Donnerstag, 21. November 2024

Stadtwerke AugsburgInnovatives Smart-Energy-Konzept

[06.08.2018] Die Stadtwerke Augsburg installieren im Rahmen eines Pilotprojekts eine Power-to-Gas-Anlage in einem Wohnkomplex. Überschüssiger Strom wird in synthetisches Erdgas umgewandelt und kann vor Ort in einem Blockheizkraftwerk und Brennwertthermen Strom und Wärme erzeugen.
Mit neuer Technik werden 70 Wohnungen in der sanierten Wohnanlage in Augsburg hocheffizient und umweltfreundlich mit Strom und Wärme versorgt.

Mit neuer Technik werden 70 Wohnungen in der sanierten Wohnanlage in Augsburg hocheffizient und umweltfreundlich mit Strom und Wärme versorgt.

(Bildquelle: Thomas Hosemann)

Gemeinsam mit der Wohnbaugruppe Augsburg setzen die Stadtwerke Augsburg ein Pilotprojekt um, bei dem überschüssiger Strom in Erdgas umgewandelt und gespeichert wird. Der Energieversorger baut dazu eine dezentrale Power-to-Gas-Anlage (P2G-Anlage) in eine seit 1974 bestehende Wohnanlage ein. Das Gebäude wurde von der kommunalen Wohnbaugruppe umfassend saniert – bis auf die Erzeugungsanlage. Der sanierungsbedürftige Ölkessel zur Wärme- und Warmwasserbereitung wird durch die P2G-Anlage ersetzt. Diese ermöglicht es, einen Großteil des Energiebedarfs des Gebäudes im Haus zu erzeugen und in Form von Erdgas zu speichern.
Das Konzept besteht aus einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 150 Kilowatt Peak (kwp), zwei Brennwert-Wärmeerzeugern, einem Blockheizkraftwerk, einer Wärmepumpe, Batteriespeichern sowie Speichern für Kohlendioxid (CO2), Erdgas und Sauerstoff. Der Vorteil gegenüber zentralen P2G-Anlagen liegt darin, dass die Abwärme, die bei der Erzeugung von synthetischem Erdgas entsteht, in den Wärmekreislauf eingespeist wird. Initiiert wurde das Pilotprojekt von der Projektentwicklungsgesellschaft energy forever. Gestartet ist es im Frühjahr dieses Jahres, noch im Sommer soll es in Betrieb genommen werden. Nach Auswertung des Projekts können eventuell weitere Gebäude mit der neuen Technik ausgestattet werden.

Strom als Erdgas gespeichert

Noch dazu kann damit eine Herausforderung der Energiewende gemeistert werden: Überschüssiger, regenerativ erzeugter Strom wird in synthetisches Erdgas umgewandelt und kann direkt vor Ort gespeichert werden. Die Verbrennung findet in einem Blockheizkraftwerk und in Brennwertthermen statt, die in den Keller des Wohnblocks eingebaut sind.
„Die innovative Smart-Energy-Technologie (SET) der Firma Exytron reduziert den Ausstoß von CO2, Stickstoffoxid und Feinstaub um bis zu 100 Prozent. Sie ist daher ein enormer Gewinn für den Klimaschutz“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Alfred Müllner. Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl freut sich, dass das Projekt als Kooperation zweier städtischer Unternehmen umgesetzt wird.
Auf dem Dach eines zunächst nach KfW 100 sanierten Wohnblocks mit knapp 5.400 Quadratmetern Wohnfläche wurde eine Photovoltaikanlage installiert. Diese soll bevorzugt den natürlich erzeugten Strom für die Mieter zur Verfügung stellen. Was übrig bleibt, wird genutzt, um in einer Elektrolyseanlage Wasserstoff zu erzeugen. Dieser wird dann mit Kohlendioxid in synthetisches, regeneratives Erdgas umgewandelt und kann problemlos gespeichert werden. Mit dem so gewonnenen Erdgas lässt sich bei Bedarf mit einem Blockheizkraftwerk und Brennwertthermen Wärme und Strom für die Mieter erzeugen.

