Freitag, 22. November 2024

Hallerndorf / Markt ErlbachSolarthermie ergänzt Holzhackschnitzel

[11.03.2019] Die bayerischen Kommunen Hallerndorf und Markt Erlbach sorgen mithilfe von Solarthermie für eine saubere Wärmeversorgung und reduzieren zugleich den Bedarf an Holzhackschnitzeln. In Hallerndorf haben Interessierte zudem per Schaufenster Einblick in die Energiezentrale.
Der auf dem Dach des Hallerndorfer Heizhauses erzeugte Strom deckt einen Großteil des Strombedarfs der Energiezentrale.

Der auf dem Dach des Hallerndorfer Heizhauses erzeugte Strom deckt einen Großteil des Strombedarfs der Energiezentrale.

(Bildquelle: NATURSTROM AG)

Insbesondere in ländlichen Kommunen sind Nahwärmenetze eine nachhaltige und günstige Alternative zum individuellen Heizungsaustausch. Als Wärmelieferant dienen dabei oft Holzhackschnitzel. Dass für eine regenerative Wärmeversorgung auch die Solarthermie eine tragende Rolle spielen kann, zeigt sich am Beispiel von Hallerndorf oder dem Markt Erlbach.
In der Gemeinde Hallerndorf im oberfränkischen Kreis Forchheim fließt seit Ende 2016 erneuerbare Wärme. Aktuell stellt dort das Versorgungsunternehmen Naturstrom den dritten Bauabschnitt eines Nahwärmenetzes fertig. Im Ergebnis wird dieses über 130 private und kommunale Anschlussnehmer regenerativ versorgen. Den Anstoß für die Nahwärmeversorgung lieferte ein Neubaugebiet in Hallerndorf: Die geplanten 29 Einfamilienhäuser wollte die Gemeindeverwaltung mit ökologischer Wärme versorgen. Da war es naheliegend, außerdem das Interesse der Eigentümer von Bestandsimmobilien abzufragen, um das Netz nicht auf das Neubaugebiet zu beschränken. Die Wärmeversorgung ihrer Gebäude stellte die Kommune ebenfalls auf den Prüfstand und hat sich für einen Anschluss an das Nahwärmenetz entschieden. So werden heute das Rathaus, der Bauhof und die Feuerwehr mit ökologischer Nahwärme beliefert.

Kombiniert erzeugen

Die benötigte Wärmemenge von drei Millionen Kilowattstunden (kWh) pro Jahr wird durch eine Kombination verschiedener Technologien erzeugt. In der Energiezentrale arbeiten vier modular geschaltete Biomassekessel mit einer Leistung von je 155 Kilowatt (kW) sowie ein Kessel mit 300 kW. Zum Einsatz kommen fränkische Holzhackschnitzel. Je nach Wärmebedarf werden Kessel hinzugeschaltet. Dadurch wird sichergestellt, dass weder zu viel noch zu wenig Wärme vorhanden ist, und Wärmemengenverluste bleiben gering. Ergänzt werden die Biomassekessel durch die direkt vor der Energiezentrale errichtete Solarthermieanlage. Mit einer Fläche von 1.304 Quadratmetern ist sie in Kombination mit einem Nahwärmenetz derzeit die größte Freiflächenanlage in Bayern. Der solare Deckungsanteil liegt im Jahresmittel bei 25 Prozent des gesamten Warmwasser- und Heizbedarfs, im Sommer kann der Warmwasserbedarf rein solar gedeckt werden. Ein Pufferspeicherturm ermöglicht mit einem Fassungsvermögen von 85 Kubikmetern eine flexible Wärmebereitstellung, die Wärme der Solarthermieanlage kann so zwischengespeichert werden.

Sektorkopplung im Kleinformat

Auf dem Dach des Hallerndorfer Heizhauses installierte Naturstrom zusätzlich eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 26 Kilowatt peak (kWp). Der auf dem Dach erzeugte Strom deckt einen Großteil des Strombedarfs der Energiezentrale. Überschüsse fließen entweder in einen Stromspeicher mit einer Speicherkapazität von zwölf kWh, ins lokale Stromnetz oder in eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge, die seit April 2017 auf dem Vorplatz des Heizhauses frei zugänglich ist. Im Zuge der Baumaßnahmen verlegte Naturstrom zusätzlich zu den Nahwärmeleitungen Leerrohre für den Glasfaserausbau, sodass hier zu einem späteren Zeitpunkt keine weiteren Tiefbaukosten anfallen.
Für die Gemeinde und Naturstrom war wichtig, dass die Heizzentrale und das Solarthermiefeld nicht nur zuverlässig ihre Dienste tun, sondern sich auch möglichst harmonisch in den Ort einfügen. Denn das Heizhaus steht am Fuße des Kreuzbergs, einem beliebten Ausflugsziel. Für die Gestaltung hat sich Naturstrom deswegen etwas Besonderes überlegt: In die Front des holzverkleideten Heizhauses wurde ein Panoramafenster eingebracht. Passanten können so auch ohne offiziellen Besichtigungstermin die moderne Heiztechnik im Inneren der Energiezentrale begutachten. Ein begrünter Vorplatz lädt zudem zum Verweilen ein.

