InterviewAlle Münchner ans Netz
Herr Dr. Ochs, der Breitband-Ausbau in Deutschland kommt nur schleppend voran. Jetzt fordern viele Experten, dass sich die Energieversorger stärker darum kümmern müssten. Das überrascht Sie nicht, oder?
Nein, die Diskussion ist auch nicht neu. Viele Stadtwerke betreiben schon lange Glasfasernetze für betriebliche Zwecke. Wir haben beispielsweise bereits 1986 das erste Glasfaserkabel zwischen zwei Netzleitstellen verlegt. Mit dem Thema Fibre to the Building (FTTB), also der Verlegung von Glasfaseranschlüssen bis ans Gebäude, beschäftigen wir uns seit 2008.
Warum sollten aus Ihrer Sicht gerade Stadtwerke beim Breitband-Ausbau aktiv werden?
Zum einen ist das Tiefbau-Know-how vorhanden und es können auch vorhandene Leerrohre benutzt werden, um Glasfaserkabel zu verlegen. Zum anderen sind Versorger mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Wir kennen ja unsere eigenen Kunden und durch die Wasserversorgung wissen wir, wem die Gebäude gehören. Das ist ein wichtiger Punkt in einer Stadt wie München mit vielen Mietshäusern. Nicht zuletzt ist bereits eine Backbone-Infrastruktur vorhanden, die für die flächendeckende Vernetzung genutzt werden kann.
Die Stadtwerke München schaffen mit ihren Tochterunternehmen die Basis für die Digitalisierung der bayerischen Landeshauptstadt. Wie ist der Stand beim Bau des Glasfasernetzes?
Nach dem ersten Pilotprojekt zur Glasfasererschließung von 1.000 Gebäuden haben wir von 2010 bis 2015 im Projekt FTTB-1 rund 32.000 Gebäude mit 360.000 Wohnungen an das Netz angeschlossen. Die Investitionen dafür lagen bei rund 170 Millionen Euro. Inzwischen läuft die zweite Phase. Weitere 35.000 Gebäude mit 230.000 Wohneinheiten sollen bis Ende 2021 am Netz sein. Dann haben 70 Prozent der Münchner Haushalte die Möglichkeit, einen Glasfaseranschluss zu bekommen. Die Kosten dafür belaufen sich auf voraussichtlich 200 Millionen Euro. Jetzt schon in der Planung ist FTTB-3, um 2022 ohne Unterbrechung in den Außenbezirken weitermachen zu können. Ziel ist es, langfristig alle Münchner Haushalte an das Glasfasernetz anzuschließen.
Warum haben sich die Stadtwerke München für die Glasfasertechnologie entschieden?
Die Kabel haben eine hohe Energieeffizienz, sind CO2-neutral und können einfach verlegt werden. Wie haben jetzt 30 Jahre Erfahrung mit Glasfaser. Im Gegensatz zu Kupferkabeln sind sie heute noch so gut wie damals. Außerdem sind damit quasi unbegrenzte Bandbreiten möglich.
„Wir investieren 50 Millionen Euro pro Jahr in das Netz.”
Bald soll auch das Mobilfunknetz schneller werden. Wie bereiten Sie den geplanten 5G-Ausbau vor?
Wir hatten schon vor fünf Jahren die Idee, das Glasfasernetz für den 5G-Ausbau zu nutzen. Bus- und Trambahnstationen haben einen Strom- und Datenanschluss und in die Decke von Wartehäuschen können 5G-Basisstationen installiert werden. Das ist ideal für ein 5G-Netz, die Höhe passt und etwa alle 500 Meter gibt es Haltestellen. Für uns war die Frage, ob wir ein eigenes 5G-Netz betreiben. Nachdem die Bundesnetzagentur entschieden hat, dass Netzbetreibern keine regionalen 5G-Frequenzen zugeteilt werden, bleibt uns nur die Rolle als Towerprovider.
Welche Kommunikationsnetze gehören noch zur Digitalisierungsinfrastruktur in München?
Neben dem Glasfasernetz mit einer Länge von derzeit 9.000 Kilometern betreiben wir noch ein 1.500 Kilometer langes Kupfernetz. Zudem haben wir in München ein öffentliches WLAN-Netz mit 1.500 Access-Punkten und ein flächendeckendes LoRaWAN aufgebaut. Mit einer Flächenabdeckung von 5.000 Quadratmetern sind wir auch der größte Tetrafunk-Netzbetreiber in Deutschland. Nicht zu vergessen: Bis zum Jahr 2021 werden wir alle Münchner Schulen und Kitas an das Glasfasernetz angeschlossen haben.
LoRa-Funknetze gelten als Basis für die Smart City. Was haben Sie in diesem Bereich vor?
Das LoRaWAN kommt zunächst intern zum Einsatz. An vielen Standorten, etwa im Gas- und Wasserbereich, ist kein Stromanschluss vorhanden. Weil das Funknetz sehr energieeffizient ist, können batteriebetriebene Sensoren und Geräte damit vernetzt werden. Derzeit digitalisieren wir alle Trafostationen und versehen sie mit einem fertig konfektionierten LoRa-Sensor, den wir gemeinsam mit einem Ingenieurbüro entwickelt haben. Das Gerät kann in nur zwei Stunden angeschlossen werden. Wir rechnen damit, dass in zwei Jahren alle 5.000 Trafostationen vernetzt sind.
Welche weiteren Anwendungsfälle gibt es?
In einem Forschungsprojekt mit der Universität München testen wir, ob über Geräuschsensoren mit künstlicher Intelligenz Leckagen im Wassernetz festgestellt werden können. Bei unserer Verkehrstochter MVG installieren wir Sensoren in den Sanddepots an den Endhaltestellen der Trambahn, die feststellen, ob genügend Bremssand vorhanden ist. Unser erster externer Kunde ist der Abfallwirtschaftsbetrieb München. Mit Funksensoren werden dessen Altkleidertonnen überwacht. Die Textilien sind ein wertvoller Rohstoff, wenn die Tonne offen ist und es hineinregnet, droht Schimmelbildung. Ist das Projekt erfolgreich, sollen auch die Glascontainer mit Sensoren versehen werden. Die Kollegen sprechen hier vom Internet of Trash. Natürlich gibt es noch andere Bereiche, die interessant werden, etwa Smart-Meter-Anwendungen für die Wohnungswirtschaft oder Sensoren, die freie Parkplätze anzeigen. Wir stehen mit unserer Netzinfrastruktur jedenfalls gut da und lassen uns überraschen, was noch alles kommt.
Wie hoch sind die Investitionen in die Netze und wie sieht es mit dem Return on Investment (ROI) aus?
Wir investieren etwa 50 Millionen Euro pro Jahr in die Telekommunikationsinfrastruktur. Beim Return on Investment kommt es auf die Technologie an. Bei passiven Netzen, also Glasfaser oder Kupfer, rechnen wir mit einem ROI in 20 bis 30 Jahren. Aktive Netze wie LoRaWAN oder Tetra rechnen sich in zehn Jahren. Der Aufbau des flächendeckenden LoRa-Funknetzes hat beispielsweise nur rund 500.000 Euro gekostet.
Dieser Beitrag ist im Juni Sonderheft 2019 von stadt+werk zur Digitalisierung der Energiewirtschaft erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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