Nutzungsgrad von rund 87 Prozent

Bei dem System handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf. Die Abwärme aus der Elektrolyse und Methanisierung wird ebenfalls als Wärme für das Haus genutzt. Das frei werdende CO2 aus der Verbrennung im Blockheizkraftwerk und den Brennwertthermen wird in einem Speicher gesammelt und für die Produktion von synthetischem Erdgas aus dem in der Elektrolyse gewonnenen Wasserstoff eingesetzt. Zudem entstehen bei der Verbrennung von regenerativem Erdgas kein Stickoxid und kein Feinstaub. Das Besondere ist, dass sich sowohl der Strom aus der Photovoltaikanlage, als auch der überschüssige Strom aus dem Stromnetz mit der Power-to-Gas-Anlage kurzfristig und saisonal speichern lassen. Und da jegliche Wärme, die bei dem Prozess erzeugt wird, im Gebäude genutzt werden kann, ergibt sich ein Nutzungsgrad von rund 87 Prozent.
Die Stadtwerke betreiben die Anlage über einen Contracting-Vertrag mit der Wohnbaugruppe. Darin ist festgehalten, dass die Mieter keine Kosten aus der Anlage zu tragen haben. Hierzu wurde eine Kostenneutralitätsberechnung für die Wohnbaugruppe erstellt, bei der die Kilowattstundenkosten der Altanlage denen der Neuanlage gegenübergestellt wurden. Durch die Generalsanierung und die neue effiziente Wärmeerzeugung reduziert sich die Wärmemenge um mehr als die Hälfte. Somit werden sich auch die jährlichen Wärmekosten der Wohnanlage halbieren. Bei der Umstellung von klassischer Öllieferung auf Wärmelieferung durch die Stadtwerke wird bei der Kostenneutralität nicht berücksichtigt, dass der Verbrauch durch die effizientere Anlage und den Anlagenbetrieb sinken wird. Lediglich die Mieterhöhung nach der Sanierung wird an die Mieter weitergegeben.

Klimaschutzstandard bereits heute umsetzbar

Entwickelt hat den Wirkungskreislauf das Rostocker Unternehmen Exytron. Der CO2-Fußabdruck des alten, sanierten Gebäudeblocks lässt sich auf das vergleichbare Niveau eines im Bereich der Bestandsbauten bisher noch nicht erreichten Passivhaus-Plus-Standards absenken. Somit kann ein Klimaschutzstandard, der erst für das Jahr 2050 vorgesehen ist, bereits heute für ältere Bestandsbauten umgesetzt werden. Insbesondere bei Altbauten war es bisher ein Problem, die Klimaschutzvorgaben einzuhalten. Power to Gas kann eine Lösung sein.
„Das absolute Highlight für mich ist, dass sich die Anlage ohne großen Aufwand in bestehende Gebäude einbauen lässt“, sagt Mark Dominik Hoppe, Geschäftsführer der Wohnbaugruppe Augsburg. Wenn der Selbstversorgerzyklus unterbrochen sein sollte, sorgen Strom und Gasanschluss dafür, dass trotzdem Energie und Wärme verfügbar sind. „Das attraktivste für unsere Mieter ist aber, dass trotz umweltfreundlicher Versorgung der Energiepreis stabil bleibt“, so Hoppe.

Karl-Heinz Viets

Viets, Karl-HeinzKarl-Heinz Viets hat eine Ausbildung zum Industriekaufmann sowie ein Studium der Betriebswirtschaft an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Schwaben absolviert. Von 2005 bis 2009 war er Leiter Wohnungswirtschaft und Kommunen bei der Stadtwerke Augsburg Energie GmbH, seit dem Jahr 2009 ist er dort Leiter Energiedienstleistungen.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Energieeffizienz
Das Bild zeigt zwei Personen bei einer Besprechung vor einem Bildschirm.

Baden-Württemberg: Kommunen verfehlen Klimaziele bei Gebäuden

[19.11.2024] Nur wenige öffentliche Gebäude in Baden-Württemberg erreichen die Zielwerte für den Wärme- und Stromverbrauch. Das zeigt eine Auswertung der Landesenergieagentur KEA. mehr...

Nachtansicht einer Straße in Freiburg.

Freiburg: Stadt tauscht 3.500 Leuchten aus

[10.10.2024] Die Stadt Freiburg modernisiert ihre Straßenbeleuchtung. Ab dem 14. Oktober werden 3.500 Leuchten auf umweltfreundliche LED-Technik umgerüstet. Damit spart die Kommune 73 Prozent Strom und reduziert den CO₂-Ausstoß erheblich. mehr...

Die dena hat den Finanzierungsbedarf für die energetische Sanierung aller öffentlichen Gebäude errechnet.

dena-Studie: Milliarden für klimaneutrale Sanierung

[11.09.2024] Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat in einer neuen Studie den Finanzierungsbedarf für die energetische Sanierung aller öffentlichen Gebäude in Deutschland auf ein klimaneutrales Niveau bis 2045 berechnet. Demnach werden jährlich rund sechs Milliarden Euro benötigt. mehr...

Rheinland-Pfalz: Eifelpipeline in Betrieb

[05.09.2024] Mit der offiziellen Inbetriebnahme des Regionalen Verbundnetzes Westeifel, auch bekannt als Eifelpipeline, wurde jetzt ein bundesweit einzigartiges Infrastrukturprojekt gestartet. Das Vorhaben integriert Trinkwasser- und Energieversorgung sowie Digitalisierung in einem System. mehr...

