Freitag, 22. November 2024

Steuerlicher QuerverbundDer Nutzen aus dem Defizit

[05.04.2017] Viele Städte und Gemeinden profitieren vom steuerlichen Querverbund, etwa durch den Betrieb von Blockheizkraftwerken in defizitären Bädern. Seit Januar gelten dafür neue Regeln, die für mehr Rechtssicherheit sorgen sollen.
Schwimmbäder sind oft defizitär und deshalb für einen Querverbund besonders geeignet.

Schwimmbäder sind oft defizitär und deshalb für einen Querverbund besonders geeignet.

(Bildquelle: Stadtwerke Osnabrück)

Vor dem Hintergrund der angespannten Lage kommunaler Kassen kommt dem steuerlichen Querverbund eine besondere Rolle zu, da dieser relativ einfach zu erschließende Kostensenkungspotenziale bietet. Dabei erfolgt die steuerlich wirksame Zusammenfassung von defizitären und gewinnbringenden Tätigkeiten verschiedener kommunaler Gesellschaften, sodass sich die Steuerlast insgesamt reduzieren lässt.
Laut dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) ist die Zusammenfassung zu einem steuerlichen Querverbund dann möglich, wenn zwischen den Gesellschaften eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Nach wie vor stellen Blockheizkraftwerke (BHKW) in der Praxis die Möglichkeit dar, den Querverbund zu erreichen, wobei beim BHKW-Betrieb zahlreiche Bedingungen einzuhalten sind und eine individuelle Beurteilung und Gestaltung des einzelnen Falls erfolgen muss.
Schwimmbäder eignen sich aufgrund ihres hohen und gleichmäßigen Wärme- und Strombedarfs sehr gut für die Errichtung eines BHKWs, dessen Wirtschaftlichkeit in hohem Maße von einer guten Auslastung abhängig ist. Darüber hinaus ist der Betrieb von Schwimmbädern oftmals defizitär und deshalb für einen Querverbund besonders geeignet. Denkbar sind aber auch weitere Einsatzbereiche mit entsprechenden Defiziten bei gleichzeitig hohem Wärmebedarf, etwa Sportstätten.

Regeln neu gefasst

Mit einem Schreiben vom Mai 2016 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Eckpunkte für die Anerkennung des steuerlichen Querverbunds neu gefasst und bekannt gegeben – diese gelten seit Januar 2017 bundeseinheitlich. Die Anerkennung ist gemäß BMF-Schreiben an die Einhaltung verschiedener Bedingungen geknüpft, mit denen das Tatbestandsmerkmal der gegenseitigen Gewichtigkeit nachzuweisen ist. Dabei sind ausnahmslos alle Bedingungen einzuhalten. Es gelten folgende Regelungen (hier am Beispiel eines Bades):
• Es muss eine hinreichende technisch-wirtschaftliche Verflechtung der beiden Einrichtungen gegeben sein. Das BHKW muss der Abdeckung des thermischen Grundlastbedarfs des Bades dienen. Das BHKW soll mindestens 25 Prozent des Wärmebedarfs des Bades beisteuern.
• Ein weiterer Maßstab für die hinreichende technisch-wirtschaftliche Verflechtung ist außerdem die vom BHKW abgegebene Wärmemenge. Die Zusammenfassung setzt voraus, dass das BHKW mehr als 50 Prozent seiner Wärmemenge im Jahr an das Bad abgibt. Das BHKW muss einen bedeutenden Teil des Wärmebedarfs des Hallenbades decken.
• Das BHKW muss eine installierte Leistung von mindestens 50 Kilowatt elektrisch (kWel) aufweisen.
• Die Wärmeversorgung des Bades durch ein BHKW muss wirtschaftlich sein.
• Das BHKW muss dem BgA-Bad (Betrieb gewerblicher Art) dienen. Dies ist nicht der Fall, wenn neben der Wärmeabgabe des BHKW an den Bad-BgA eine Wärmeabgabe an Dritte – etwa an Wohngebäude im Umfeld des Bades – vorgenommen wird und das BHKW auch ohne das Bad noch wirtschaftlich wäre.
• Als Energieversorgungsbetrieb, der für die Zusammenfassung mit einem Bad-BgA mittels BHKW geeignet ist (nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 Körperschaftsteuergesetz), kommen nur Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die überwiegend Letztverbraucher versorgen, oder Netzbetriebsunternehmen in Frage. Die Tätigkeit der Elektrizitätsversorgung oder des Netzbetriebs darf dabei nicht von untergeordneter Bedeutung sein.

