Stadtwerke AugsburgInnovatives Smart-Energy-Konzept
Gemeinsam mit der Wohnbaugruppe Augsburg setzen die Stadtwerke Augsburg ein Pilotprojekt um, bei dem überschüssiger Strom in Erdgas umgewandelt und gespeichert wird. Der Energieversorger baut dazu eine dezentrale Power-to-Gas-Anlage (P2G-Anlage) in eine seit 1974 bestehende Wohnanlage ein. Das Gebäude wurde von der kommunalen Wohnbaugruppe umfassend saniert – bis auf die Erzeugungsanlage. Der sanierungsbedürftige Ölkessel zur Wärme- und Warmwasserbereitung wird durch die P2G-Anlage ersetzt. Diese ermöglicht es, einen Großteil des Energiebedarfs des Gebäudes im Haus zu erzeugen und in Form von Erdgas zu speichern.
Das Konzept besteht aus einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 150 Kilowatt Peak (kwp), zwei Brennwert-Wärmeerzeugern, einem Blockheizkraftwerk, einer Wärmepumpe, Batteriespeichern sowie Speichern für Kohlendioxid (CO2), Erdgas und Sauerstoff. Der Vorteil gegenüber zentralen P2G-Anlagen liegt darin, dass die Abwärme, die bei der Erzeugung von synthetischem Erdgas entsteht, in den Wärmekreislauf eingespeist wird. Initiiert wurde das Pilotprojekt von der Projektentwicklungsgesellschaft energy forever. Gestartet ist es im Frühjahr dieses Jahres, noch im Sommer soll es in Betrieb genommen werden. Nach Auswertung des Projekts können eventuell weitere Gebäude mit der neuen Technik ausgestattet werden.
Strom als Erdgas gespeichert
Noch dazu kann damit eine Herausforderung der Energiewende gemeistert werden: Überschüssiger, regenerativ erzeugter Strom wird in synthetisches Erdgas umgewandelt und kann direkt vor Ort gespeichert werden. Die Verbrennung findet in einem Blockheizkraftwerk und in Brennwertthermen statt, die in den Keller des Wohnblocks eingebaut sind.
„Die innovative Smart-Energy-Technologie (SET) der Firma Exytron reduziert den Ausstoß von CO2, Stickstoffoxid und Feinstaub um bis zu 100 Prozent. Sie ist daher ein enormer Gewinn für den Klimaschutz“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Alfred Müllner. Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl freut sich, dass das Projekt als Kooperation zweier städtischer Unternehmen umgesetzt wird.
Auf dem Dach eines zunächst nach KfW 100 sanierten Wohnblocks mit knapp 5.400 Quadratmetern Wohnfläche wurde eine Photovoltaikanlage installiert. Diese soll bevorzugt den natürlich erzeugten Strom für die Mieter zur Verfügung stellen. Was übrig bleibt, wird genutzt, um in einer Elektrolyseanlage Wasserstoff zu erzeugen. Dieser wird dann mit Kohlendioxid in synthetisches, regeneratives Erdgas umgewandelt und kann problemlos gespeichert werden. Mit dem so gewonnenen Erdgas lässt sich bei Bedarf mit einem Blockheizkraftwerk und Brennwertthermen Wärme und Strom für die Mieter erzeugen.
Nutzungsgrad von rund 87 Prozent
Bei dem System handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf. Die Abwärme aus der Elektrolyse und Methanisierung wird ebenfalls als Wärme für das Haus genutzt. Das frei werdende CO2 aus der Verbrennung im Blockheizkraftwerk und den Brennwertthermen wird in einem Speicher gesammelt und für die Produktion von synthetischem Erdgas aus dem in der Elektrolyse gewonnenen Wasserstoff eingesetzt. Zudem entstehen bei der Verbrennung von regenerativem Erdgas kein Stickoxid und kein Feinstaub. Das Besondere ist, dass sich sowohl der Strom aus der Photovoltaikanlage, als auch der überschüssige Strom aus dem Stromnetz mit der Power-to-Gas-Anlage kurzfristig und saisonal speichern lassen. Und da jegliche Wärme, die bei dem Prozess erzeugt wird, im Gebäude genutzt werden kann, ergibt sich ein Nutzungsgrad von rund 87 Prozent.
Die Stadtwerke betreiben die Anlage über einen Contracting-Vertrag mit der Wohnbaugruppe. Darin ist festgehalten, dass die Mieter keine Kosten aus der Anlage zu tragen haben. Hierzu wurde eine Kostenneutralitätsberechnung für die Wohnbaugruppe erstellt, bei der die Kilowattstundenkosten der Altanlage denen der Neuanlage gegenübergestellt wurden. Durch die Generalsanierung und die neue effiziente Wärmeerzeugung reduziert sich die Wärmemenge um mehr als die Hälfte. Somit werden sich auch die jährlichen Wärmekosten der Wohnanlage halbieren. Bei der Umstellung von klassischer Öllieferung auf Wärmelieferung durch die Stadtwerke wird bei der Kostenneutralität nicht berücksichtigt, dass der Verbrauch durch die effizientere Anlage und den Anlagenbetrieb sinken wird. Lediglich die Mieterhöhung nach der Sanierung wird an die Mieter weitergegeben.
Klimaschutzstandard bereits heute umsetzbar
Entwickelt hat den Wirkungskreislauf das Rostocker Unternehmen Exytron. Der CO2-Fußabdruck des alten, sanierten Gebäudeblocks lässt sich auf das vergleichbare Niveau eines im Bereich der Bestandsbauten bisher noch nicht erreichten Passivhaus-Plus-Standards absenken. Somit kann ein Klimaschutzstandard, der erst für das Jahr 2050 vorgesehen ist, bereits heute für ältere Bestandsbauten umgesetzt werden. Insbesondere bei Altbauten war es bisher ein Problem, die Klimaschutzvorgaben einzuhalten. Power to Gas kann eine Lösung sein.
„Das absolute Highlight für mich ist, dass sich die Anlage ohne großen Aufwand in bestehende Gebäude einbauen lässt“, sagt Mark Dominik Hoppe, Geschäftsführer der Wohnbaugruppe Augsburg. Wenn der Selbstversorgerzyklus unterbrochen sein sollte, sorgen Strom und Gasanschluss dafür, dass trotzdem Energie und Wärme verfügbar sind. „Das attraktivste für unsere Mieter ist aber, dass trotz umweltfreundlicher Versorgung der Energiepreis stabil bleibt“, so Hoppe.
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