Effiziente Gebäude: Konferenz zum nachhaltigen Bauen

[03.09.2024] ZEBAU veranstaltet am 16. September 2024 die Fachkonferenz Effiziente Gebäude 2024 in Hamburg. Im Fokus stehen nachhaltige und energieeffiziente Baukonzepte, die zur Erreichung der Klimaziele beitragen sollen. mehr...

Radwegleuchten mit integriertem Solarpanel.

WE-EF Leuchten: Neue Solarleuchten vorgestellt

[09.08.2024] Mit der Erweiterung der AFL100-Serie um zwei innovative Solarlösungen bietet WE-EF Leuchten moderne und umweltfreundliche Beleuchtungslösungen für Städte und Gemeinden. Die neuen Modelle punkten mit Nachhaltigkeit, hoher Lichtqualität und einfacher Installation. mehr...

Rathaus von Gummersbach: Städtische Gebäude sollen energieeffizienter werden.

Gummersbach: Energie und Kosten sparen

[08.08.2024] Die Stadt Gummersbach will mit Unterstützung von Engie Deutschland den Energieverbrauch städtischer Gebäude senken und so rund 800.000 Euro einsparen. Das Energiespar-Contracting startet im Sommer 2025 und läuft über zehn Jahre. mehr...

Klimaschutzministerin Katrin Eder (r.) überreicht Bürgermeisterin Annette Wick den Förderbescheid.

Rheinland-Pfalz: Förderung für energetische Sanierung

[01.08.2024] Die Stadt Diez erhält rund 2,2 Millionen Euro Fördermittel für die umfassende energetische Sanierung einer Sporthalle. Die rheinland-pfälzische Klimaschutz- und Energieministerin Katrin Eder hat jetzt den Förderbescheid übergeben. mehr...

Die Solaroffensive beginnt auf dem Dach des Landratsamts Bayreuth.

Bayreuth: Partnerschaft von Stadt und Umland

[31.07.2024] Die Agentur für Erneuerbare Energien zeichnet im Juli die Region Bayreuth als Energie-Kommune des Monats aus. mehr...

bericht

Klimafreundliches Bauen: Abschied von Energiedinosauriern

[24.07.2024] Die Zahl der Plusenergiehäuser ist noch relativ gering. Die meisten Gebäude sind Energiefresser. Die kommunale Wärmeplanung kann hier für Klarheit sorgen. Wichtig ist auch, Immobilien als Teil eines Netzwerks aus Gebäuden, Straßen und grünen Energiequellen zu sehen. mehr...

Das Unternehmen energielenker präsentiert mit Enbas einen selbstlernenden Energiemanager.

energielenker: Smarter Energiemanager

[11.07.2024] Das Unternehmen energielenker präsentiert mit Enbas einen selbstlernenden Energiemanager, der die Energieströme in Gebäuden optimal steuert. Dank integrierter KI-Algorithmen analysiert Enbas das Nutzungsverhalten und die Stromerzeugung. mehr...

Oberbürgermeister Belit Onay

enercity: Biomethan-BHKW für Kohleausstieg

[19.06.2024] enercity nimmt ein Biomethan-Heizkraftwerk in Betrieb. Damit rückt der Kohleausstieg in Hannover näher. Die hochflexible Anlage für Spitzenlast produziert erneuerbare Wärme und erneuerbaren Strom. mehr...

In Trier rüsten die Stadtwerke die Straßenbeleuchtung sukzessive auf LED um und erwirken damit mehr Energieeffizienz und Umweltschutz.

Trier: Einheitliche LEDs senken CO2-Ausstoß

[14.06.2024] Seit dem Jahr 2016 stellen die Stadtwerke in Trier die Straßenbeleuchtung auf LED um. Über 78 Prozent der vormals unterschiedlichsten Leuchtentypen sind mittlerweile umgerüstet, der Stromverbrauch hat sich dadurch mehr als halbiert. mehr...

Frank Junker

Mainova: Marktstart für smartes Monitoring

[11.06.2024] Mainova AG und der ABG Frankfurt wollen mit Heatral für effiziente Heizanlagen sorgen. mehr...

Die Stadt Brühl nutzt die Energie-Managementsoftware von ITC.

ITC AG: Brühl nutzt Energie-Management

[30.05.2024] Bereits seit dem Jahr 2021 nutzt die Stadt Brühl die Energie-Managementsoftware von ITC. Mittlerweile hat die Stadt rund 500 Hauptzähler und deren Untermessungen in das Energie-Management eingebunden. mehr...