Gutachten sind sinnvoll

Die Kriterien bedingen also, dass das BHKW sehr passgenau zur individuellen örtlichen Situation ausgelegt und betrieben werden muss. Zur Dokumentation empfiehlt sich neben einer reinen Wirtschaftlichkeitsrechnung die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens. Die erstellten Unterlagen können dann auch für Gespräche und, je nach Gesprächsergebnis, auch zur Einholung einer Auskunft bei der Finanzverwaltung genutzt werden. Mit Erstellung eines Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen nach der VDI-Richtlinie 2067 kann die Vorteilhaftigkeit der wechselseitigen wirtschaftlich-technischen Verflechtung der auszulegenden BHKW-Anlage mit dem kommunalen Energieversorgungsunternehmen nachgewiesen werden.
Vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) stehen aufgrund der deutlich besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in vielen Kommunen Modernisierungen von Blockheizkraftwerken an. #bild2 Dabei sollte bereits in einer frühen Phase der Planung der Aspekt des – bestehenden oder zukünftig einzurichtenden – steuerlichen Querverbunds berücksichtigt werden. Dies gilt neben der erforderlichen Wirtschaftlichkeit nach VDI 2067 auch für die vom BHKW bereitgestellten Wärmemengen. Im Falle von mehreren Wärmeabnehmern wird oft das wesentliche Kriterium unterschätzt, dass das BHKW ohne Wärmelieferung an das Bad nicht wirtschaftlich sein darf.
Für manche Bundesländer wurden durch das BMF-Schreiben die Kriterien verschärft, sodass bestehende Querverbünde auf ihren Bestand geprüft werden sollten, um deren Anerkennung auch in Zukunft zu sichern. In den zahlreichen Kommunen, in denen noch kein steuerlicher Querverbund besteht, sollte das erhebliche Potenzial geprüft werden, welches sich aus den verbesserten Rahmenbedingungen des KWKG für wirtschaftliche BHKW-Projekte ergibt. Für die Konzipierung eines steuerlichen Querverbunds mit BHKW bietet nun das Schreiben des BMF die nötige Rechtssicherheit.

von Oliver Donner und Jörg Ottersbach

Oliver Donner, Jörg OttersbachOliver Donner ist seit dem Jahr 2010 Berater und Leiter des Teams Dezentrale Energiesysteme beim Aachener Unternehmen BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung. Jörg Ottersbach ist seit dem Jahr 2008 als Berater im Team Dezentrale Energiesysteme bei BET tätig.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

Projekt PaDiSo: Tipps für die lokale Energiewende

[14.11.2024] Forscherinnen des Projekts PaDiSo haben Handlungsempfehlungen für deutsche Kommunen entwickelt, um sie bei der Gestaltung eines klimaneutralen Energiesystems zu unterstützen. Ziel ist es, kommunalen Akteuren praxisnahe Instrumente und Strategien an die Hand zu geben. mehr...

Das Bild ist ein Porträtfoto des schleswig-holsteinischen Energieministers Tobias Goldschmidt

Energieministerkonferenz: Der Geist von Brunsbüttel

[11.11.2024] Die Energieministerkonferenz in Brunsbüttel hat mit der „Brunsbütteler Erklärung“ einen deutlichen Appell an die Bundesregierung verabschiedet: Die Ministerinnen und Minister fordern spürbare Entlastungen bei den Strompreisen, eine zügige Umsetzung der Gesetze und eine klare Strategie für erneuerbare Energien und Biomasse. mehr...

Das Bild ist ein Portätfoto von Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

BDEW: Energiebranche besorgt über Ampel-Aus

[07.11.2024] Nach dem Bruch der Ampelkoalition warnt der BDEW vor den Folgen für die Energiepolitik. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, mahnt schnelles und einvernehmliches Handeln an. mehr...

Auf dem Bild ist ein Umspannwerk zu sehen, im Vordergrund zwei Personen, die sich über einen Plan beugen.

Bundesregierung: KRITIS-Dachgesetz beschlossen

[07.11.2024] Die Bundesregierung hat den Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes beschlossen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betont die Notwendigkeit des Gesetzes, um Deutschland widerstandsfähiger gegen Krisen und Katastrophen zu machen. mehr...

Auf dem Bild sind Michael Maxelon, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, Hessens Energie- und Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori und Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef zu sehen. Sie halten ein Plakat in Händen, das das Konzept der Energiewendeviertel illustriert.

