Donnerstag, 21. November 2024

HybridspeicherKombiniertes Konzept spart Kosten

[05.12.2018] Ein Hybridkraftwerk im hohen Norden verbindet Batteriespeicher und Power to Heat und liefert so Primärregelleistung. Vorteile des neuen Konzepts: Es benötigt eine deutlich geringere Batteriekapazität, wodurch sich die Investitionskosten merklich verringern.
Im Bremer Heizkraftwerk Hastedt kommt ein neues Hybridsystem zum Einsatz.

Im Bremer Heizkraftwerk Hastedt kommt ein neues Hybridsystem zum Einsatz.

(Bildquelle: swb)

Mit Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energie im Stromnetz wird die Bereitstellung von Primärregelleistung (PRL) immer wichtiger, um die Netzfrequenz im Toleranzbereich zu halten. Beim Einsatz von Batteriesystemen führen die neuen Regeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) jedoch zu einer signifikanten Erhöhung der Kosten. Die Wirtschaftlichkeit eines singulären Batteriesystems für Primärregelleistung wird hierdurch grundsätzlich infrage gestellt. Die Kombination eines hybriden Batterie-Energiespeichersystems (BESS) mit einer Power-to-Heat-Anlage (PtH-Anlage) reduziert die Investitionskosten hingegen deutlich.
Das neue Verfahren ist für alle Anlagen mit Wärmeanwendungen und Wärmesenken geeignet. Ein installierter thermischer Energiespeicher, der bereits für andere Anwendungen im Einsatz ist, bietet negative Energie, die normalerweise nur in der zweiten Stufe des Reservemarkts genutzt werden darf. Durch die Kombination des Batterie-Energiespeichersystems mit der PtH-Anlage addieren sich die Kapazitäten des thermischen Speichers zu denen des Batteriesystems. Die Batteriekapazität kann so deutlich kleiner ausgelegt werden. Dadurch reduzieren sich die Investitionskosten um circa 30 bis 40 Prozent.

Große Kapazität zu günstigen Preisen

Die Bereitstellung der Regelleistung erfolgt normalerweise aus konventionellen Flexibilitäten, singulären Batteriespeichern oder Batteriespeichern im Pool mit konventionellen technischen Einrichtungen. Neuere Konzepte stellen Regelenergie aus Batteriespeichern und PtH in jeweils separaten Anlagenteilen oder – wie beim Unternehmen AEG Power Solutions (AEG PS) – aus einer gemeinsamen technischen Anlage zur Verfügung.
Ein großer Kostenfaktor bei der Bereitstellung von Primärregelleistung ist der Batteriespeicher. Dabei ist es möglich, einen Teil der erforderlichen Kapazität aus einer anderen Quelle mit signifikant geringeren Kosten zu beziehen. Bei einer derartigen Hybridanlage, bestehend aus mehreren PRL-Quellen, die gemeinsam an einem Netzverknüpfungspunkt angeschlossen sind und als eine Einheit gesteuert werden, eignen sich insbesondere Wärmesysteme als Alternativen. Deren Auslegung ist einfach und sie bieten eine große Kapazität zu günstigen Preisen. Aufgrund ihrer thermisch trägen Speichercharakteristik sind sie außerdem tolerant gegenüber kurzzeitigen Schwankungen der zugeführten Leistung.

