KielFlexibles Netz für E-Mobilität
Projekt KielFlex: Im Labor der Technischen Fakultät an der CAU wird das gesamte Stromnetz Kiels simuliert.
v.l.: Markus Andresen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Leistungselektronik der CAU; Lehrstuhlleiter Professor Marco Liserre; Giovanni des Carne
(Bildquelle: Denis Schimmelpfennig, Uni Kiel)
Was die Belastung mit Stickoxiden in der Luft betrifft, liegt die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel bundesweit auf dem vierten Platz – nach Stuttgart, München und Reutlingen. Um den Stickoxid-Ausstoß zu verringern, setzt die Stadt unter anderem auf Elektromobilität. So will die Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) bis zum Jahr 2020 36 elektrische Linienbusse in die eigene Flotte integrieren und alte Dieselfahrzeuge in Rente schicken. Perspektivisch sollen alle rund 180 Fahrzeuge der KVG elektrisch fahren. Für die Stadtwerke Kiel sind bereits 15 Elektroautos unterwegs, 50 Prozent seines Fuhrparks will der Energieversorger noch in diesem Jahr auf elektrische Antriebe umstellen.
Für den zielgerichteten und kostengünstigen Ausbau einer entsprechenden Lade-Infrastruktur für E-Fahrzeuge fehlte bisher aber vor allem ein intelligentes und flexibles Stromnetz. Die Antwort auf diese Herausforderung will die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit dem Projekt KielFlex liefern. Ziel des vom Lehrstuhl für Leistungselektronik koordinierten Projekts ist es, Kiel bis Ende 2020 fit zu machen für die elektrische Zukunft – mit weltweitem Vorbildcharakter. Wie die Universität Kiel meldet, verwandelt dafür ein Konsortium bestehend aus Universität, Landeshauptstadt, Stadtwerken und KVG, der ABB AG Mannheim sowie dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg die ganze Stadt in ein Labor.
Neue Lasten intelligent integrieren
42 öffentliche Ladepunkte für Elektro-Pkw gibt es derzeit in Kiel, die Stadtwerke planen bis zu 200 weitere. Aufgabe des auf zwei Jahre angesetzten KielFlex-Projekts ist es, diese an strategisch günstigen Orten in der Stadt zu positionieren. Darüber hinaus befasst sich KielFlex mit den Auswirkungen von immer mehr Elektroautos und eines elektrifizierten städtischen ÖPNV auf die kommunale Stromversorgung. „Wir wollen das Kieler Stromnetz noch flexibler steuern und darüber Wege finden, die neuen Lasten intelligent in die bestehenden Netze zu integrieren“, erläutert Henning Schröer, Abteilungsleiter Asset Management bei der Netzgesellschaft der Stadtwerke Kiel. „ABB unterstützt das Forschungs- und Pilotprojekt mit seiner langjährigen Erfahrung in den Bereichen Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge und intelligentes Last-Management sowie sein Optimierungstool OPTIMAX“, sagt Markus John, Geschäftsbereichsleiter Power Generation und Water Deutschland. „Mit dem smarten Last-Management können Leistungsspitzen im Netz vorausschauend vermieden und zusätzliche Investitionen zur Erweiterung der Infrastruktur minimiert werden.“ Professor Przemyslaw Komarnicki vom Fraunhofer-Institut IFF ergänzt: „In diesem ambitionierten Projekt ist es wichtig, dass für die Steuerung des Energieflusses zwischen Stromnetz und Elektrofahrzeugen ein einheitliches Informationssystem zur Verfügung steht, damit alle Elemente reibungslos funktionieren und miteinander kommunizieren können. Zudem sollen intelligente Energiespeicher für die Stabilität des geplanten Versorgungsnetzes für die E-Fahrzeuge sorgen. Auf diesen Gebieten möchten wir unsere langjährigen Erfahrungen einbringen.“
Feldversuch 2020
Ab dem Jahr 2020 soll das System KielFlex laut der Universität in einem Quartier im Stadtzentrum erprobt werden. Zuvor werde die flexible Stromnetz-Lösung im Labor an der Technischen Fakultät der CAU simuliert. Um das Potenzial der Spannungssteuerung auszuloten, werde auf dem Campus zudem eine Ladestation für Elektroautos installiert.
Für das Projekt KielFlex stehen 6,5 Millionen Euro zur Verfügung, mehr als die Hälfte dieser Summe, nämlich rund 3,7 Millionen Euro, haben die Projektpartner aus dem „Sofortprogramm Saubere Luft 2017 bis 2020“ vom Bundesenergieministerium eingeworben. „In Kiel haben wir in den vergangenen Jahren die Kompetenzen und Netzwerke aufgebaut, um die Forschung an und den Transfer von Energielösungen entscheidend voranzutreiben“, freut sich Professor Marco Liserre, Leiter des Lehrstuhls für Leistungselektronik an der CAU. Das nun gestartete Vorhaben soll Kiel zum Vorbild einer globalen Lösung für die Aufgaben der Energiewende machen. „Von Kiel werden wichtige Impulse ausgehen. Denn die Landeshauptstadt kann als Modellfall für eine intelligente Steuerung des Stromnetzes praktische Hinweise liefern, die eine Übertragbarkeit auf andere Kommunen gewährleisten“, ist Oberbürgermeister Ulf Kämpfer überzeugt.
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