Bayerns größte Anlage

Das gemeinsame Engagement von Naturstrom und der Gemeinde wurde bereits vom Rat für Nachhaltige Entwicklung honoriert. Das von der Bundesregierung eingesetzte Beratergremium zeichnete das Hallerndorfer Nahwärmevorhaben als „Projekt Nachhaltigkeit 2017“ aus. Diesen Preis erhalten Projekte und Gemeinden, die mit vorbildlichem Engagement einen beachtlichen Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030 leisten. Im Oktober 2018 wurde die Gemeinde Hallerndorf zudem von der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) unter anderem aufgrund der örtlichen Nahwärmeversorgung als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet (wir berichteten).
Ähnlich innovativ soll künftig auch in der Gemeinde Markt Erlbach im Kreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim geheizt werden. Das entsprechende Projekt befindet sich mitten im Bau. Da es in der Kommune neben rund 100 privaten auch mehrere größere kommunale und gewerbliche Nahwärmeabnehmer gibt, will Naturstrom zwei Heizzentralen errichten. So werden beispielsweise ein Schulzentrum, ein Hallenbad und die Gemeindehalle künftig mit Nahwärme versorgt. Größter Wärmeabnehmer des Marktes wird ein Honigabfüllbetrieb. Er stellt das Grundstück zur Verfügung, sodass Naturstrom dort die Hauptenergiezentrale errichten kann. Mit einer Nettofläche von rund 2.000 Quadratmetern entsteht hier Bayerns bislang größte in ein Solarthermienetz eingebundene Solarthermieanlage.

Wertstoff Holz schonen

In der Nähe des Markt Erlbacher Schulzentrums wird eine weitere, etwas kleinere Energiezentrale errichtet. Die hier erzeugte Wärme gelangt über das Leitungsnetz an die umliegenden Anschlussnehmer, speziell die kommunalen Großabnehmer. Wie in Hallerndorf lässt Naturstrom auch in Markt Erlbach im Rahmen des Nahwärmeanschlusses Leerrohre für Glasfaser mitverlegen – ohne Zusatzkosten für die Nahwärmekunden.
Die Nahwärmelösungen in Hallerndorf und Mark Erlbach zeigen, dass erneuerbare Wärme im kommunalen Maßstab längst nicht nur aus Holzpellets und -hackschnitzeln erzeugt werden kann. Solarthermie leistet in beiden Projekten einen wichtigen Beitrag – und zwar nicht allein aufgrund der reinen Wärmeerzeugung. Denn solare Wärme ist unabhängig von Brennstoffkosten und somit langfristig preislich stabil. Zudem schont jede Kilowattstunde solarer Wärme den regionalen Wertstoff Holz. In ihrer Gesamtkonzeption setzen die Nahwärmeprojekte in Hallerndorf und Markt Erlbach somit Maßstäbe für eine saubere und zukunftssichere Wärmeversorgung im ländlichen Raum.

Thilo Jungkunz leitet den Geschäftsbereich Dezentrale Energieversorgung bei der NATURSTROM AG.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Photovoltaik | Solarthermie
Das Forschungsprojekt „PV2Float" wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. Foto: Ecotec Deutschland GmbH

RWE: PV schwimmt auf Mortkasee

[18.11.2024] RWE, Fraunhofer ISE und BTU Cottbus-Senftenberg haben das Forschungsprojekt PV2Float vorgestellt. Dabei wurden drei verschiedene Anlagensysteme mit jeweils 30 Kilowatt Leistung getestet. mehr...

Frankfurt am Main: Stadion als Kraftwerk

[13.11.2024] Das Stadion von Eintracht Frankfurt erhält eine neue Photovoltaikanlage, die jährlich mehr als 500.000 Kilowattstunden sauberen Strom liefern wird. Die Kooperation zwischen Mainova, der Stadt Frankfurt und dem Verein soll ein Zeichen für den Klimaschutz setzen. mehr...

Das Bild zeigt enercity-Vorstand Marc Hansmann; Finanzminister Gerald Heere; Justizstaatssekretär Thomas Smollich, auf dem Dach der Justizvollzugsanstalt Sehnde. Im Hintergrund sind PV-Module zu sehen.

Niedersachsen: Energiewende auf den Dächern

[31.10.2024] Mit der Installation einer großflächigen Photovoltaikanlage auf den Dächern der Justizvollzugsanstalt Sehnde setzen das Land Niedersachsen und der Energiedienstleister enercity ihre Kooperation für die Energiewende um. mehr...

Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm: Ausbau der Photovoltaik auf kommunalen Dächern

[30.10.2024] Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) weiten in Zusammenarbeit mit den Städten Ulm und Neu-Ulm den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden deutlich aus. Die ersten Anlagen sollen noch 2024 in Betrieb gehen und so über 250 Haushalte mit sauberem Solarstrom versorgen. mehr...