Kürzere Amortisationszeit

Aktuelle Marktpreise für Batterien variieren zwischen rund 500 und 1.400 Euro pro Kilowattstunde (kWh). Mit dem kombinierten BESS- und PtH-Konzept wird eine deutlich geringere Batteriekapazität benötigt, wodurch sich die Investitionskosten verringern und somit die Amortisationszeiten verkürzen. Bei einem Batteriepreis von beispielsweise 600 Euro verringert sich die Amortisationszeit von 8,4 Jahren (ohne PtH) auf fünf Jahre, also um 40 Prozent, wenn zusätzlich ein thermischer PtH-Speicher genutzt wird.
Das hybride Speichersystem reduziert somit die Kosten für die Primärregelleistungserbringung erheblich. Zum einen ist die benötigte Batteriekapazität im Vergleich zu einem herkömmlichen, reinen Batteriesystem wesentlich geringer (circa 50 Prozent) und die zweite Speicherquelle (Thermie) deutlich günstiger. Zum anderen werden die Leistungselektronik und alle Komponenten für den Netzanschluss, zum Beispiel Transformatoren, bei der Anbindung beider Speichersysteme doppelt genutzt, was ebenfalls dazu beiträgt, die Hardware-Kosten der Installation zu reduzieren. Das verbessert die Amortisationszeit für den Anlagenbetreiber und trägt gleichzeitig zur Senkung der Netzentgelte bei.

Kombiniertes Batterie- und Power-to-Heat-Systems

Als langjähriger Lieferant von Batterie- und Stromumwandlungstechnik bietet das Unternehmen AEG PS umfassende Lösungen mit Batteriespeicher-Containern, Zentralumrichtern und Management-Einheiten für Batteriespeicher. Hinzu kommen Planung und Projekt-Management, Wartung und Batterieservice. Aus dieser langjährigen Erfahrung entstand das Konzept eines kombinierten Batterie- und Power-to-Heat-Systems. Mittelspannungstransformator und -schaltanlage können dabei für beide Teilanlagen genutzt werden. Die Anlage kann auch für positive und/oder negative Sekundärregelleistung qualifiziert und genutzt werden, was ein zusätzliches Erlöspotenzial bedeutet. Außerdem kann sie dazu beitragen, Netzausfälle zu überbrücken.
Geeignete Anwender der Hybridtechnik sind Betreiber von Fern- und Nahwärmesystemen mit und ohne thermischem (Groß-)Speicher – unter anderem kommunale Energieversorger –, Industrieunternehmen mit thermischen Prozessen (eigenes Dampfkraftwerk) und Energieversorger (Pooling mit konventionellen Erzeugungskapazitäten).

Einsatz bei der swb

Die swb Erzeugung, ein Bremer Energieversorgungsunternehmen, hat sich für das neue und innovative Konzept entschieden, Batteriespeicher und Power to Heat für die Primärregelleistung zu kombinieren. Dieser Service wird Netzbetreibern zur Stabilisierung des Stromnetzes angeboten und zunehmend benötigt, je mehr erneuerbare Energien wie Wind und Sonne integriert werden. Intelligente und kosteneffiziente Ansätze wie in Bremen sind daher gefragt. Die Anlage verfügt über eine installierte Leistung von 20 Megawatt (MW), die es erlaubt, 15 MW an Primärregelleistung zu liefern. Bei diesem Hybridsystem wird die Energie sowohl in einem Batteriesystem gespeichert als auch in einem elektrischen Wärmespeicher. Beide Systeme sind mit einem Stromumrichter verbunden und werden als Einheit gesteuert. Damit werden der erforderliche bidirektionale Stromfluss – zum oder vom Netz – gewährleistet, die Frequenz konstant gehalten und letztlich die Stabilisierung des Netzes ermöglicht.
AEG PS liefert an swb 24 Speicherumrichter, die in ISO-Metallcontainern zusammen mit der Hybridspeicheroption (Leistungselektronik und Umschalteinrichtung) untergebracht sind. Des Weiteren gehören Niederspannungsverteilerschränke und die Hilfsstromversorgung sowie Mittelspannungstransformatoren und Durchlauferhitzer, die jeweils in separaten Gehäusen untergebracht sind, zum Lieferumfang. Alle benötigten Komponenten befinden sich bereits am Einsatzort. Die Anlage wird seit Mai 2018 in Bremen installiert. Die Inbetriebnahme bei swb soll im Herbst erfolgen. Komplett laufen soll die Anlage dann bis Ende des Jahres mit anschließender Endabnahme.

Georg Hillmann ist Fachjournalist in Berlin.




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