen, auf die der Nachlauf trifft, weniger Energie erzeugen und höheren strukturellen Belastungen ausgesetzt sind. Diese negativen Nachlaufeffekte werden dadurch verstärkt, dass neue Anlagen mit größeren Rotoren in geringeren Abständen zueinander installiert werden, da die Standortfläche begrenzt ist. Das Projekt „CompactWind II“ will die negativen Einflüsse des Nachlaufs minimieren, um den Energieertrag zu steigern und die Belastungen zu verringern. Damit ließe sich bei gleichbleibender Grundfläche des Windparks mehr Leistung erzielen.
Aufgrund nationaler und internationaler Forschungsvorhaben konnten in den vergangenen Jahren wertvolle Erkenntnisse über die aerodynamische Interaktion von Windenergieanlagen in Windparks gewonnen werden. Darauf aufbauend ist es nun entscheidend, neue Verfahren nicht nur in Simulationen und im Windkanal zu testen, sondern unter realistischen Bedingungen an existierenden Anlagen im Freifeld zu validieren.
Praxistauglichkeit prüfen
Eine Möglichkeit, die Effekte des Nachlaufs zu reduzieren, besteht darin, die Nachlaufströmung abzulenken. Bei diesem Ansatz werden einzelne Anlagen gezielt etwa 10 bis 20 Grad aus der Windrichtung gedreht, sodass die Nachlaufströmung nicht in vollem Ausmaß auf die nächsten Anlagen trifft. Das Potenzial einer gezielten Nachlaufbeeinflussung konnte im erfolgreich abgeschlossenen Vorgängerprojekt CompactWind durch umfangreiche Freifeldversuche in einem Versuchswindpark der eno-energy-Gruppe nachgewiesen werden. Im Nachfolgeprojekt sollen die Konzepte weiterentwickelt und in einem Windpark mit vier Anlagen überprüft werden. Die Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, die begrenzten Flächen für Windenergieanlagen zukünftig wirtschaftlicher, effizienter und naturverträglicher zu nutzen. Ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung und Erprobung zuverlässiger und wirtschaftlicher Sensorik zur Erfassung der Windparkströmung und des momentanen Nachlaufeinflusses als Voraussetzung für eine praxistaugliche Windparkregelung.
Erprobung im Freifeld
In den drei Jahren des Forschungsvorhabens wollen die Projektpartner die neuen Regelungsverfahren mit modernsten Methoden wie Computer-Simulationen, Modellversuchen im Windkanal sowie Freifeldexperimenten an realen Anlagen überprüfen. Für das Projekt stellt eno energy systems aktuelle Windenergieanlagen mit 3,5 Megawatt (MW) Leistung und 126 Meter Rotordurchmesser im Windpark Kirch Mulsow in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung. Hier werden die neuen Regelungsverfahren implementiert und auf ihre Praxistauglichkeit getestet.
Die TU München wird im Freifeld einen Windfeldbeobachter erproben, der aus den Betriebsdaten der Windenergieanlagen zum einen ableiten kann, welche Strömungsverhältnisse herrschen und zum anderen, ob und wo in der Rotorfläche ein Nachlauf auf eine Anlage trifft. Über eine Rückkopplung zur Anlage stromauf kann dann deren Nachlauf optimal abgelenkt werden. Faseroptische Blattsensoren von fos4X sollen dabei die Materialbelastungen an den Rotorblättern erfassen und so wichtige Daten für die Regelung und Betriebsoptimierung in einer Turbinenphysik-Bibliothek bereitstellen. Laseroptische Lidar-Messgeräte von ForWind sollen über große Abstände die Windverhältnisse und Nachlaufströmungen berührungslos erfassen. Wissenschaftler von ForWind und TUM entwickeln außerdem weitergehende Regelungsansätze durch Simulationen auf Hochleistungsrechenclustern und in Modellversuchen im turbulenten Windkanal in Oldenburg.
Die Projektpartner
Mit circa 800 MW installierten Windenergieprojekten ist eno energy seit 20 Jahren ein etablierter Player der Erneuerbare-Energien-Branche in Europa. Die Wertschöpfungskette erstreckt sich vor allem auf die herstellerunabhängige Entwicklung und den schlüsselfertigen Bau von Windparks, auf Full-Service-O&M-Dienstleistungen, die Herstellung von Windenergieanlagen sowie das langfristige Asset Management, einschließlich technisch-kaufmännischer Betriebsführung, von Erneuerbare-Energien-Projekte. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Anlagen- und Komponentenbau bietet das Unternehmen seinen Kunden nicht nur Produkte, sondern auch Lösungen für individuelle Energieversorgungsstrategien.
Zu den Aufgaben des Lehrstuhls für Windenergie der Technischen Universität München, der im Mai 2013 gegründet wurde, zählt neben der Lehre das Vorantreiben der technologischen Entwicklung im Bereich der Windenergie durch eine wissenschaftlich-theoretische sowie eine anwendungsorientierte Herangehensweise. Die vier Hauptforschungsgebiete des Lehrstuhls sind Simulationsverfahren (BEM und CFD), experimentelle Validierung (mittels Feldmessungen und Windkanalexperimenten), Regelungstechnik sowie kostengetriebenes Anlagendesign.
Das Zentrum für Windenergieforschung (ForWind) bündelt die Windenergieforschung im Nordwesten und verbindet 30 Institute und Arbeitsgruppen der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES bildet ForWind den Forschungsverbund Windenergie (FVWE). Über anwendungsnahe Projekte trägt ForWind die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft.
Die 2010 in München gegründete fos4X GmbH ist spezialisiert auf zuverlässige, faseroptische Mess- und Sensortechnik sowie auf innovative Datenanalyse. Sie entwickelt IIoT- (Industrial Internet of Things) und Edge-Computing-Lösungen und ermöglicht signifikante Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen für die Windindustrie.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli/August von stadt+werk im Schwerpunkt Windenergie erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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