Frankfurt am Main: Energiezukunft gemeinsam gestalten

[05.11.2024] Bei einer Veranstaltung der Mainova diskutierten Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef und Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori über den geplanten Ausbau der Strom- und Wärmenetze in Frankfurt. mehr...

Barcamp 2023 in der SMA Solar Academy. Foto: Heiko Meyer

Energieblogger: Energiewende in Krisenzeiten

[05.11.2024] Wie kann man Menschen trotz globaler Krisen und Konflikte für die Energiewende gewinnen? Mit dieser Frage beschäftigt sich das 12. Barcamp Renewables Mitte November in Kassel. mehr...

Stuttgart: Status zur Wärmeplanung

[30.10.2024] Die Landeshauptstadt Stuttgart plant bis 2035 eine klimaneutrale Wärmeversorgung und erhält Unterstützung durch das Regierungspräsidium. In einer Ausschusssitzung berichteten Verantwortliche über den Status und die Herausforderungen dieser nachhaltigen Wärmeplanung. mehr...

Die Säulen-Grafik zeigt die Entwicklung der installierten Leistung Erneuerbarer-Energien-Anlagen von 2023 bis 2029.

EWI-Gutachten: Milliardenanstieg bei EEG-Förderungen

[28.10.2024] Die EEG-Förderung für erneuerbare Energien könnte bis 2025 auf über 18 Milliarden Euro steigen – fast eine Milliarde mehr als 2023. Bis 2029 wird eine Verdoppelung der Erzeugungskapazitäten in Deutschland prognostiziert, die Förderzahlungen könnten auf über 23 Milliarden Euro steigen. mehr...

Das Bild zeigt Module einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, imHintergrund sind Windräder zu sehen.

Bund-Länder-Kooperationsausschuss: Erneuerbare nehmen Fahrt auf

[28.10.2024] Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland hat im vergangenen Jahr kräftig zugelegt und das Vorjahresniveau deutlich übertroffen. Allerdings bleibt der Ausbau der Windenergie hinter den Erwartungen zurück. mehr...

AEE: Hintergrundpapier zu regelbaren Kraftwerken

[28.10.2024] Um die Stromversorgung in Deutschland auch künftig stabil zu halten, sind ergänzend zu erneuerbaren Energien regelbare Kraftwerke notwendig. Dies zeigt ein neues Hintergrundpapier der AEE. mehr...

Sachsen-Anhalt: Ressortplan Klima beschlossen

[25.10.2024] Das Kabinett von Sachsen-Anhalt hat jetzt einen neuen Ressortplan Klima verabschiedet, der 75 Maßnahmen zur Förderung des Klimaschutzes umfasst. Umweltminister Willingmann betonte, dass trotz sinkender Treibhausgasemissionen zusätzliche Anstrengungen notwendig seien, um die Klimaziele zu erreichen. mehr...

Eine Freiflächensolaranlage.

Bremen: Stadtteile sollen direkt profitieren

[17.10.2024] In Bremen soll künftig ein Teil der Erträge von Windkraft- und Freiflächensolaranlagen direkt an die naheliegenden Quartiere fließen können. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Abgabe der Anlagenbetreiber, mit denen die Bremer Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft entsprechende Verträge abschließen kann. mehr...

Die Grafik symbolisiert Zukunftsszenarien für die Energiewende, die sowohl technische als auch soziale Aspekte einbeziehen. Die in blau gehaltene Grafik zeigt Gebäude, Windräder und Strommasten.

Studie: Elektrifizierung im Fokus

[14.10.2024] Wie Deutschland bis 2045 ein klimaneutrales Energiesystem erreichen kann, haben Forscher des KIT, des DLR und des Forschungszentrums Jülich in einem neuen Bericht vorgestellt. Sie betonen die Bedeutung der Elektrifizierung und des Ausbaus der erneuerbaren Energien als zentrale Bausteine der Energiewende. mehr...

Zu sehen ist das historische Rathaus der Stadt Braunschweig.

Braunschweig: Erfolge bei Energieeinsparungen

[11.10.2024] Die Stadt Braunschweig hat einen Energiebericht für ihre städtischen Gebäude vorgelegt. Er dokumentiert, wie die Stadt in den vergangenen Jahren ihren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß senken konnte. mehr...

Das Bild zeigt Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack.

Schleswig-Holstein: Solar-Erlass erleichtert Planung

[11.10.2024] Der Solar-Erlass soll den Kommunen in Schleswig-Holstein als Leitfaden bei der Planung und Genehmigung von Freiflächen-Solaranlagen dienen. Die Landesregierung hat den Erlass nun grundlegend überarbeitet. mehr...