Auf dem Bid ist eine Solaranlage der Berliner Stadtwerke auf dem Dach der HOWOGE-Wohnanlage in der Ernst-Barlach-Straße zu sehen. Das Foto stammt von Matthias Schult und den Berliner Stadtwerken.

Berlin: Großer PV-Wurf auf Wohnhausdächern

[29.10.2024] HOWOGE und die Berliner Stadtwerke bauen bis zu 50 MW Solarleistung für Berlin. mehr...

München: Neue Solarbörse soll PV-Ausbau erleichtern

[25.10.2024] Mit der neuen Solarbörse hat die Stadt München jetzt eine kostenfreie Onlineplattform gestartet, die sowohl Eigentümerinnen und Eigentümer geeigneter Flächen als auch Dienstleisterinnen und Dienstleister aus der Photovoltaik-Branche zusammenbringt. Ziel ist es, den Ausbau von Solarenergie im Stadtgebiet weiter zu beschleunigen. mehr...

Heidelberg: Bericht zum PV-Ausbau vorgestellt

[24.10.2024] Aus einem jetzt vorgestellten Sachstandsbericht geht hervor, dass die Stadt Heidelberg den Ausbau von Photovoltaikanlagen weiter vorantreibt. Demnach erzeugt die Stadt bereits genug Solarstrom, um fast 18.000 Haushalte zu versorgen. mehr...

Frankfurt am Main: PV-Anlage auf denkmalgeschütztem Gebäude

[23.10.2024] In Frankfurt am Main wurde jetzt eine Photovoltaikanlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude installiert. Die Mieter profitieren von lokal erzeugtem Solarstrom, der direkt vom eigenen Dach geliefert wird. Die Installation erfolgte im Rahmen einer Kooperation zwischen Mainova und ABG Frankfurt Holding. mehr...

Leipzig: Neue Solarcarports an der Messe

[23.10.2024] An der Leipziger Messe werden ab 2025 Solarcarports errichtet, die zur Erhöhung des Grünstromanteils in der Stadt beitragen. Das Pilotprojekt mit 16 Carports soll 352 Parkplätze überspannen und jährlich 915.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. mehr...

LTZ: Forschungsanlage für Agri-Photovoltaik eröffnet

[23.10.2024] Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg bei Karlsruhe hat eine neue Agri-Photovoltaik-Forschungsanlage in Betrieb genommen. Im Rahmen des zweiten Bauabschnitts wurden mehr als 1.400 PV-Module installiert, die künftig einen Großteil des Energiebedarfs des Zentrums decken sollen. mehr...

Bad Schönborn: Schwimmende PV-Anlage eingeweiht

[23.10.2024] In Bad Schönborn wurde jetzt die derzeit größte schwimmende Photovoltaikanlage Deutschlands auf dem Philippsee eingeweiht. Die Anlage mit über 27.000 Solarmodulen und einer Leistung von 15 Megawatt wird Strom für ein angrenzendes Kieswerk erzeugen. mehr...

Die Grafil zeigt die Ergebnisse des SolarChecks von LichtBlick.

SolarCheck: Essen ist neue Solarhauptstadt

[22.10.2024] Erstmals haben vier deutsche Städte die 100-Prozent-Marke beim Ausbau der Photovoltaik überschritten. Spitzenreiter ist Essen mit einem Solarfaktor von fast 138 Prozent, gefolgt von Köln, Hannover und Leipzig. mehr...

Bernhard Wollscheid, Martin Grünen, Dr. Christian Sprenger, Dr. Peter Späth, Thomas Speckter, Philipp Rass und OB Wolfram Leibe bei der offiziellen Inbetriebnahme des Solarparks Biewer-Pfalzel

Photovoltaik: Triers größter Solarpark ist in Betrieb

[21.10.2024] Zwischen den Stadtteilen Biewer und Pfalzel haben die Stadtwerke Trier ihren aktuell größten Solarpark in Betrieb genommen. Auf einer Fläche von 8,6 Hektar decken mehr als 11.500 Solarmodule den Bedarf von rund 1.800 Haushalten. mehr...

Luftansicht eines Solarparks mit Batteriespeicher

ABO Energy: Zuschlag für Hybridprojekt

[18.10.2024] Das Unternehmen ABO Energy hat von der Bundesnetzagentur den Zuschlag für ein Hybridprojekt im baden-württembergischen Großrinderfeld erhalten, das eine Freiflächen-Photovoltaikanlage mit einem Batteriespeicher kombiniert. mehr...

Blick auf die Grundschule Birkstraße in Aachen, ein zweigeschossiges Gebäude aus hellen Backsteinen, grauem Dach und einem eingeschossigen Längsgebäude mit Vordach.

PV-Strategie: Regionale Direktvermarktung in Aachen

[18.10.2024] Aachen installiert nun sukzessive auf allen geeigneten stadteigenen Dächern Photovoltaikanlagen. Damit der hier erzeugte Strom auch komplett in Aachen verbraucht werden kann, wird er über ein innovatives System genau dort hin geleitet, wo er aktuell benötigt wird. mehr...